Bestandsschutz - Hecke steht seit Jahrzehnten auf der Grenze

4. März 2016 Thema abonnieren
 Von 
Tyr0ne
Status:
Beginner
(62 Beiträge, 135x hilfreich)
Bestandsschutz - Hecke steht seit Jahrzehnten auf der Grenze

Hallo zusammen,
meine Großeltern haben vor etwa 40 Jahren eine Thuja Hecke direkt auf die Grenze zum Nachbargrundstück (damals Supermarkt) gepflanzt. Vor 15 Jahren wurde der Supermarkt abgerissen und die Stadt kaufte das Grundstück. Vor etwa einem Jahr begannen Bauarbeiten für einen neuen Supermarkt. Der Bau ist inzwischen fast fertig und nächsten Monat ist Eröffnung. Die Stadt hat dem Investor auferlegt zwischen Supermarkt und unserem Grundstück einen 3m breiten Fahrrad- und Fußgängerweg zu bauen. (Ist das eigentlich zulässig direkt an unserem Grundstück?)

Nun haben meine Großeltern einen Anruf von der Stadt bekommen. Die Hecke sei zu beschneiden sodass sie nicht mehr über die Grenze wächst. Allerdings würde dies wohl den Tod der Hecke bedeuten. Kann die Stadt oder der neue Eigentümer des Nachbargrundstückes verlangen, dass die Hecke beschnitten oder entfernt wird?

Davon abgesehen darf man zwischen 01.03. und 30.09. mMn ohnehin keine Hecke schneiden, oder? (Baden-Württemberg)

Da die Hecke sowieso nicht mehr so gut in Schuss ist, wären meine Großeltern einverstanden, sie entfernen zu lassen und einen neuen Sichtschutz zu installieren, sollten diese Kosten von Stadt oder Grundstückseigentümer übernommen werden. Ist eine solche Einigung realistisch?

Beste Grüße

Ärgert der Nachbar?

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12 Antworten
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#1
 Von 
joebeuel
Status:
Lehrling
(1980 Beiträge, 1537x hilfreich)

Der Fehler ist beim Pflanzen der Hecke passiert: sie hätte nicht so nah an die Grenze gepflanzt werden dürfen. Oder haben die Großeltern noch Unterlagen zum Beweis, das die Hecke damals mit Genehmigung des Nachbarn auf die Grenze gepflanzt wurde?

Falls neicht, dann hat der Nachbar das Recht, sich gegen den Überwuchs zu wehren und das Rückschneiden bis zur Grenze zu verlangen. Gibt es vielleicht die Möglichkeit, einen Streifen zu kaufen oder zu pachten, so das die Hecke stehen bleiben kann?

Für eine Übernahme der Kosten für einen neuen Sichtschutz sehe ich keine Grundlage.

6x Hilfreiche Antwort

#2
 Von 
Tyr0ne
Status:
Beginner
(62 Beiträge, 135x hilfreich)

Besagt nicht der Bestandsschutz, dass die Hecke stehen bleiben darf, wenn der Überwuchs seit über 5 Jahren nicht beanstandet wurde?

Außerdem kann doch jetzt (März-September) kein radikaler Rückschnitt bzw Entfernen der Hecke verlangt werden, oder? Siehe § 39 Absatz 5 Nr. 2 des Bundesnaturschutzgesetzes

124x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
joebeuel
Status:
Lehrling
(1980 Beiträge, 1537x hilfreich)

Bei Überhang greift der § 910 des BGB :

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann Wurzeln eines Baumes oder eines Strauches, die von einem Nachbargrundstück eingedrungen sind, abschneiden und behalten. Das Gleiche gilt von herüberragenden Zweigen, wenn der Eigentümer dem Besitzer des Nachbargrundstücks eine angemessene Frist zur Beseitigung bestimmt hat und die Beseitigung nicht innerhalb der Frist erfolgt.

Bestandsschutz bedeutet nur, das die Hecke stehenbleiben darf. Den Überhang muß der Nachbar aber nicht dulden.

