Ausbildungsförderung (nach BAföG) contra Verwandtendarlehen?

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Mit diesem Thema beschäftigt sich ein Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom März 2007 (noch nicht rechtskräftig).

Einer Architekturstudentin war mit drei zeitlich aufeinander folgenden Bescheiden Ausbildungsförderung für Oktober 1998 bis September 2002 bewilligt worden. Die Studentin hatte in den Formularen zur Beantragung von BAföG weder Einträge zu Einkommen und Vermögen noch zu Schulden und Vermögenswerten gemacht bzw. die entsprechenden Formularfelder mit einem Schrägstrich versehen. Bei einem Datenabgleich Ende 2002 stellte sich heraus, dass der Studentin von ihrem Onkel zur Sicherung ihrer Ausbildung ein Darlehen über 15.000,- DM gewährt worden war. Das Darlehen war zinslos gewährt worden und hatte eine Laufzeit vom 14.03.1998 bis zum 30.06.2006, die beliebig verlängert werden konnte. Die Modalitäten für eine Rückzahlung des Darlehens waren in der Darlehensvereinbarung offen gelassen worden.

Daraufhin hob das Studentenwerk im September 2004 die Bewilligungsbescheide auf und forderte 9.264,10 € zurück. Dagegen hat die Studentin Klage erhoben. Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat die Klage zurückgewiesen.

Aus der Urteilsbegründung:

Die Voraussetzungen für die Rücknahme rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakte auch für die Vergangenheit haben vorgelegen:

  1. Die Bewilligungsbescheide seien rechtswidrig gewesen, weil die Förderbedingungen von vornherein nicht vorgelegen hätten.

    Durch das Darlehen ihres Onkels zur Sicherung der Berufsausbildung hätte die Studentin anderweitige Mittel zur Bestreitung ihres Studiums zur Verfügung gehabt. BAföG wird nur gewährt, wenn dies nicht der Fall ist – es ist subsidiär.

    Etwaige Raten zur Rückzahlung des Darlehns konnten als Schulden nicht anerkannt werden. Insoweit sei das Verwandtendarlehn genauso zu behandeln wie das nach BAföG gewährte Darlehen, das auch erst nach Beendigung des Studiums und erst bei Sicherung eines geregelten monatlichen Einkommens zurück zu zahlen sei. Diese erst zu einem viel späteren Zeitpunkt eintretende Rückzahlungsverpflichtung schmälere nicht die Mittel, die für den Lebensunterhalt und die Ausbildung erforderlich seien.

  2. Eine Rücknahme von rechtswidrigen Verwaltungsakten für die Vergangenheit ist möglich, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt wurde.

    Im vorliegenden Fall hätte das Fehlen von Eintragungen in dem Antragsformular die Aussage vermittelt, dass kein Vermögen vorhanden sei. Daher verneint das Verwaltungsgericht eine Pflicht des Studentenwerks, nachzufragen, sondern meint, es wäre Sache der Studentin gewesen, sich durch Rücksprache bei der Behörde Klarheit zu verschaffen. Im Endeffekt bejaht das Verwaltungsgericht bei der Studentin grobe Fahrlässigkeit bei der Antragstellung. Auf den falschen bzw. unterlassenen Angaben hätten die Bewilligungsbescheide beruht. Daher sei das bisher Geleistete zu Recht zurückgefordert worden.

Im Ergebnis ist festzuhalten, dass ein Verwandtendarlehen ohne feste Rückzahlungspflichten zum Erlöschen des BAföG - Anspruchs führt, weil BAföG nur subsidiär zu gewähren ist.

Wurde dennoch BAföG gewährt, und beruhte dies auf falschen oder unvollständigen Angaben zum Vermögen bei der Antragstellung, kann das bereits Geleistete zurückgefordert werden, wenn die Angaben vorsätzlich oder grob fahrlässig falsch oder unvollständig gemacht wurden. Es ist Sache des Antragstellers, sich bei Zweifeln über die korrekten Angaben bei dem Studentenwerk selbst Klarheit zu verschaffen.

Nach meiner Einschätzung wird das Urteil Bestand haben, da die Argumentation überzeugt. Es wird aber viele andere Fälle geben, in denen der Sachverhalt anders gelagert ist. Es kann sich dann lohnen und durchaus erfolgversprechend sein, die Verweigerung der Bewilligung von BAföG oder die Rückforderung von bereits gewährten Ausbildungsförderungsleistungen anzugreifen.


Ulrike Fürstenberg
Rechtsanwältin