BGH Beschluss zum Monatsanfangsproblem des Pfändungsschutzkontos (P-Konto)

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BGH: Neuregelung des Gesetzgebers zum P-Konto zur Beseitigung des Monatsanfangsproblems ist auch auf noch nicht abgeschlossene Sachverhalte anwendbar

Das Pfändungsschutzkonto wurde mit dem Gesetz zur Reform des Kontopfändungsschutzes zum 01.07.2010 eingeführt. Seitdem kann der Kunde einer Bank verlangen, dass diese sein Konto als Pfändungsschutzkonto führt. Hauptmerkmal des P-Kontos ist, dass der Bankkunde trotz Kontopfändung über einen monatlichen Freibetrag der mindestens dem pfändungsfreien Grundfreibetrag in Höhe von derzeit 1.028,89 Euro (Stand 15.11.11) entspricht ohne Einschränkungen verfügen kann. Aus dieser grundsätzlich einfachen Idee ist eine komplexe Regelung entstanden,  deren Umsetzung in der Praxis derzeit noch immer wieder auf Schwierigkeiten stößt. Insbesondere bei der Bestimmung des exakten monatlichen Freibetrages und dessen Ausschöpfung bestanden nicht zuletzt durch das sogenannte Monatsanfangsproblem noch Unsicherheiten, wodurch der Gesetzgeber sich genötigt sah, einzugreifen und dem § 835 ZPO einen diesbezüglichen Absatz 4 anzufügen, in Kraft seit dem 16.04.2011. Inzwischen hat auch der BGH in einem Beschluss vom 28.07.2011 Az. VII ZB 92/10 unter Berücksichtigung der geänderten Gesetzeslage zum Monatsanfangsproblem Stellung bezogen und die neue gesetzliche Regelung auch auf bislang noch nicht abgeschlossene Sachverhalte für anwendbar erklärt.

Das Problem: In den meisten Fällen werden Geldbeträge, die dem Lebensunterhalt dienen dem Konto am Monatsende gutgeschrieben, sei es rückwirkend für den vergangenen Monat oder aber im voraus für den kommenden Monat. Hin und wieder kommt es jedoch vor, dass die Gutschrift erst am Monatsanfang erfolgt, beispielsweise aufgrund der Feiertage am Jahreswechsel. Erhielt der Betreffende dann am Monatsende desselben Monats eine zweite Gutschrift ergab sich das Problem, dass der monatliche Freibetrag durch die Gutschrift am Monatsanfang bereits ausgeschöpft war. Dem Gesetzeswortlaut folgend wäre der zweite Gutschriftsbetrag, soweit er über den monatlichen Freibetrag hinausging, von der Bank als Drittschuldner an den Gläubiger zu überweisen gewesen. Damit wurde jedoch wiederum dem Schuldner häufig die Lebensgrundlage entzogen, was seitens des Gesetzgebers nicht gewünscht war, oder aber die Gerichte mussten sich mit Anträgen gemäß § 765a ZPO beschäftigen. Eine vergleichbare Ausgangslage lag auch der BGH Entscheidung zugrunde.

Die Reaktion: Um dieses Problem zu lösen, führte der Gesetzgeber in der ZPO den § 835 Absatz 4 ein. Dieser regelt in Satz 1, dass Gutschriften auf ein P-Konto erst nach Ablauf des Folgemonats an den Gläubiger geleistet werden dürfen. Das bedeutet konkret, dass Geldbeträge, die beispielsweise im Januar gutgeschrieben werden erst nach Ablauf des Februars an den Gläubiger zu zahlen sind. Da dem Schuldner im Februar jedoch erneut sein persönlicher Freibetrag zur Verfügung steht kann er über die Gutschrift aus dem Januar im Februar verfügen, soweit sein Freibetrag dies zulässt.

Beispiel mit gerundetem Freibetrag von 1050,00 Euro:

Schuldner A erhält wiederkehrende monatliche Leistungen in Höhe von 900,00 Euro. Gutschrift 1 am 03.01. für den Dezember des Vormonats, Gutschrift 2 am 30.01.

Vor Gesetzesänderung: Eingang im Januar über 1800,00 Euro bei einem Freibetrag von 1050,00 Euro. 750,00 Euro konnten an den Gläubiger geleistet werden, es sei denn es wurde ein Antrag wegen sittenwidriger Härte gem. § 765a ZPO gestellt.

Nach Gesetzesänderung: Eingang im Januar über 1800,00 Euro bei einem Freibetrag von 1050,00 Euro. Die überschießenden 750,00 Euro könnten nach § 835 Absatz 4 erst im März an den Gläubiger geleistet werden. Da der Freibetrag von 1050 Euro dem Schuldner im Februar erneut zur Verfügung steht, kann er aber hier über den Restbetrag verfügen.

Der BGH hat diese Handhabung in einem vergleichbaren Fall durch seinen Beschluss vom 28.07.2011 bestätigt. Gleichzeitig erklärte er die gesetzliche Regelung auf alle noch nicht abgeschlossenen Sachverhalte für anwendbar.