4x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
wirdwerden
Status:
Unbeschreiblich
(38331 Beiträge, 13980x hilfreich)

Die Hecke kann doch stehen bleiben. Nur, sie muss beschnitten werden.

wirdwerden

2x Hilfreiche Antwort

#5
 Von 
0815Frager
Status:
Master
(4953 Beiträge, 2376x hilfreich)

Zitat (von Tyr0ne):

Außerdem kann doch jetzt (März-September) kein radikaler Rückschnitt bzw Entfernen der Hecke verlangt werden, oder? Siehe § 39 Absatz 5 Nr. 2 des Bundesnaturschutzgesetzes

Thuja dürfte wegen dem Schutz der brütenden Vögel nicht in Betracht kommen, im Thuja baut kein Vogel ein Nest. Zudem ist bis 31.03 noch eine lange Zeit.
Zitat (von Tyr0ne):
Die Stadt hat dem Investor auferlegt zwischen Supermarkt und unserem Grundstück einen 3m breiten Fahrrad- und Fußgängerweg zu bauen. (Ist das eigentlich zulässig direkt an unserem Grundstück?)

Auch das ist zulässig, eine Bauauflage für den Bauherren, und es ist nicht euer Grundstück.

1x Hilfreiche Antwort

#6
 Von 
wirdwerden
Status:
Unbeschreiblich
(38331 Beiträge, 13980x hilfreich)

Es geht doch gar nicht um "brutales" zurückschneiden. Die Seite, die eben in das Nachbargrundstück reinragt, die soll beschnitten werden. Ist doch in Ordnung.

wirdwerden

0x Hilfreiche Antwort

#7
 Von 
Tyr0ne
Status:
Beginner
(62 Beiträge, 135x hilfreich)

Zitat (von joebeuel):
Bei Überhang greift der § 910 des BGB :
(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann Wurzeln eines Baumes oder eines Strauches, die von einem Nachbargrundstück eingedrungen sind, abschneiden und behalten. Das Gleiche gilt von herüberragenden Zweigen, wenn der Eigentümer dem Besitzer des Nachbargrundstücks eine angemessene Frist zur Beseitigung bestimmt hat und die Beseitigung nicht innerhalb der Frist erfolgt.
Bestandsschutz bedeutet nur, das die Hecke stehenbleiben darf. Den Überhang muß der Nachbar aber nicht dulden.


Zitat (von wirdwerden):
Es geht doch gar nicht um "brutales" zurückschneiden. Die Seite, die eben in das Nachbargrundstück reinragt, die soll beschnitten werden. Ist doch in Ordnung.
wirdwerden


Das Problem ist, dass der Stamm der Hecke wohl direkt auf der Grenze steht. Würde man sie genau bis zur Grenze zurückschneiden würde die Hecke mit Sicherheit daran sterben.

Zitat (von 0815Frager):
Zitat (von Tyr0ne):
Außerdem kann doch jetzt (März-September) kein radikaler Rückschnitt bzw Entfernen der Hecke verlangt werden, oder? Siehe § 39 Absatz 5 Nr. 2 des Bundesnaturschutzgesetzes
Thuja dürfte wegen dem Schutz der brütenden Vögel nicht in Betracht kommen, im Thuja baut kein Vogel ein Nest. Zudem ist bis 31.03 noch eine lange Zeit.


Nein, ab 01.03. ist das nicht mehr zulässig. Ich weiß nicht, ob hier zwischen verschiedenen Arten von Hecken unterschieden wird. Im Gesetzestext wird hier ja auch keine Unterscheidung aufgeführt.

2x Hilfreiche Antwort

#8
 Von 
muran
Status:
Lehrling
(1332 Beiträge, 1048x hilfreich)

Ausnahmeregelungen bestätigen aber die Regel.
Formloser Antrag... Antrag und Ansinnen wird geprüft und evtl. genehmigt
Bei Genehmigung kann auch in der "Schonzeit" gerodet, gefällt, geschnitten werden.

