Das Wechselmodell - viele Fragen und (noch) keine gesetzliche Regelung

Mehr zum Thema: Familienrecht, Wechselmodell, Kindesunterhalt
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Inzwischen kursiert bei getrennten Paaren der Wunsch nach dem sogenannten Wechselmodell bei der Aufenthaltsbestimmung der gemeinsamen Kinder. Die DEXTRA Rechtsanwälte möchten mit diesem Artikel die wichtigste Rechtsprechung des BGH zum Thema Wechselmodell zusammenstellen.

1. Was ist ein Wechselmodell?

Das Wechselmodell wird auch als Doppelresidenz oder Co-Elternschaft bezeichnet. Grundsätzlich lebt ein Kind überwiegend nur bei einem Elternteil (Residenzmodell). Meist ist dies bei der Kindsmutter. Bei dem Wechselmodell besteht allerdings eine anteilig gleichwertige Betreuung von Kindern durch deren getrennt lebende Eltern. Beide Elternteile bieten dem Kind ein Zuhause, in dem es sich abwechselnd aufhält. Die Betreuungszeiten beider Elternteile sind im Wechselmodell(nahezu) gleich. So verbringen die Kinder typischerweise jede zweite Woche sowie die Hälfte der Ferien beim jeweils anderen Elternteil. Bei kleineren Kindern sind auch kürzere Intervalle üblich, da diese einen Wochenzeitraum noch schwer überblicken können. Umgekehrt können bei größeren Kindern die Intervalle auch ausgedehnt werden.

Auch möglich ist das sogenannte  Nestmodell. Hier lebt das Kind dauerhaft in einer Wohnung und wird von den Eltern immer abwechselnd betreut. Hauptsächlich wird aber doch das das Doppelresidenzmodell.

Wichtig zu wissen ist, dass es für das Wechselmodell keine gesetzliche Regelung gibt. Das Kindergeld wird regelmäßig nur an einen ausgezahlt.

Hinweis:

Auch die Frage über das Bestehen und der Höhe von Kindesunterhalt ist nicht durch Gesetz (BGB) geregelt!

2. Wo lebt das Kind?

Interessant ist es für die Eltern im Wechselmodell auch, wo denn Ihr Kind eigentlich den Wohnsitz hat, wenn es bei beiden Eltern zu gleichen Teilen lebt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes vom 21.12.2005 (Az.: XII ZR 126/03) lebt das Kind im Sinne des § 1629 Abs. 2 S.2 BGB in der Obhut desjenigen Elternteils, bei dem das Schwergewicht der tatsächlichen Betreuung liegt. Im dort zugrunde liegenden Fall wurde das Kind zu 1/3 vom dem Vater betreut und zu 2/3 von der Mutter. Damit liegt das Schwergewicht der tatsächlichen Betreuung bei der Mutter.

3. Unterhaltspflicht im Wechselmodell?

Wer trägt nur die Barunterhaltspflicht, wenn doch beide Eltern das Kind / die Kinder gleicherweise betreuen? So regelt § 1612a BGB, dass ein minderjähriges Kind gegen den Elternteil, mit dem es nicht in einem Haushalt lebt, einen anteiligen Anspruch auf Unterhaltszahlung hat. Der Elternteil, bei dem es lebt, erbringt seine Unterhaltsleistung durch Betreuung und Erziehung als sog. Naturalunterhalt. Diese Verteilung der Unterhaltspflichten ist unabhängig davon, wie das Sorgerecht ausgestaltet ist. Diese Vorschrift schein aber so gar nicht auf das Wechselmodell zu passen, da hier die Kinder von beiden zu gleichen Teilen betreut werden.

Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 28. Februar 2007 (Az.: XII ZR 161/04) die Auffassung vertreten, dass die Mutter ihre Verpflichtung, zum Unterhalt der Kinder beizutragen, allein durch deren Pflege und Erziehung erfüllt, während der Vater allein für deren Barunterhalt aufzukommen hat. Diese Aufteilung von Bare- und Betreuungsunterhalt ist so  lange nicht in Frage zu stellen, wie das deutliche Schwergewicht der Betreuung bei einem Elternteil liegt, dieser mithin die Hauptverantwortung für ein Kind trägt. Das ist grundsätzlich auch dann der Fall, wenn sich ein Kind im Rahmen eines über das übliche Maß hinaus wahrgenommenen Umgangsrechts bei einem Elternteil aufhält und sich die Ausgestaltung des Umgangs bereits einer Mitbetreuung annähert. Solang der andere Elternteil die Hauptverantwortung für ein Kind trägt, muss es dabei bleiben, dass er seine Unterhaltspflicht durch die Pflege und Erziehung des Kindes erfüllt.

Hinweis:

Anders kann es sein, wenn sich die Eltern die Verantwortung für ein Kind in etwa hälftig teilen. Zur Beantwortung der Frage, ob ein Elternteil die Hauptverantwortung für ein Kind trägt, kommt der zeitlichen Komponente der von ihm übernommenen Betreuung indizielle Bedeutung zu, ohne dass die Beurteilung sich allein darauf zu beschränken braucht. Im zu entscheidenden Fall des BGH hatte der Mann nur einen Betreuungsaufwand von rund 1/3 der Zeit, so dass er weiterhin auch barunterhaltspflichtig ist.

Anders wird es allerdings zu beurteilen  sein, wenn die Eltern sich in der Beteuung eines Kindes abwechseln, so dass jeder von ihnen etwa die Hälfte der Versorgung- und Erziehungsaufgaben wahrnimmt. In solchen Fällen wird eine anteilige Barunterhaltspflicht der Eltern in Betracht kommen, weil sie auch für den Betreuungsunterhalt nur anteilig aufkommen.

Ein solcheart von den Eltern praktiziertes Wechselmodell bleibt allerdings auch auf die Bedarfsbemessung nicht ohne Einfluss. Wenn beide Elternteile über Einkommen verfügen, ist der Unterhaltsbedarf des Kindes an den beiderseitigen – zusammengerechneten – Einkünften auszurichten. Hinzuzurechnen sind die Mehrkosten ( z.B. Wohn- und Fahrtkosten), die dadurch entstehen, dass das Kind nicht nur in einer Wohnung, sondern in getrennten Haushalten versorgt wird. Für den so ermittelten Bedarf haben die Eltern anteilig nach ihren Einkommensverhältnissen und unter Berücksichtigung der erbrachten Naturalunterhaltsleistungen aufzukommen.

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