Darf man zu schnell fahren, wenn man dringend aufs Klo muss?

Mehr zum Thema: Verkehrsrecht, Geschwindigkeitsüberschreitung, Fahrverbot, Strafmilderung, Strafe, Harndrang
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Ist dringender Harndrang eine wirksame Ausrede oder droht dennoch ein Fahrverbot?

Verstöße gegen gesetzliche Regelungen hängen auch immer von den Bedingungen ab, unter denen sie stattgefunden haben. Teils gibt es nämlich Begebenheiten, die die Strafe abmildern oder sie sogar komplett ausschließen. In Frage kam das etwa bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung. Dabei fuhr ein 61-Jähriger deutlich zu schnell. Dies allerdings nur, weil er an einem verstärkten Harndrang litt, der durch eine Operation an der Prostata ausgelöst wurde. Als er ein Bußgeld bezahlen sollte, wehrte er sich dagegen und gab an, dass eben seine Krankheit ihn dazu gezwungen hatte, die Geschwindigkeitsbegrenzung zu missachten. Nur so sei er rechtzeitig zur nächsten Toilette gekommen. Aber hatte er damit Recht?

Nur in wenigen Fällen wurde von Fahrverbot abgesehen

Gänzlich unbekannt ist diese Argumentation nicht. Immerhin gab es schon einige Fälle, bei denen eine Geschwindigkeitsüberschreitung folgenlos blieb, weil der Täter krankheitsbedingt oder einfach aus körperlicher Disposition einen überhöhten Harntrieb hatte. Allerdings wurde nur in sehr wenigen Fällen von einem Fahrverbot abgesehen. Solche Fälle kommen insgesamt selten vor und sind daher eher eine Randerscheinung.

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Ob von einer Strafe durch Fahrverbot abgesehen werden kann, weil der Beklagte an einer Blasenschwäche leidet, lässt sich nicht allgemein bestimmen. Stattdessen müssen die Richter jeden Fall abwägen. Erst dann können sie eine Entscheidung treffen.

Verzicht auf Strafe hängt vom Einzelfall ab

Nicht immer bedeutet eine körperliche Disposition, dass man für bestimmte Vergehen nicht bestraft werden kann. Denn sähen die Gesetze genau das vor, erhielte die jeweilige Person die Erlaubnis, die Regelung in jedem Fall zu brechen, selbst wenn das überhaupt nicht nötig ist. Auch gehört es eben zu den Aufgaben der Betroffenen, die Fahrten ausreichend vorsorglich zu planen. Dazu müssen auch eventuell auftretende Variablen wie Staus oder Umleitungen mit bedacht werden, damit genügend Zeit bleibt, bis zum nächsten Rastplatz zu kommen.

Harn- und Stuhldrang treten darüber hinaus nicht plötzlich auf, sondern steigern sich sukzessive. Deswegen ist es die Pflicht des Betroffenen, zeitig auf sie zur reagieren. Ignoriert er den Harndrang dagegen, könnte ihn das dazu bewegen, pflichtwidrig zu handeln. Um genau zu überprüfen, inwiefern der Betroffene sorgfältig geplant und nicht aus eigener Schuld die Geschwindigkeit übertreten hat, wird dann für jeden Fall einzeln vom Bußgeldrichter bestimmt. In diese Entscheidung fließen also letztlich auch die Umstände mit ein, in denen der Fahrer sich zum Überschreiten der Begrenzung entschlossen hat. Der Bußgeldrichter muss klären, ob der Betroffene auf den Harndrang hätte anders reagieren können. Außerdem soll dabei noch nachgeforscht werden, wie häufig der Beschuldigte einen erhöhten Harndrang hat.

Denn weiß er selbst, dass dies öfter vorkommt, ist es seine Pflicht, dementsprechende Vorkehrungen zu treffen. Kommt er dem nicht nach, würde das seine Schuld sogar noch weiter erhöhen. Dies ist selbst dann der Fall, sofern der Harndrang starke Schmerzen verursacht und die Geschwindigkeitsüberschreitung erst stattfindet, da der Fahrer von ihnen so stark abgelenkt wird, dass er darüber das Limit vergisst.

Bei der Verhandlung des 61-jährigen wurde eine Neuverhandlung beantragt und die Angelegenheit an das Amtsgericht zurückverwiesen. Dies geschah, da im Urteil die oben angeführten Kriterien nicht bedacht wurden. Somit stand nicht fest, ob den Betroffenen überhaupt die Schuld trifft oder, ob er nicht anders hatte handeln können.

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