2x Hilfreiche Antwort

#9
 Von 
Lolle
Status:
Bachelor
(3431 Beiträge, 1949x hilfreich)

Zitat (von Tyr0ne):
Das Problem ist, dass der Stamm der Hecke wohl direkt auf der Grenze steht. Würde man sie genau bis zur Grenze zurückschneiden würde die Hecke mit Sicherheit daran sterben.

Das ist aber nicht das Problem des Nachbarn bzw. dadurch lösen sich die Nachbarrechtlichen Pflichten und Ansprüche nicht einfach in Nichts auf. Die Großeltern hätten eben damals die Thujas nicht so nicht an die Grenze setzen dürfen, dann gäbe es jetzt auch kein Problem.

Signatur:

Es hilft nichts,das Recht auf seiner Seite zu haben.Man muss auch m.d. Justiz rechnen - D Hildebrand

3x Hilfreiche Antwort

#10
 Von 
0815Frager
Status:
Master
(4953 Beiträge, 2376x hilfreich)

Zitat (von Tyr0ne):

Das Problem ist, dass der Stamm der Hecke wohl direkt auf der Grenze steht. Würde man sie genau bis zur Grenze zurückschneiden würde die Hecke mit Sicherheit daran sterben.

Es ist wie alle schreiben kein Problem, denn wenn damals beim Pflanzen schon die Grundstückgrenzen missachtet wurden, warum soll sich der neue Eigentümer darum scheren?
Für die Lösung des "Problem" gibt es zwei Möglichkeiten:
1) Man greift in Eigeninitiative zum Fichtenmoped und schneidet das Gewächs entsprechend der Grenze, so das es eben den Nachbarn nicht belastet.
2) Man stellt sich blöd, danach kommen die juristischen Spielchen in Gange, zu lest trägt man alle Gerichtskosten und ein Firma entsorgt den Überhang, sau teuer, aber mancher braucht eben die Erfahrung, nur daraus wird man klug.

6x Hilfreiche Antwort

#11
 Von 
wirdwerden
Status:
Unbeschreiblich
(38331 Beiträge, 13980x hilfreich)

Ich hab mich nochmal eingelesen in die Problematik.

Zunächst ist die Frage, auch das ist nicht ganz geklärt, was unter Rückschnitt zu verstehen ist. Soweit wie ich das verstehe, ist der totale Rückschnitt gemeint, nicht die seitliche Beschneidung einer Hecke. Also kein Rückschnitt.

Aber viel interessanter ist die andere Sache, die ich gefunden habe. § 39 des BNatSchG soll nur außerhalb des Waldes oder gärtnerisch genutzter Flächen zur Anwendung kommen. Zumindest in NRW (nur da hab ich nachgeschaut), angelblich aber auch in den anderen Ländern (vermutlich, denn da wird sich ja abgestimmt) gibt es sogar eine Verwaltungsordnung, die dieses klarstellt. Dies hat zur Folge, dass es hier überhaupt nicht mehr auf die Sperrzeit ankommt. Das ist wohl auch bundesweite Rechtsprechung.

So, damit ist der Teil zu bereinigen, der von der Hecke ins Nachbargrundstück ragt. Besonders kritisch wird es hier, weil der Grundstückseigentümer einer behördlichen Auflage nicht nachkommen kann. Wenn dadurch die Eröffnung des Supermarktes nicht erfolgen kann, dann ist das schon mit ziemlich hefigen Schadensersatzkosten verbunden. Oder aber, andere Alternative, der geplante Weg bzw. das Grundstück ist gar nicht mit veräussert worden. Sondern nach wie vor in kommunalem Eigentum. Auch dann kann die Eröffnung hinausgezögert werden, oder zumindest erfolgt die Ersatzvornahme. Eine externe Firma wird beauftragt oder aber die Gemeinde kappt die Sträucher und schickt eine saftige Rechnung.

