BGH-Urteil: Anspruch auf verlängerten Betreuungsunterhalt

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Keine Begrenzung auf das 3. Lebensjahr des Kindes

BGH-Urteil: Anspruch auf verlängerten Betreuungsunterhalt

Der Betreuungsunterhalt ist nicht zwingend auf das 3. Lebensjahr des Kindes zu begrenzen. Der BGH hat auch entschieden, dass Alleinerziehende nicht unbedingt einen Vollzeitjob annehmen müssen. Dies gilt auch dann, wenn die Kinder ganztags in der Kita oder Schule versorgt werden.

1. Sachverhalt

Klaus Wille
Rechtsanwalt
Waidmarkt 11
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Arbeitsrecht, Kindschaftsrecht, Familienrecht

Die Klägerin wurde von dem Beklagten schwanger und zog mit diesem zusammen. Im Dezember 1997 und im Januar 2001 wurden die zwei gemeinsamen Kinder geboren. Die Parteien waren nicht verheiratet. Im Juni 2002 trennten sich die Parteien. Die Klägerin forderte neben dem Kindesunterhalt für sich Betreuungsunterhalt. Der Anspruch auf Betreuungsunterhalt wurde durch das Oberlandesgericht in 2. Instanz zeitlich begrenzt. Der Beklagte habe bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres des jüngsten gemeinsamen Kindes Betreuungsunterhalt zu zahlen. Dagegen legte die Klägerin Revision ein und forderte einen unbefristeten und höheren Unterhalt.
(Quelle: Pressemitteilung 139/2008 des Bundesgerichtshofes vom 17.07.2008 (Az. : XII ZR 109/05))

2. Rechtliche Hintergrund

Der Unterhaltsanspruch der Mutter eines nichtehelichen Kindes wurde im Rahmen der Unterhaltsreform geändert. Er wurde zum größten Teil dem nachehelichen Unterhaltsanspruch angepasst. Die Betreuungsunterhaltsansprüche waren bei Betreuung eines gemeinsamen Kindes in der Regel bis zum 3. Lebensjahr zu begrenzen. Wenn aber die Betreuungssituation es nicht zuließe, könne ein längerer Betreuungsunterhalt gefordert werden. Der Gesetzgeber hatte zu den Voraussetzungen eines verlängerten Unterhaltsanspruchs kaum Angaben gemacht. Streitige waren v.a. die Berechnungsweise sowie die Dauer des Betreuungsunterhalt der Mutter eines nichtehelichen Kindes. Hierzu hatte der BGH nunmehr erstmalig Stellung genommen.

3. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 16. Juli 2008 (Aktenzeichen XII ZR 109/05)

a) Der BGH nahm zunächst zur Berechnungsweise des Unterhaltsanspruch der Mutter eines nichtehelichen Kindes Stellung.
Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte in der Berufungsinstanz noch angenommen, dass sich bei einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft der Unterhaltsbedarf auch aus einem höheren Einkommen des nichtehelichen Lebenspartners ergeben kann, wenn die Parteien zusammengezogen waren. Daher habe die Klägerin aus dem Einkommen des Beklagten ihre Lebensstellung abgeleitet. Der BGH hat diese Auffassung abgelehnt. Auch wenn die Parteien von dem Einkommen des Kindesvaters gelebt hätten, lägen darin nur freiwillige Leistungen, die der Beklagte jederzeit hätte beenden können. Eine nachhaltige Lebensstellung könne diese Umstände nicht begründen. Das Einkommen des Unterhaltspflichtigen spiele bei der Bedarfsberechnung keine Rolle.

b) Hinsichtlich der Dauer des Unterhaltsanspruches sei zwar grundsätzlich eine Begrenzung auf drei Jahre durch das Gesetz vorgegeben. Verlangt aber der Elternteil aus Billigkeitsgründen Unterhalt über diesen neu hinaus, muss er die Gründe dafür darlegen und beweisen, dass eine individuelle Beurteilung der Verhältnisse erfordere. Nach Ansicht des BGH kann aber auch bei älteren Kindern für den betreuenden Elternteil eine so große Belastung bestehen, dass für diesen nur ein Teilzeitjob zumutbar sei. Der BGH hat darauf hingewiesen, das unter Umständen eine Vollzeittätigkeit sogar dann nicht angenommen werden könne, wenn ein Kind im Kindergarten Vollzeit betreute werde. Es sei daher möglich, dass die Vollzeittätigkeit überobligatiorisch sei.

c) Außerdem können bei der Dauer des Unterhaltsanspruchs auch elternbezogende Gründe eine Rolle spielen, so z.B. die Gestaltung der Beziehung wie eine Ehe, das längere Zusammenleben, gemeinsamer Kinderwunsch.

Da noch Einzelfragen zu klären waren, wurde die Angelegenheit nun an das OLG zurückverwiesen.

4. Fazit

BGH hat mit dieser Entscheidung nunmehr eine gewisse Richtlinie geschaffen. Trotz allem sind noch viele Einzelfragen offen.

Der BGH hat aber vier wichtige Feststellungen getroffen:

a) Zunächst spielt das Einkommen des nichtehelichen Lebenspartners für die Berechnung des Unterhalts des betreuenden Teils in der Regel keine Rolle.

b) Der BGH hat auch klargestellt, dass sogar bei einer ganztägigen Betreuung eines Kindes im Kindergarten es nicht zwingend notwendig sei, dass der betreuenden Elternteil eine vollschichtige Erwerbsobliegenheit hat.

c) Eine Begrenzung des Betreuungsunterhaltes auf das 3. Lebensjahr des Kindes ist nicht zwingend. Eine Begrenzung des Unterhaltsanspruchs auf das 3. Lebensjahr des Kindes ist aber auch nach neuem Unterhaltsanspruch nicht zwingend.

d) Es wurde ausdrücklich klargestellt, dass es auf den Einzelfall ankommt.

Wichtig für Sie als Mandanten:

Da mittlerweile der Betreuungsunterhaltsanspruch des verheirateten Ehegatten und der Mutter eines nichtehelichen Kindes angeglichen worden sind, hat die Entscheidung natürlich auch erhebliche Auswirkungen auf die Dauer des nachehelichen Betreuungsunterhalt. Es ist daher anzuraten, im Rahmen eines anwaltlichen Beratungsgesprächs auf diese Fragen einzugehen.

Für die Vereinbarung eines Beratungstermins können Sie sich hier mit uns in Verbindung setzen.

5.Quelle

Pressemitteilung 139/2008 des Bundesgerichtshofes vom 17.07.2008 (Az. : XII ZR 109/05) unter www. bundesgerichtshof.de

Für Fragen zu diesem oder anderen Themenkomplexen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.


Mit freundlichen Grüßen
Klaus Wille
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht
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Tel. : 0221/ 272 4745
Fax: 0221/ 272 4747
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