Anspruch des Arbeitnehmers auf Arbeitszeitverringerung gemäß § 8 TzBfG

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Anspruch des Arbeitnehmers auf Verringerung der Arbeitszeit gemäß § 8 TzBfG

Die Voraussetzungen des § 8 TzBfG

Im Hinblick auf § 8 TzBfG sind grundsätzlich alle Arbeitnehmer anspruchsberechtigt. Folglich steht dieser Anspruch neben den befristet Beschäftigten auch bereits in Teilzeit beschäftigten Arbeitnehmern zu (HK-ArbR/Ahrendt, § 8 TzBfG Rn. 4). Einzig Auszubildende haben keinen Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit nach § 8 TzBfG, da der in § 8 TzBfG geregelte Teilzeitanspruch nach § 10 Abs. 2 BBiG regelmäßig nicht mit dem Wesen und Zweck eines Ausbildungsvertrages vereinbar ist (ErfK/Preis, § 8 TzBfG Rn. 7).

Eine weitere Voraussetzung ist, dass der anspruchsberechtigte Arbeitnehmer gemäß § 8 Abs. 1 TzBfG eine Wartezeit von sechs Monaten erfüllt hat. Dies bedeutet, dass das zwischen dem Arbeitgeber und dem anspruchsberechtigten Arbeitnehmer bestehende Arbeitsverhältnis mindestens sechs Monate bestanden haben muss. Insoweit ist gemäß § 8 Abs. 2 S. 1 TzBfG auf den Zugang des Verlangens der Arbeitszeitverringerung beim Arbeitgeber abzustellen.

Beispiel:

Sofern das Arbeitsverhältnis am 01.01. eines Jahres beginnt, läuft die 6-monatige Wartezeit des § 8 Abs. 1 TzBfG bis zum 30.06. desselben Jahres um 24:00 Uhr. Den Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit nach § 8 Abs. 2 S. 1 TzBfG könnte der Arbeitnehmer somit frühestens am 01.07. desselben Jahres beim Arbeitgeber einreichen.

Den nach § 8 Abs. 2 S. 1 TzBfG erforderlichen Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit müsste der Arbeitnehmer nach dieser Vorschrift spätestens drei Monate vor dem gewünschten Beginn der verringerten Arbeitszeit stellen. Für das vorgenannte Beispiel würde dies bedeuten, dass der Arbeitnehmer, sofern er am 01.07. des Jahres seinen Antrag auf Arbeitszeitverringerung beim Arbeitgeber einreicht, die Arbeitszeit frühestens ab dem 01.10. desselben Jahres verringert werden kann.

Als weitere Voraussetzung regelt § 8 Abs. 7 TzBfG, dass ein Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit grundsätzlich nur dann möglich ist, wenn der Arbeitgeber regelmäßig mehr als 15 Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden beschäftigt. Das LAG Köln hat in einem Urteil vom 18.01.2002 – Az. : 4 Sa 1066/01 die grundsätzliche Verfassungsmäßigkeit des § 8 Abs. 7 TzBfG bejaht. Für die Berechnung der Anzahl der Arbeitnehmer kommt es nicht auf die im Betrieb, sondern auf die im Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer an (HK-ArbR/Ahrendt, § 8 TzBfG Rn. 63).

Inhaltlich soll der Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit gemäß § 8 Abs. 2 S. 2 TzBfG die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit enthalten. Es wird darauf hingewiesen, dass es sich bei § 8 Abs. 2 S. 2 TzBfG um eine „Soll-Vorschrift" handelt, der Arbeitnehmer in dem Antrag also nicht die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit angeben muss. Vielmehr kann die Verteilung der Arbeitszeit dem Weisungsrecht des Arbeitgebers aus § 106 GewO überlassen bleiben (so BAG, Urteil vom 23. 11. 2004 – Az. : 9 AZR 644/03).