Mensch, kappt die Sträucher und gut ist.

wirdwerden

1x Hilfreiche Antwort

#12
 Von 
mgrasek100
Status:
Praktikant
(502 Beiträge, 179x hilfreich)

Hier wie auch grundsätzlich ist zu sagen, dass man da wohl nichts machen kann, dass heißt die Hecke darf weiterhin leben ;)

Es gibt dazu ein interessantes Urteil des LG Freiburgs das auch zum Landesrecht in BW gut passt.

Ich wohne zwar in NRW aber auch hier gibt es gemäß § 47 einen Bestandsschutz

Das GG der BRD berücksichtigt erst einmal die Natur in Art 20a GG
Auch Art 25 GG befasst sich mit der von der UNO festgelegten Gebiete der Landschaft
In ausgewiesenen oder angrenzenden Fällen könnte man versuchen hier mit § 910 Absatz 2 BGB zu argumentieren, wonach geringe Überhänge oder der Bestandsschutz zu dulden ist.

Wenn die Hecke schon sehr lange steht wäre ggfs eine Verjährung im Sinne von § 195,199 i.V.m mit § 1004 BGB ( Störung ) vorliegend
Der Beginn der Verjährung ist eindrucksvoll im nachfolgenden Urteil erklärt (BGH LM BGB § 156 zu § 1004 BGB ; OLG Karlsruhe, Justiz 2010, 69 ; Palandt/Bassenge, a.a.O., § 1004 Rn. 45..)

Sollte im Einzelfall doch ein recht bestehen dann wäre der nach § 1004 in Verbindung mit 195 nach drei Jahren verjährt, allerdings ( so die überwiegende Meinung ) verjährt § 910 BGB nicht, so dass der Nachbar die Hecke auf deine Kosten entfernen könnte.
Allerdings könnte selbst das Recht nicht verjährt aber verwirkt sein und das kommt auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an.
Wenn der Nachbar zB zu erkennen gibt, er möchte die Hecke do belassen, kann er später nichts anderes verlangen, sein Recht verwirkt slso. OLG Hamm MDR 2005, 804 ; OLG Köln NJW 1995, 3321, Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 242 Rn. 87 m.w.N.).3.

Zu nennen wäre vielleicht noch § 1004 und § 910 Absatz 2 wonach leichte Beeinträchtigungen sowieso zu dulden sind.

Es könnte aber sein, dass ein Rückschnitt die Hecke beschädigt, so dass sie sbstirbt.
Das muss aber bewiesen werden und kann denn Sinn der Vorschruft des § 910 BGB zuwiderlaufen, es wäre obsolet im Sinne von § 47 NRW Landesregelung die auch in BW gilt, wonach ein Rückschnitt die Hecke gefährdet und deren Bestandsschutz nach § 47 ins Leere laufen würde.
Dieser "Trick" ist wohl rechtsmissbräuchlich vgl. zu dieser streitigen Frage Grziwotz/Lüke/Saller, Praxishandbuch Nachbarrecht, 2. Aufl., Rn. 395; Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 11. Januar 2007 – 8 U 77/06 –, OLG Köln, Urteil vom 12. Juli 2011 – 4 U 18/10 -, OLG Stuttgart, Urteil vom 14. November 2006 – 12 U 97/06 –, jeweils zitiert nach juris)

Übrigens hat wirdwerden bzgl des § 39 zu NRW nicht ganz recht, denn NRW kann sich diese Extrawurst nicht erlauben, denn das Bundesgesetz kann nicht eingeschränkt werden und der Erlass in NRW gilt nicht für Hecken in Gärten, sondern nur für Bäume.
M.E ist dieser Erlass aber rechtswidrig.

Es gibt aber gemäß § 39 Abs.1 Nr . 3 noch einen Grund die Beschneidung- insbesondere von Ästen - abzulehnen, wenn dort zB Vögel nisten, dann darf die Hecke oder ein Baum garnicht beschnitten/gefällt werden.

-- Editiert von mgrasek100 am 19.07.2016 02:21

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