Bewerbungsbemühungen

Mehr zum Thema: Insolvenzrecht, Insolvenzrecht, Bewerbungen, Arbeitsamt, Obliegenheiten, Restschuldbefreiung
0 von 5 Sterne
Bewerten mit: 5 Sterne 4 Sterne 3 Sterne 2 Sterne 1 Stern
0

Der BGH nimmt mit Beschluss vom 19.05.2011 Stellung zu den Obliegenheiten des Schuldners bei der Jobsuche.

Das Insolvenzgericht eröffnete am 27. 5. 2002 auf den Eigenantrag des Schuldners das (vereinfachte) Insolvenzverfahren und kündigte am 28. 11. 2003 die Restschuldbefreiung an. Am 30. 1. 2004 hob es nach Vollzug der Schlussverteilung das Insolvenzverfahren auf. In der Wohlverhaltensperiode war der Schuldner selbstständig und unselbstständig erwerbstätig; der Treuhänder vereinnahmte in dieser Zeit vom Schuldner insgesamt 13 872,18 Euro. Im Anhörungstermin zur beabsichtigten Erteilung der Restschuldbefreiung (§  300   I  InsO) beantragte der beteiligte Gläubiger die Versagung der Restschuldbefreiung, weil der Schuldner seiner Erwerbsobliegenheit nicht nachgekommen sei und als Selbstständiger keine Gelder an den Treuhänder abgeführt habe, obwohl er dazu nach §  295  II InsO verpflichtet gewesen wäre. Er hätte nach Ansicht des Gläubigers als Leiter eines gehobenen Restaurants zwischen 3500 und 4000 Euro brutto verdienen und dementsprechend monatlich 1000 bis 1500 Euro an den Treuhänder abführen können und müssen. 

Der BGH legt nunmehr fest, dass vom Schuldner nicht gefordert werden kann, dass er sich, um seinen Obliegenheiten aus § 2 95   I  Nr. 1  InsO gerecht zu werden, zwanzig bis dreißig Mal im Monat bewirbt, wie es teilweise die Familiengerichte von den Unterhaltspflichtigen minderjähriger unverheirateter und ihnen gleichgestellter volljähriger Kinder verlangen. Im Anwendungsbereich des § 2 95   I  Nr. 1  InsO wird der Schuldner im Regelfall bei der Bundesagentur für Arbeit arbeitssuchend gemeldet sein und laufend Kontakt zu den dort für ihn zuständigen Mitarbeitern halten müssen. Weiter muss er sich selbst aktiv und ernsthaft um eine Arbeitsstelle bemühen, etwa durch stetige Lektüre einschlägiger Stellenanzeigen und durch entsprechende Bewerbungen Als ungefähre Richtgröße können zwei bis drei Bewerbungen in der Woche gelten, sofern entsprechende Stellen angeboten werden.

Der BGH verweist in seiner Entscheidung ausdrücklich darauf, dass es bezüglich der Bewerbungspflichten immer auf den Einzelfall ankommt. Eine Obliegenheitsverletzung scheidet zum Besipiel aus, wenn der Schuldner etwa auf Grund seines Alters oder der ungünstigen Verhältnisse am Arbeitsmarkt nicht die Möglichkeit gehabt hätte, in ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis mit einem höherem pfändbaren Einkommen zu wechseln, als es den abgeführten Zahlungen entspricht.

Schuldner sollten daher für Ihren Einzelfall die bestehenden Obliegenheiten durch einen insolvenzrechtlich versierten Anwalt prüfen lassen.

BGH Beschluss vom 19.05.2011

AZ IX ZB 224/09