BGH: Zuständigkeit deutscher Gerichte bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Internet nur bei deutlichem Inlandsbezug

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Der Bundesgerichtshof hat gerade eine dahingehende Entscheidung getroffen (BGH, Urteil vom 29. März 2011, Az: VI ZR 111/10), wann zur Verfolgung von Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Internet die deutschen Gerichte international zuständig sind und insoweit zur Verteidigung entsprechender Rechte in Anspruch genommen werden können.

Der BGH hatte insoweit über einen der inzwischen vermehrt vorkommenden Fälle zu urteilen, in denen Personen über das Internet in ihrer persönlichen Ehre verletzt worden waren. Derartige Sachverhalte reichen bekanntermaßen von verbalen Beleidigungen in Form des Einstellens von herabwürdigenden Texten bis hin zu kompromittierenden Fotos oder Filmstreifen, die ohne Wissen des Opfers im Internet veröffentlicht werden. Solche Handlungen verletzten dann regelmäßig das aus Artikel 1 Abs.1; 2 Abs. 1 GG hergeleitete Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Opfers. Dieses Recht schützt als umfassendes Recht auf Achtung und Entfaltung der Persönlichkeit die Intim-, die Privat- und die Individualsphäre jedes Menschen und kann verletzt werden durch Herabsetzung des Rufes und des Ansehens einer Person oder deren sozialer Geltung bei anderen Personen. Angesichts der Weltoffenheit des Internets stellt sich dann oftmals die Frage, wann deutsche Gerichte wegen solcher Verletzungshandlungen bei entsprechenden Klagen gegen den Schädiger angerufen werden können. Hierzu hat der BGH nun in der eingangs bereits erwähnten Entscheidung Stellung genommen.

In dem vom BGH gerade entschiedenen Fall hatte ein russischer Geschäftsmann mit Wohnsitz in Deutschland gegen eine in den USA lebende Frau geklagt, welche ohne dessen Einwilligung über dessen private Lebensumstände, welche ihr im Rahmen eines Klassentreffens in der weiteren Wohnung des Klägers in Russland bekannt geworden waren, einen in russischer Sprache und kyrillischer Schrift abgefassten Bericht über ein von einem deutschen Anbieter betriebenes Internetportal veröffentlicht hatte. Der betroffene Geschäftsmann begehrte sodann vor den deutschen Gerichten klageweise die Unterlassung verschiedener Äußerungen seitens der Beklagten sowie eine Geldentschädigung und Auskunft über den Zeitraum und die Internetadressen, über welche die zu unterlassenden Äußerungen abrufbar waren. Die beiden zunächst angerufenen Untergerichte (LG Köln, Urteil vom 26.08.2009, Az: 28 O 478/08 sowie OLG Köln, Urteil vom 30.03.2010, Az: 15 U 148/09) hatten dabei die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte bereits abgelehnt und daher die Klage als unzulässig abgewiesen.

Auch die hiergegen vom Kläger zum Bundesgerichtshof eingelegte Revision wurde jedoch letztlich zurückgewiesen. Der unter anderem für den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs entschied, dass die deutschen Gerichte zur Entscheidung über Klagen wegen Persönlichkeitsbeeinträchtigungen durch im Internet abrufbare Veröffentlichungen international nur dann zuständig sind, wenn die als rechtsverletzend beanstandeten Inhalte objektiv einen deutlichen Bezug zum Inland in dem Sinne aufweisen, dass eine Kollision der widerstreitenden Interessen – also das Interesse des Klägers an der Achtung seines Persönlichkeitsrechts einerseits und das Interesse der Beklagten an der Gestaltung ihres Internetauftritts und an einer Berichterstattung andererseits - nach den Umständen des konkreten Falls, insbesondere aufgrund des Inhalts der konkreten Meldung, im Inland tatsächlich eingetreten ist oder eintreten kann.

Im streitgegenständlichen Fall sah der BGH dann allerdings einen solchen Inlandsbezug nicht für gegeben. Denn nach Auffassung des Gerichts seien die im entschiedenen Fall beschriebenen Umstände aus dem privaten Bereich des Klägers in erster Linie nur für die an dem Klassentreffen Beteiligten von Interesse. Diese hätten mit Ausnahme des Klägers selbst ihren gewöhnlichen Aufenthalt aber nicht in Deutschland. Allein dadurch, dass der Kläger an seinem Wohnsitz im Inland den Bericht abgerufen hat, wird nach Ansicht des BGH noch kein deutlicher Inlandsbezug hergestellt, selbst wenn vereinzelt Geschäftspartner Kenntnis von den angegriffenen Äußerungen erhalten haben sollten. Auch allein aus dem Standort des Servers in Deutschland lässt sich nach dem BGH noch keine die Zuständigkeit deutscher Gerichte begründende Handlung der Beklagten herleiten.

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