Bundesgerichtshof stärkt Käuferrechte beim Internetkauf

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Der Bundesgerichtshof hat die Käuferrechte beim Kauf über das Internet gestärkt (Urteil vom 3. November 2010 – VIII ZR 337/09). Entscheidend ist, dass der Kunde – nach fristgerechter Ausübung seines Widerrufsrechts – auch dann den vollen Preis zurückverlangen kann, wenn die erstmalige Prüfung des Kaufgegenstandes zu einem Wertverlust führt.

Der Fall

Ein Verbraucher hat 2008 via Internet ein Wasserbett gekauft, das gegen Barzahlung bei ihm angeliefert wurde. Um das Bett zu prüfen, befüllte der Verbraucher es mit Wasser. Das Wasserbett verlor dadurch erheblich an Wert. Anschließend erklärte er den Widerruf und verlangte den gesamten Kaufpreis zurück. Der Verkäufer gewährte jedoch nur einen Teilbetrag; nämlich den für die integrierte Heizung. Das restliche Wasserbett, so der Verkäufer, sei durch die Befüllung wertlos geworden, worauf auch im Vertrag hingewiesen wurde.

Widerruf bei Fernabsatzverträgen

Es stellt sich nun die Frage, warum sich der Verbraucher eigentlich vom Kaufvertrag lösen konnte. Denn grundsätzlich gilt der als Rechtssatz „pacta sunt servanda“ (= „Verträge sind einzuhalten“). Hiervon macht der Gesetzgeber bei sog. Fernabsatzverträgen eine Ausnahme und gesteht den Verbrauchern ein begründungsloses Widerrufsrecht zu. Mit anderen Worten : Jeder Verbraucher kann sich binnen einer bestimmten Frist von einem Vertrag mit einem Unternehmer – ohne Angaben von Gründen – lösen, wenn es sich dabei um einen Fernabsatzvertrag handeln. Gemäß § 312b BGB sind Fernabsatzverträge u.a. „ Verträge über die Lieferung von Waren oder über die Erbringung von Dienstleistungen […] unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln abgeschlossen werden “. Fernkommunikationsmittel sind z.B. Emails oder Telefonanrufe. Die Folge: Der Vertrag wird rückabgewickelt; mit anderen Worten: Der Käufer bekommt sein Geld und der Verkäufer die Ware zurück. Das ergibt sich aus den §§ 355ff. BGB. Der Hintergrund ist der, dass der Verbraucher beim Kauf über das Internet – anders als beim Kauf im Geschäft – die Produkte nicht testen kann; deshalb räumt ihm der Gesetzgeber ein wenig zusätzliche Bedenkzeit ein.

Dies ist auch hier der Fall. Der Verbraucher hatte über das Internet das Wasserbett gekauft. Diesen Vertrag hat er dann fristgerecht widerrufen.

Das Problem: Wertersatz des Verbrauchers

Ein grundsätzliches Problem besteht nun darin, dass die Kaufgegenstände oftmals an Wert verlieren, wenn sie erst versandt und beim Verbraucher daheim benutzt werden. Das hat auch der Gesetzgeber gesehen und entschieden, dass der Verbraucher sich den Wertverlust zurechnen lassen muss; sprich: der gebrauchsbedingte Wertverlust wird vom Kaufpreisrückerstattungsanspruch abgezogen. Dies folgt aus § 375 Abs. 3 BGB.

Also hatte das Unternehmen im Ausgangsfall alles richtig gemacht? Schließlich hatte das Wasserbett durch die Ingebrauchnahme erheblich an Wert verloren?

Lösung des Bundesgerichtshofes

Was auf den ersten Blick wie eine plausible Lösung klingt, basiert auf einem Missverständnis. Denn das Widerrufsrecht soll dem Verbraucher gerade das Probieren ermöglichen. Tritt der Wertverlust dadurch ein, wäre das Widerrufsrecht also völlig zwecklos. Etwas plakativer: Das Probieren im Geschäft kostet ja auch nichts. Deshalb sagt der Gesetzgeber, dass sich der Verbraucher denjenigen Wertverlust nicht anrechnen lassen muss, der durch das Probieren entsteht, vgl. § 357 Abs. 3 S. 3 BGB.

Der Bundesgerichtshof hat diese Norm konsequent auf den vorliegenden Fall angewendet und ist damit zu dem Ergebnis gelangt, dass der Verbraucher den vollen Kaufpreis zurückerhält.

Konsequenz

Betreiber von Online-Shops müssen in vergleichbaren Fällen eine entsprechende Verschlechterung des Kaufgegenstandes zukünftig einkalkulieren. Dringend ist davon abzuraten, in eigene Verträge pauschal aufzunehmen, dass § 357 Abs. 3 S.3 BGB nicht gelten soll. Dies kann zu wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen führen.

Käufer können in diesen Fällen zukünftig darauf bestehen, den vollen Kaufpreis zurückzuerhalten.

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