Befristete Verträge mit der Bundesagentur für Arbeit – Arbeitnehmerin siegt vor LAG Hamm

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Nach dem Urteil des BAG vom 17.03.2010, AZ 7 AZR 843/08, das die Befristung einer Angestellten der Arbeitsagentur für unwirksam erklärt hatte, sind viele befristet angestellte Mitarbeiter der Bundesagentur für Arbeit unsicher, ob sie ggf. auch Anspruch darauf haben, unbefristet weiter beschäftigt zu werden. Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts ist aber nicht unmittelbar auf aktuell bei den Arbeitsagenturen oder ARGEN Beschäftigte anzuwenden, da die dort behandelte Ermächtigung in Kapitel 5 Titel 425 02 des Haushaltsplans für 2005 nur eine Beschäftigung bis zum 31.12.2007 vorsah.

Wer aktuell bei der Bundesagentur für Arbeit befristet eingestellt ist, kann aber argumentieren, dass die Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts auf die sehr ähnliche Ermächtigung in Kapitel 6 Titel 425 02 der Haushaltspläne für die Jahre 2008 bis 2010 anzuwenden sind, so dass auch diese nicht genügt, um eine befristete Anstellung zu rechtfertigen. Das Landesarbeitsgerichts Hamm hat dies nunmehr in seiner Entscheidung von 07.10.2010, AZ 17 Sa 455/09, bestätigt.

Elke Scheibeler
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Die Ausführungen in den Haushaltsplänen 2008 bis 2010 sind zwar etwas präziser als die im Haushaltsplan 2005, der der Entscheidung des BAG aus März 2010 zugrunde lag. Sie reichten aber dem LAG Hamm ebenfalls nicht aus.

Danach ist die streitgegenständliche Ermächtigung in Kapitel 6 Titel 425 02 des Haushaltsplans für das Kalenderjahr 2008 nicht geeignet, eine befristete Anstellung zu rechtfertigen, da es an einer konkreten Sachregelung auf der Grundlage einer nachvollziehbaren Fristsetzung fehle (I. 1.b bb) der Entscheidungsgründe). Die im Haushaltsvermerk formulierte Erwartung, infolge der absehbaren demographischen Entwicklung und der Arbeitsmarktentwicklung werde der aktuelle Personalbedarf bis zum 31.12.2010 zurückgehen, der sich aus der Anzahl der Bedarfsgemeinschaften bzw. der erwerbsfähigen Hilfsbedürftigen ergebe, sei zu pauschal. Es sei nicht erkennbar, von welchen aktuellem Personalbedarf der Haushalt ausgehe und inwieweit er durch den Dauerstellenbestand gerade nicht abgedeckt sei. Genauso wenig werde verdeutlicht, welche konkreten Prognosedaten zur Arbeitsmarkt- und demografischen Entwicklung mit welchen konkreten Auswirkungen auf den Personalbedarf bis zum 31.12.2010 die Beklagte ihrer Entscheidung zugrunde gelegt habe. Der Bedarf von 5.000 befristet Beschäftigten sei als nur temporärer Bedarf nicht nachvollziehbar, zumal Angaben dazu fehlten, für welche konkreten Aufgaben innerhalb des SGB II-Bereiches die Mittel genutzt werden dürften. Zu Lasten des Titels 42502 könnten Arbeitnehmer für jedweden Aufgabenbereich in der gesamten Bundesrepublik befristet eingestellt werden.

Die Bundesagentur für Arbeit werde nach Auffassung des LAG Hamm mit der Anforderung ausreichender Konkretisierung der Zwecksetzung für Aufgaben von vorübergehender Dauer im Haushaltsplan auch nicht überfordert. Es sei anzunehmen, dass es durchaus Kennzahlen zu dem Personalbedarf 2008 bis 2010 unter Berücksichtigung der Bedarfsgrößen, der Fallzahlen und der Betreuungsrelationen gegeben habe. Ebenfalls dürften ihr Prognosedaten zum Rückgang der Bedarfsgemeinschaften und der erwerbsfähigen Hilfeberechtigten für die Jahre 2008 und 2009 sowie 2010 zur Verfügung gestanden haben. Die Eckdaten hätten zur Konkretisierung des vorübergehenden Bedarfs in den Haushaltsvermerk aufgenommen werden können und müssen. Ohne genaue Analyse könne keine fundierte Prognose hinsichtlich des zukünftigen Beschäftigungsbedarfs erfolgen.

Es bleibt abzuwarten, ob gegen dieses Urteil Revision eingelegt wird, so dass auch die Wirksamkeit der Ermächtigung in Kapitel 6 Titel 425 02 vom Bundesarbeitsgericht zu prüfen ist. Jedenfalls steht aber fest, dass sich die Chancen der Arbeitnehmer erhöhen, eine unbefristete Anstellung gerichtlich durchzusetzen, insbesondere auch dann, wenn sie im Bezirk des LAG Hamm eingesetzt sind, da die dort zuständigen Gerichte sich an dem Urteil vom 07.10.2010 orientieren dürften.

Auf keinen Fall sollte ein Arbeitnehmer, der aktuell aufgrund der Ermächtigung in Kapitel 6 Titel 425 02 aus den Haushaltsjahren 2008 bis 2010 befristet angestellt ist, einen weiteren befristeten Vertrag unterschreiben, ohne einen entsprechenden Vorbehalt zu vereinbaren. Dann kommt es nämlich nur noch auf die Wirksamkeit der neuen Befristung an. Zu beachten ist außerdem, dass eine etwaige Entfristungsklage innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrags erhoben werden muss. Sollte innerhalb dieser Frist keine Klage eingereicht worden sein, kann die Unwirksamkeit der Befristung selbst bei objektivem Vorliegen nicht mehr geltend gemacht werden. Im Hinblick auf die Einreichung einer Entfristungsklage und auch der Unterzeichnung eines neuen Arbeitsvertrags unter Vorbehalt sollte Rechtsrat eingeholt werden.

Dr. Elke Scheibeler
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