Button-Lösung und Abofallen - Klassische Symptombekämpfung

Mehr zum Thema: Meinung, Button-Lösung, Button-Pflicht, Button, Abofalle
4,73 von 5 Sterne
Bewerten mit: 5 Sterne 4 Sterne 3 Sterne 2 Sterne 1 Stern
15

Der deutsche Gesetzgeber verliert sich im sinnlosen Aktionismus und die Abmahnindustrie reibt sich wieder die Hände

Der Rechthaber

Abzocke, Einschüchterungen, Nepper, Schlepper und Bauernfänger - trickreiche Betrüger gab es schon immer. Noch nie aber wurde die kriminell kreative Energie eines Teils unserer Gesellschaft so offen und dreist vorgetragen wie im Internet. Bestes Beispiel: Abofallen, die Nutzer immer wieder erfolgreich mit vermeintlich kostenlosen Angeboten übers Ohr hauen.

Richtig schlimm wird es dann, wenn Rechtsanwälte - "Anwälte des Rechts" - im Auftrag von Abofallen Mahnungen verschicken und beim Verbraucher zusätzlich Angst, Irrtümer und Zahlungen verursachen. Von dem bekanntesten Inkassoanwalt im Zusammenhang mit Abofallen wurde jetzt von der Staatsanwaltschaft das Vermögen eingefroren. Über 4 Millionen Euro.

Die Abofalle ist im Internet schon fast zum Unwort des Jahres mutiert. Und was passiert immer dann, wenn bestimmte Wörter und Themen in der Öffentlichkeit eine immer größere Präsenz bekommen? Richtig, der Gesetzgeber "sieht sich gezwungen" zu handeln.

Oha. Wenn der Gesetzgeber "sich gezwungen" sieht, ist immer Vorsicht geboten. Denn dann ist oft auch das Ergebnis - wenn wundert es - erzwungen. Und gezwungener Maßen müssen wir uns jetzt mit diesem Ergebnis auseinandersetzen. Es heißt "Button-Lösung" und wird im August 2012 zwingend scharf.

Shopbetreiber im Internet sollen künftig u.a. direkt im Bestellbutton einen deutlich sichtbaren Text integrieren: "Kaufen", "Kostenpflichtig bestellen", "Zahlungspflichtigen Vertrag abschließen" oder etwas Vergleichbares, das eine Kostenpflicht suggeriert. "Bestellen" oder "Bestellung abschicken" im Warenkorb reicht dann wohl nicht mehr aus.

Die "Button-Lösung" soll Abofallen daran hindern, über ein kostenpflichtiges Angebot hinwegzutäuschen. Gut gemeint, aber dazu ist es so geeignet wie ein Gesetz, dass Hurricanes verbietet, eine bestimmte Stadtgrenze zu überqueren. Ein Auto repariert sich auch nicht dadurch, dass man die Warnleuchte deaktiviert. Die "Button-Lösung" ist eine klassische Symptombekämpfung und wird nur zu einer erneuten Flut von Abmahnungen von redlichen Seitenbetreiber führen, die diese neue Regulierungswut nicht, nicht richtig oder zu langsam umsetzen.

Alle Shopbetreiber - von Amazon bis Zalando - müssen bis August den Bestellvorgang ihrer Webshops anpassen. Um eine einheitliche Vorgabe, was denn genau auf dem Button stehen und wie der Bestellvorgang im Einzelnen aussehen soll, hat der Gesetzgeber sich wieder mal gedrückt. Schon jetzt ist das Internet voll von juristischen Abhandlungen, wie, wo, wann und wieso der Bestellvorgang auf welche Weise ab August angepasst werden sollte. Ein Nichtjurist versteht nach der gefühlten 33. Änderung zum E-Commerce kein Wort mehr.

Der gemeine Abmahnanwalt freut sich schon.

Es handelt sich nur um eine weitere schwammige Formulierung, die Abmahnanwälten in die Hände spielt. Der redliche Shopbetreiber hat die Arschkarte. Deswegen heißt der neue Erguss des Gesetzgebers wohl auch "Butt-on" Lösung. Wer die Amerikanische Übersetzung von "Butt" nicht kennt, dem empfehle ich als Einstieg diesen Link: http://www.dict.cc/?s=butt+on

Handhabe und Regeln gegen die Praktiken von Abofallen hat man auch jetzt schon genug. Sowohl Zivilrecht, Strafrecht und anwaltliches Standesrecht bieten hier ein ganzes Waffenarsenal. Ein wirksamer Vertrag mit einer Abofalle kommt auch jetzt schon nicht zustande. Zum einen müsste seitens der Staatsanwaltschaften rigoroser gegen solche Betrüger vorgegangen werden. Gleichzeitig müssten Warnungen, kritische Berichterstattung und Erfahrungsberichte besser flankiert und unterstützt werden, ohne dass der Kritiker oder Forumsbetreiber sich gleich einer Armada von Abmahnungen der Abofallen gegenüber sieht.

Gegen Abmahnwahn und missbräuchliche Abmahnungen sollte der Gesetzgeber mal etwas tun, anstatt das Internet mit schwammigen Formulierungen immer weiter zu verunsichern.

Denn momentan ist nur eins sicher: Von diesem neuen Butt-Crack werden sich die Kriminellen nicht abschrecken lassen.