Auskunftsanspruch der Pflichtteilsberechtigten

Mehr zum Thema: Erbrecht, Auskunftsanspruch, Pflichtteil, Testament, Erbe
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1. Auskunftsberechtigte und auskunftsverpflichtete Personen

Bei Eintritt des Erbfalles besteht nicht nur für die Erben ein Bedürfnis zur Ermittlung von Nachlassbestand und Nachlasswert. Vielmehr haben auch diejenigen Personen, die gesetzlich erbberechtigt wären, durch Testament oder Erbvertrag jedoch von der Erbfolge ausgeschlossen sind, ein Interesse an Informationen über den Nachlassumfang. Die genaue Kenntnis über den Nachlass erlaubt dem Pflichtteilsberechtigten nämlich erst, seinen Pflichtteils- sowie Pflichtteilsergänzungsanspruch mit Erfolg geltend zu machen. Das Erbrecht gibt den Pflichtteilsberechtigten mit der Vorschrift des § 2314 BGB insofern einen gesetzlichen Auskunftsanspruch zur Erlangung der für sie relevanten Auskünfte an die Hand.

Bei dem Pflichtteilsanspruch handelt es sich um eine Nachlassverbindlichkeit, für die der Erbe beziehungsweise mehrere Erben als Gesamtschuldner haften. Der Gesamtpflichtteilsanspruch umfasst neben dem ordentlichen Pflichtteilsanspruch auch den so genannten Pflichtteilsergänzungsanspruch. Dieser bezieht sich auf Schenkungen, die der Erblasser im Zeitraum von zehn Jahren vor dem Erbfall vorgenommen hat.

Martin Diefenbach
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Erbrecht, Kapitalanlagenrecht

Die Höhe des ordentlichen Pflichtteilsanspruchs wird zum einen durch die Erbquote und zum anderen durch den Nachlasswert im Zeitpunkt des Erbfalls bestimmt. Deshalb ist es für den Pflichtteilsberechtigten zur Geltendmachung seines Anspruchs entscheidend, sowohl über die Höhe seiner Erbquote als auch über die Höhe des Nachlasswertes informiert zu sein.

Gerade die Information über den Nachlasswert wird von den Erben allerdings meist nur ungern erteilt. Zur Verwirklichung seines Anspruchs ist der Pflichtteilsberechtigte auf die Angaben der Erben jedoch angewiesen.

Aus diesem Grund räumt das Gesetz dem Pflichtteilsberechtigten in § 2314 Abs. 1 BGB einen Auskunfts- und Wertermittlungsanspruch ein, mit dessen Hilfe er die maßgeblichen Informationen zum Nachlass erhalten kann.

Zum Kreis der auskunftsberechtigten Personen gehören die enterbten Abkömmlinge, der enterbte Ehegatte sowie der gleichgeschlechtliche Lebenspartner (bei Eintragung der entsprechenden Lebenspartnerschaft in das zuständige Register) und der enterbte Elternteil. Auch der geschiedene Ehegatte gehört zum Kreis der Nichterben. Er ist zwar nicht im eigentlichen Sinne pflichtteilsberechtigt, aber ihm steht gemäß §§ 1586 b, 2314 BGB analog ein Auskunftsanspruch zu, wenn er gegenüber dem Erblasser unterhaltsberechtigt war.

Darüber hinaus können Erben Auskunftsrechte geltend machen, die den ihnen hinterlassenen Erbteil - ohne gleichzeitigen Pflichtteilsverzicht - ausgeschlagen haben; ebenso Vermächtnisnehmer, wenn ihnen ihr Erbrecht durch letztwillige Verfügung entzogen wurde.

Der Auskunftsanspruch richtet sich gemäß § 2314 BGB gegen den Erben beziehungsweise die Miterben als Gesamtschuldner.

2. Inhalt des Auskunftsanspruchs

Der Pflichtteilsberechtigte muss in die Lage versetzt werden, seine rechtliche Position und den Umfang des Nachlasses selbst bewerten zu können. Aus diesem Grund sind ihm die sämtlich hinterlassenen Vermögensgegenstände und Schulden mitzuteilen. Das gilt auch für Gegenstände, die der Erbe für wertlos hält oder bei denen er sich über die Rechtslage im Unklaren ist, wie zum Beispiel die Eigentumsverhältnisse an Einrichtungsgegenständen in der gemeinsamen Wohnung von Ehegatten.

