Bald mehr Transparenz bei Lebensversicherungen

Mehr zum Thema: Versicherungsrecht, Lebensversicherung, Überschussbeteiligung, Prämienzahlung, Lebensversicherungsvertrag
0 von 5 Sterne
Bewerten mit: 5 Sterne 4 Sterne 3 Sterne 2 Sterne 1 Stern
0

Von Rechtsanwältin Maxi Krumbiegel

Auf die Verfassungsbeschwerde eines Versicherten, der eine kapitalbildende Lebensversicherung mit Überschussbeteiligung abgeschlossen hatte, hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe jüngst eine aufsehenerregende Grundsatzentscheidung getroffen. Der Versicherte machte in dem Verfahren geltend, dass er nicht angemessen an den Gewinnen des Versicherers, die mit Hilfe seiner Prämienzahlungen über mehrere Jahre erwirtschaftet worden waren, beteiligt wurde.

Das Bundesverfassungsgericht wirft dem Gesetzgeber in seinem Urteil im Kern einen Grundrechtsverstoß vor, da er keinerlei gesetzliche Grundlage geschaffen habe, eine Überschussbeteiligung des Versicherungsnehmers bei Beendigung des Versicherungsvertrages angemessen zu berücksichtigen. Er habe dadurch seine Schutzpflicht gegenüber dem Versicherten verletzt, der keine Möglichkeit habe, die Anlage seiner eingezahlten Prämien und damit das Schicksal seiner von der Eigentumsgarantie umfassten rechtlichen Positionen zu verfolgen (BVerfG, 1 BvR 80/95 vom 26. Juli 2005).

Der Versicherer ist nämlich bei der Wahl seiner Anlage der eingezahlten Prämien grundsätzlich frei, muss aber bei der Bilanzierung die handelsrechtlichen Bewertungsregeln über Vermögensanlagen beachten. Dadurch werden stille Reserven geschaffen. Diese stillen Reserven, das heißt die Werte, die sich aus einer Differenz des Buch- und Marktwertes ergeben, werden allerdings bei der Überschussberechnung gar nicht berücksichtigt, sofern sie nicht, z.B. durch Veräußerung einer Immobilie, tatsächlich realisiert wurden. Mangels Transparenz bei der Kalkulation der Überschussbeteiligungen bzw. wegen nicht verhandelbarer Versicherungsbedingungen und fehlender Einflussmöglichkeit nach Vertragsschluss hat der Versicherte auch keinerlei Möglichkeit, seine durch eventuelle stille Reserven entstandenen Überschussverluste vor Gericht geltend zu machen.

Durch das Grundsatzurteil ist der Gesetzgeber nunmehr unter Fristsetzung bis Ende 2007 verpflichtet worden, entsprechende verbraucherfreundliche Gesetze zu erlassen, an die sich die Lebensversicherer in Zukunft halten müssen. Bis dahin wird zwar die jetzige Rechtslage hinzunehmen sein, allerdings muss der Gesetzgeber prüfen, ob ab 2008 dann auch die laufenden Verträge unter die Neuregelung fallen.

Das Bundesverfassungsgericht trägt damit der wachsenden Bedeutung privater Altersvorsorge Rechnung. Denn bereits jetzt mehren sich die Fälle, in denen Uneinigkeit über die Höhe des auszuzahlenden so genannten Rückkaufwertes besteht, der dem Versicherten nach vorzeitiger Kündigung seines Lebensversicherungsvertrages auszuzahlen ist. Wir empfehlen daher, sich vor einer geplanten Kündigung umfassend über deren Konsequenzen zu informieren. Im Einzelfall kann eine anwaltliche Beratung erforderlich sein.