BMJ veröffentlicht Diskussionsentwurf

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Neufassung der Musterbelehrungen zur BGB-InfoV

Nun ist es amtlich: Nachdem die Bundesregierung die massive Kritik an den Musterbelehrungen in der BGB-InfoV lange Zeit zurückgewiesen und keinen Handlungsbedarf gesehen hatte (vgl. BT-Drs. 16/3595), hat das Bundesjustizministerium Ministerium nun auf seiner Internetseite einen ersten Diskussionsentwurf zur Änderung der BGB-InfoV veröffentlicht.

Der Entwurf sieht eine Neufassung der Musterbelehrungen in Anlage 2 und Anlage 3 zu § 14 BGB-InfoV vor. Die Bundesregierung gehe zwar weiterhin davon aus, dass die Musterbelehrungen den richtig verstandenen gesetzlichen Vorgaben genügen, heißt es in der Begründung, es sei jedoch durch verschiedene Gerichtsurteile und eine große Zahl von wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen in den betroffenen Wirtschaftskreisen eine erhebliche Verunsicherung entstanden, die durch die Neufassung der Musterbelehrungen beseitigt werden soll.

Ob die geplante Neufassung der Musterbelehrungen tatsächlich geeignet ist, die bestehenden Rechtsunsicherheiten nachhaltig zu beseitigen, darf angesichts des nun vorliegenden Diskussionsentwurfes durchaus bezweifelt werden. Mit dem Entwurf rückt die Bundesregierung nämlich nunmehr von ihrem bisherigen Kurs ab, den Unternehmern eine möglichst schlanke und allgemeingültige Musterbelehrung an die Hand zu geben, die den Verbraucher über seine wesentlichen Rechte aufklärt, ohne im Einzelfall auf jedes Detail einzugehen.

Der Diskussionsentwurf sieht nun eine konsequente Differenzierung nach der Art des Geschäftes unter Einbeziehung der jeweiligen Sonderreglungen vor. Dies hat zum Beispiel zur Folge, dass bei Fernabsatzgeschäften im elektronischen Geschäftsverkehr, also dem Regelfall im Online-Handel die Belehrung über den Fristbeginn zukünftig wie folgt erfolgen soll:

„Maßgeblich für den Fristbeginn ist der Erhalt dieser Belehrung in Textform. Die Frist beginnt jedoch nicht vor dem Tage des Eingangs der Ware beim Empfänger (bei der wiederkehrenden Lieferung gleichartiger Waren nicht vor dem Tage des Eingangs der ersten Teillieferung) und auch nicht vor Erfüllung der Informationspflichten gemäß § 312c Abs. 2 BGB. Die gemäß § 312c Abs. 2 BGB mitzuteilenden Informationen sind im Anhang abgedruckt. Die Frist beginnt jedoch nicht, bevor wir unsere Pflichten aus § 312e Abs. 1 Satz 1 BGB erfüllt haben. Die gesetzlichen Anforderungen sind im Anhang abgedruckt."

Der in der Belehrung zitierte Anhang ist ebenfalls neu. Er soll ggf. am Ende der Widerrufsbelehrung angefügt werden und den Gesetzeswortlaut der einschlägigen Vorschriften abdrucken. Im vorstehenden Beispiel also die §§ 312c Abs. 2 BGB mit § 1 BGB-InfoV sowie § 312e Abs. 1 Satz BGB mit § 3 BGB-InfoV.

Ein vollständiges Belehrungsbeispiel finden Sie hier .

Inwieweit eine derart umfangreiche und komplizierte Belehrung noch dem Transparenzgebot entsprechen soll ist zweifelhaft. Die Bundesregierung selbst hatte diesbezüglich vor einem Jahr noch ihre Bedenken geäußert (BT-Drucks. 16/3595):

„Dass in der Musterwiderrufsbelehrung nicht über jedes Detail bei jeder denkbaren Fallgestaltung belehrt wird, ist nach Auffassung der Bundesregierung kein Mangel, da dem Verbraucher seine Rechte insgesamt verdeutlicht werden. Ein in den Details weiter differenzierendes Muster liefe Gefahr, nicht mehr verstanden zu werden."

Neben der Regelung zum Fristbeginn wurden auch weitere Formulierungen überarbeitet, die in der Vergangenheit häufig Gegenstand von wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen waren. Die insoweit erfolgten Klarstellungen sind grundsätzlich zu begrüßen, allerdings ist aus Unternehmersicht zu beklagen, dass die Bundesregierung dem Entwurf des neuen Musters jeweils die unternehmerfeindlichste Rechtsprechung zugrunde gelegt hat.

Beispielsweise geht der Musterbelehrungsentwurf nun ausdrücklich davon aus, dass der Verbraucher Wertersatz für die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Ware nur dann schuldet, wenn der Hinweis auf die Wertersatzpflicht gem. § 357 Abs. 3 Satz 1 BGB und eine Möglichkeit zu ihrer Vermeidung nicht spätestens bei Vertragsschluss in Textform erfolgt. Zudem soll auch die Widerrufsbelehrung zukünftig eine Information über die Gefahrtragungsregel enthalten, die bisher nur im Muster zum Rückgaberecht enthalten war.

Welche Auswirkungen der Diskussionsentwurf auf die rechtliche Debatte und insbesondere auf das Abmahnverhalten der (selbsternannten) Wettbewerbshüter haben wird, bleibt abzuwarten. Die Tatsache, dass die Bundesregierung offenbar beabsichtigt, die Belehrungsvorschriften zu verschärfen, gießt jedoch Wasser auf die Mühlen der Abmahner und lässt für die bevorstehende Übergangszeit bis zum Inkrafttreten eines Änderungsgesetzes das Schlimmste befürchten.

Zur Vermeidung von Abmahnungen ist den Unternehmern deshalb zu raten, ihre Widerrufsbelehrungen zeitnah zu überarbeiten. Dabei muss allerdings berücksichtigt werden, dass der Diskussionsentwurf bislang keinerlei rechtliche Wirkung entfaltet, sondern den Gerichten allenfalls als Auslegungshilfe dienen kann. Insofern besteht wiederum die Gefahr, dass Konkurrenten oder Verbraucher auch an der Verwendung des „neuen" Musters etwas auszusetzen haben, z.B. weil dieses so kompliziert und ausführlich ist, dass es für den Verbraucher nicht mehr verständlich ist.

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