Der Auskunftsanspruch ist ein reiner Informationsanspruch, so dass grundsätzlich keine Verpflichtung des Erben zur Erbringung von Nachweisen und Belegen besteht. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn sich der Auskunftsanspruch auf Gegenstände bezieht, die deshalb nicht mehr zum Nachlass gehören, weil sie zu Lebzeiten des Erblassers verschenkt oder auf andere Weise aus seinem Vermögen ausgegliedert wurden. Insofern greift der Pflichtteilsergänzungsanspruch. Diesbezüglich sind die betreffenden Verfügungen offen zu legen und gegebenenfalls mit Belegen nachzuweisen.

Wertangaben zu den einzelnen Nachlassgegenständen schuldet der Auskunftsberechtigte grundsätzlich nicht.

Bei berechtigten Zweifeln an der Richtigkeit der gemachten Angaben besteht sowohl für den Pflichtteils- als auch den Pflichteilergänzungsberechtigten die Möglichkeit, den Erben zu einer eidesstattlichen Versicherung zu verpflichten.

3. Umfang der Auskunftspflicht

Der Pflichtteilsberechtigte hat jedoch nicht nur einen Anspruch darauf ein Verzeichnis über den Umfang des Nachlasses zu erhalten; § 2314 Abs.1 Satz 2 BGB räumt dem Auskunftsberechtigten auch das Recht ein, bei der Aufnahme dieses Verzeichnisses hinzugezogen zu werden. Außerdem besteht die Möglichkeit, neben einem privaten Verzeichnis ein notariell aufgenommenes Verzeichnis zu verlangen.

4. Wertermittlungsanspruch

Neben der Auskunft über den bloßen Bestand des Nachlasses kann der Pflichtteilsberechtigte auch einen Anspruch auf Ermittlung des Wertes einzelner Nachlassgegenstände haben. Dieser in der Praxis sehr relevante Wertermittlungsanspruch kann jedoch nicht einfach ins Blaue geltend gemacht werden, sondern besteht nur dann, wenn der Betroffene ein schutzwürdiges Interesse darlegen kann. Ein schutzwürdiges Interesse wird dem Pflichtteilsberechtigten dann zu bescheinigen sein, wenn ihm die für ihn zugänglichen Tatsachen kein ausreichendes Bild über den Wert der vorhandenen Gegenstände verschaffen können, und er aus diesem Grund die Höhe seines Pflichtteilsanspruchs nicht hinreichend bestimmen kann. In der Praxis ist dies häufig bei Kunstgegenständen, Betriebsvermögen und Immobilien der Fall.

Der Wertermittlungsanspruch ist ein eigener Anspruch, der selbstständig neben dem Auskunftsanspruch steht und gesondert geltend gemacht werden muss. Die Wertermittlung erfolgt durch die Hinzuziehung eines unparteiischen Sachverständigen. Dieser muss nicht notwendig öffentlich bestellt sein. Der Erbe, gegen den sich der Anspruch richtet, muss das Gutachten auf Kosten des Nachlasses einholen (vgl. § 2314 Abs. 2 BGB).

5. Fazit

Den pflichtteilsberechtigten Personen werden durch das Gesetz umfangreiche Auskunftsrechte zur Ermittlung von Nachlassumfang und Nachlasswert eingeräumt. Diese Ansprüche sollten von den insofern Berechtigten zur Vorbereitung ihres Pflichtteils- bzw. Pflichtteilsergänzungsanspruchs auch geltend gemacht werden, zumal es sich bei den mit der Auskunftserteilung verbundenen Kosten um Nachlassverbindlichkeiten handelt. Das gilt sowohl für die Kosten der Erstellung des Nachlassverzeichnisses als auch der Beauftragung eines Sachverständigen.

Der Verfasser Martin Diefenbach, LL.M. ist Rechtsanwalt in Düsseldorf. Er ist auf die Beratung von Anlegern im Bank- und Kapitalanlagerecht spezialisiert. Bei Fragen können Sie sich an Herrn Rechtsanwalt Martin Diefenbach, LL.M. unter diefenbach@legitas.de oder telefonisch unter 0211 – 936 540 0 wenden.