Aufhebungsvertrag unterschrieben: Widerruf oder Anfechtung möglich?

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Arbeitnehmer bereuen es häufig, ihre Unterschrift unter einen Aufhebungsvertrag gesetzt zu haben. Denn der Abschluss eines Aufhebungsvertrages ist in vielen Fällen mit Nachteilen für den Arbeitnehmer verbunden: Mit dem Abschluss eines Aufhebungsvertrages gibt ein Arbeitnehmer häufig ohne echte Gegenleistung eine äußerst starke Rechtsposition auf, die mehrere 1.000 EUR Wert sein kann. Außerdem droht dem Arbeitnehmer, der einen Aufhebungsvertrag unterschrieben hat, eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld. Nicht wenige Arbeitnehmer stellen sich deshalb die Frage, ob es Möglichkeiten gibt, sich von einem unterschriebenen Aufhebungsvertrag wieder zu lösen.

Wirksamkeitsvoraussetzungen eines Aufhebungsvertrag

Vor der Frage nach eventuell bestehenden Möglichkeiten, einen Aufhebungsvertrag wieder zu Fall zu bringen, ist allerdings zunächst zu prüfen, ob ein Aufhebungsvertrag überhaupt wirksam zustande gekommen ist. Denn ist ein Aufhebungsvertrag gar nicht wirksam zustande gekommen, entfaltet dieser von vornherein keine rechtlichen Wirkungen. Weder Arbeitnehmer noch Arbeitgeber sind in einem solchen Fall an den Aufhebungsvertrag gebunden, das Arbeitsverhältnis besteht vielmehr unverändert fort.

Damit ein Aufhebungsvertrag das Arbeitsverhältnis tatsächlich beendet hat, müssen insbesondere die folgenden Voraussetzungen eingehalten sein:

  • Wahrung der Schriftform

  • kein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot

  • kein Verstoß gegen „Treu und Glauben“

  • keine Sittenwidrigkeit

  • keine Geschäftsunfähigkeit eines Vertragspartners

Ist ein Aufhebungsvertrag erst einmal wirksam zustande gekommen, ist es für den Arbeitnehmer in aller Regel schwierig, sich wieder von diesem zu lösen.

In der Regel kein Widerrufsrecht oder Rücktrittsrecht

Ein gesetzliches Recht zum Widerruf oder Rücktritt bei Abschluss eines Aufhebungsvertrages gibt es nicht. Ein Arbeitnehmer, der einen Aufhebungsvertrag unterschrieben hat, hat deshalb in der Regel keine Möglichkeit, den Vertrag zu widerrufen oder von diesem zurückzutreten.

Etwas anderes gilt nur dann, wenn ein Widerrufs- oder Rücktrittsrecht ausnahmsweise in einer besonderen Regelung vorgesehen ist, z.B. in dem geschlossenen Aufhebungsvertrag selbst oder in einem auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvertrag.

In einigen Fällen möglich: Anfechtung des Aufhebungsvertrages

Denkbar ist aber, dass dem Arbeitnehmer ein Recht zur Anfechtung des Aufhebungsvertrages zusteht. Das Gesetz sieht ein Recht zur Anfechtung eines Vertrages insbesondere für die Fälle vor, in denen ein Vertragspartner durch eine „widerrechtliche Drohung““ oder durch eine „arglistige Täuschung“ zum Abschluss eines Vertrages bewegt worden ist.

Anfechtung wegen Drohung

Viele Arbeitgeber wissen, dass die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses eine Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht nach sich ziehen und deshalb eine Menge Geld, Zeit und Mühe kosten kann. Diese Probleme hat ein Arbeitgeber in der Regel nicht, wenn das Arbeitsverhältnis durch einen Aufhebungsvertrag beendet wird. Viele Arbeitgeber versuchen deshalb, statt eine Kündigung auszusprechen, den Arbeitnehmer zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages zu bewegen. In diesem Zusammenhang kommen relativ häufig Fälle vor, in denen der Arbeitgeber ankündigt, eine ordentliche oder sogar eine außerordentliche, fristlose Kündigung auszusprechen, falls der Arbeitnehmer keinen Aufhebungsvertrag unterschreiben sollte.

Die Ankündigung einer Kündigung stellt aber grundsätzlich eine Drohung im Sinne des Gesetzes dar. Der Arbeitnehmer hat in einer solchen Situation deshalb ein Recht zur Anfechtung des Aufhebungsvertrages, wenn die Ankündigung der Kündigung als „widerrechtlich“ zu beurteilen ist. Dies ist grundsätzlich dann der Fall, wenn der Arbeitgeber davon ausgehen muss, dass die angedrohte Kündigung einer Überprüfung durch das Arbeitsgericht mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht standhalten wird.

Wäre also eine Kündigung mit hoher Wahrscheinlichkeit unwirksam, droht der Arbeitgeber aber dennoch mit einer Kündigung für den Fall, dass der Arbeitnehmer keinen Aufhebungsvertrag unterschreiben sollte, kann der Arbeitnehmer den von ihm unterschriebenen Aufhebungsvertrag anfechten. Folge einer Anfechtung ist, dass das Arbeitsverhältnis trotzt unterzeichneten Aufhebungsvertrages unverändert fortbesteht.

Neben dem Fall der Drohung mit einer Kündigung kann dem Arbeitnehmer auch in den folgenden Beispielsfällen ein Recht zur Anfechtung des Aufhebungsvertrages zustehen:

  • Drohung mit einer Strafanzeige

  • Drohung mit körperlicher Gewalt

  • Drohung mit der Nichtzahlung von Gehalt

  • Drohung mit einer Versetzung

Anfechtung wegen arglistiger Täuschung

Ein Recht zur Anfechtung eines Aufhebungsvertrages kann dem Arbeitnehmer auch dann zustehen, wenn er durch eine Täuschung des Arbeitgebers dazu veranlasst worden ist, einen Aufhebungsvertrag zu unterschreiben.

Beispiel:

Der Arbeitgeber erzählt seiner als Reinigungskraft beschäftigten Arbeitnehmerin A, dass er in Kürze sämtliche Reinigungsarbeiten von einer Fremdfirma erledigen lassen und er deshalb allen Reinigungskräften betriebsbedingt kündigen will. Er bietet der A eine Abfindung in Höhe von 1.000,00 EUR an, wenn sie bereit ist, einen Aufhebungsvertrag zu unterschreiben. In der Annahme, ihren Arbeitsplatz in Kürze ohnehin durch eine betriebsbedingte Kündigung zu verlieren, unterschreibt A den Aufhebungsvertrag, um sich wenigstens noch die Abfindung zu sichern.

Wenig später stellt sich aber heraus, dass der Arbeitgeber in Wahrheit gar nicht beabsichtigt hatte, die Reinigungsarbeiten an eine Fremdfirma zu vergeben. Er wollte lediglich das Arbeitsverhältnis mit der A beenden.

A kann den Aufhebungsvertrag wegen arglistiger Täuschung anfechten.

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