Bezahlgebühren? Flugbuchung abgebrochen wegen Wegelagerei

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"Echt jetzt, Sie wollen wirklich keine Versicherung abschließen? Sind Sie wahnsinnig!? Erst gestern hat ein Reisender 15.000 Euro für den Rücktransport zahlen müssen. Wollen Sie etwa auch so enden?"

Nach langer Zeit wollte ich mal wieder einen Flug im Internet buchen. Waren früher die Seiten der Fluglinien meine erste und meist auch letzte Anlaufstelle, habe ich mich jetzt mal an einem dieser Flugpreisvergleichportale versucht. Momondo. Ich gebe also meine Flugdaten ein und stürze mich ins Abenteuer.

Ziemlich weit vorne in der Trefferliste und somit mit günstigem Preis war immer airline-direct.de.

Kurze Recherche, kontroverse Meinungen, aber gut, wie schlimm kann es schon werden? Ich habe also draufgeklickt und die Buchung gestartet.

Buchung? Nein, eher ein Kampf gegen die Unmengen an Zusatzleistungen, die mir "schmackhaft" gemacht wurden.

Kostenfreie Umbuchung? Gut, diese Option kennt man ja. Der auf den ersten Blick günstige Tarif entpuppte sich bei genauerem Hinsehen aber als monatlicher Preis. Hier wollte man mir gleich eine Versicherung mit Mindesvertragslaufzeit von einem Jahr unterjubeln. Ich machte große Augen.

Nein, danke, ich möchte nicht.

Eine rote Box sprang ins Blickfeld:

"Achtung, nicht empfehlenswert! Die Stornierung Ihrer Buchung kann mit erheblichen Kosten verbunden sein - teils bis zu 100% des Flugpreises."

Ok, danke für den Hinweis. Ich möchte immer noch nicht.

Der nächste Gegner: Reiserücktrittversicherung. Auch ein Klassiker. Und auch hier wurde mir der Monatspreis genannt, Mindestvertragslaufzeit 1 Jahr. Moment, lasst mich kurz überlegen. Äh, nein danke, möchte ich auch nicht.

Die folgende rote Box klappte auf und meine Kinnlade runter:

"Achtung - Nicht empfehlenswert

Volles Risiko ohne Reiseschutz! Bei Ihrem Flug tragen Sie 778,79 € bei unverschuldetem Reiserücktritt. Im Zielland krank? Reiseabbruch und Rücktransport vom Zielgebiet werden teuer! Kürzlich musste ein Kunde 15.000 € für seine Krankenrückführung zahlen. Immer wieder gehen Gepäckstücke verloren. Schützen Sie Ihr wertvolles Gepäck vor Verlust oder Beschädigung."

Ach du Scheiße! 15.000 Euro! Vielleicht möchte ich doch ganz spontan meine Seele für 12 Monate verkaufen, wahrscheinlich noch mit automatischer Vertragsverlängerung?

Nein. Möchte ich nicht.

Eigentlich möchte ich überhaupt nicht mehr. Browsertab schließen, los, jetzt sofort!

Andererseits... Ich hatte mal was über ein Urteil zu Bezahlgebühren auf Flugportalen geschrieben. Diverse Flugportale waren dazu übergegangen, beim Bezahlvorgang noch einmal saftige Gebühren draufzuschlagen, je nach genutztem Zahlungsmittel. Der Bundesgerichtshof hatte dazu gesagt: Böse böse, ihr müsst wenigstens eine kostenlose Bezahlvariante anbieten.

Ich war zu gespannt, mit welcher Eleganz airline-direct.de diese höchstrichterliche Vorgabe umschiffte.

Doch bis dahin musste man ja erstmal kommen. Vorher wurde versucht, mir einen Zusatzservice "schon ab 14,99 € pro Person" aufzuschwatzen. Gefolgt von der "Empfehlung für Stammkunden" für 19,99 Euros pro Nase. Ich fühlte mich geschmeichelt, dass ich diese Tipps sehen und buchen durfte, aber nein, ich möchte nicht.

Immerhin, es folgte ein weiterer Überraschungsmoment in Form eines unerwarteten Gegners: Die airline-direct.de MasterCard GOLD. "Kostenfrei beantragen und 0 Euro Jahresgebühren." Geiler Deal! Aber danke, ich habe schon und eigentlich wollte ich nur einen Flug. Eure güldene Karte möchte ich also ebenfalls nicht.

So, nun aber: der Endgegner. Ich war leicht nervös, so wie damals, Doom im allerletzten Level.

"Wie möchten Sie bezahlen?"

Mal sehen. Visa? Kosten "zuzüglich 21,99 Euro".

Holla! Dann bitte doch Lastschrift. "Bei Lastschriftzahlung erheben wir eine Gebühr von 24,99 €".

Ach, so günstig! Wo sind die vom Bundesgerichtshof geforderten kostenlosen Bezahlvarainten? Natürlich, die airline-direct.de MasterCard GOLD ist kostenlos, hätte man sich ja denken können. Und die Visa Electron, was auch immer das ist, die kostet auch nichts.

Das sind doch mal ehrliche Alternativen. Ob dem BGH das gefällt?

Mir gefiel es nicht, ich scheiterte am Endgegner und war nach dieser einzigartigen Userexperience raus aus der Buchung. Stattdessen habe ich einen Anbieter gewählt, der von Anfang an den endgültigen Preis nannte und unterwegs nicht wie ein Wegelagerer daherkam. Ltur. Irgendwie oldschool.

Ich bin so ein Rebell.

Airline-direct.de schickte mir kurz nach Abbruch natürlich eine Mail mit Link, um meine Buchung fortzusetzen. Legitim, aber aussichtslos. Trotzdem klickte ich drauf. Ob der Endgegner sich verändert hat? Und tatsächlich: Bei der fortgesetzten Buchung sollte der Lastschrifteinzug jetzt auf einmal nur noch 3 Euro kosten. Kreditkarten waren auch billiger als vorher. Aus den Linkinformationen ergibt sich nämlich, dass ich ein Abbrecher beim Schritt "Payment" war - also bei der Bezahlung. Die weit günstigeren Konditionen sollten mich wohl milde stimmen.

Man stelle sich das mal vor: Doom III, Endgegner, 38 mal gescheitert. Doom gibt sich generös und sagt dann: Hey, ich mache den Endgegner kleiner und schwächer, versuch es doch bitte noch mal!

Wie erniedrigend.

Nein danke, ich möchte wirklich nicht.

Leserkommentare
von RalfN. am 19.09.2014 10:32:05# 1
Sehr schön geschrieben. Ich hätte bei solch einem Unternehmen auch nicht gebucht.
    
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