Wichtig :

Wie zuvor dargestellt, muss der Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit nicht zwingend die gewünschte zeitliche Lage der verringerten Arbeitszeit enthalten, aber der Antrag muss zwingend – dies folgt aus § 8 Abs. 2 S. 1 TzBfG – den gewünschten Umfang der verringerten Arbeitszeit enthalten. Falls der Antrag den gewünschten Umfang der verringerten Arbeitszeit nicht enthalten sollte, so löst dieser Antrag für den Arbeitgeber keine Verpflichtungen und keine Obliegenheiten aus. Dieser Antrag wäre rechtlich unbeachtlich (HK-ArbR/Ahrendt, § 8 TzBfG Rn. 17).

Weiterhin stellt der Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit nach § 8 Abs. 2 S. 1 TzBfG nach überwiegender Auffassung einen Antrag auf Abschluss eines Änderungsvertrages nach § 145 BGB dar (so u.a. BAG, Urteil vom 18.05.2004 – Az. : 9 AZR 319/03). Daraus folgt, dass der Antrag des Arbeitnehmers auf Arbeitszeitverringerung inhaltlich so konkret formuliert sein muss, dass der Arbeitgeber diesen Antrag mit einem „einfachen Ja" annehmen könnte (BAG, Urteil vom 18.05.2004 – Az. : 9 AZR 319/03).

Sobald der Arbeitnehmer den Antrag auf Arbeitszeitverringerung zudem beim Arbeitgeber – form- und fristgemäß – eingereicht hat, löst dies beim Arbeitgeber nach § 8 Abs. 3 S. 1 TzBfG eine Verhandlungsobliegenheit aus (BAG, Urteil vom 23.11.2004 – Az. :  9 AZR 644/03). Der Arbeitgeber hat nunmehr mit dem Arbeitnehmer nach § 8 Abs. 3 S. 1 TzBfG die gewünschte Arbeitszeitverringerung mit dem Ziel zu erörtern, zu einer entsprechenden Vereinbarung zu gelangen. Weiterhin folgt aus § 8 Abs. 3 S. 2 TzBfG für den Arbeitgeber die Verhandlungsobliegenheit, mit dem Arbeitnehmer über die Verteilung der Arbeitszeit Einvernehmen zu erzielen.

Wichtig ist, dass sowohl S. 1 als auch S. 2 des § 8 Abs. 3 TzBfG nur Verhandlungsobliegenheiten und keine Verhandlungspflichten darstellen. Sofern der Arbeitgeber seinen Verhandlungsobliegenheiten aus § 8 Abs. 3 TzBfG nicht nachkommen sollte, folgt hieraus nicht, dass die Ablehnung des Antrags unwirksam ist. Weiterhin kann hieraus auch nicht die Fiktion des § 8 Abs. 5 TzBfG hergeleitet werden. Insoweit mangelt es an einer entsprechenden Gesetzesregelung, da § 8 Abs. 5 S. 2 und 3 TzBfG ausdrücklich an die Ablehnung des Antrags und das fehlende Einvernehmen anknüpft und somit ausweislich des Gesetzeswortlauts kein Platz für eine analoge Anwendung bei einer ausbleibenden Verhandlung bleibt.

Nach § 8 Abs. 4 S. 1 TzBfG hat der Arbeitgeber dem Verlangen des Arbeitnehmers auf Arbeitszeitverringerung grundsätzlich zuzustimmen, soweit betriebliche Gründe dem nicht entgegenstehen. So enthält § 8 Abs. 4 S. 2 TzBfG eine nicht abschließende Aufzählung („insbesondere") entgegenstehender betrieblicher Gründe wie beispielsweise die Verursachung unverhältnismäßiger Kosten oder die wesentliche Beeinträchtigung der Sicherheit im Betrieb.

Die Arbeitsgerichte führen in ständiger Rechtsprechung regelmäßig eine dreistufige Prüfung durch (so unter anderem BAG, Urteil vom 18.02.2003 – Az. : 9 AZR 164/02). Innerhalb der ersten Stufe wird überprüft, ob und inwieweit der Wunsch auf Arbeitszeitverringerung in das betriebliches Organisationskonzept des Arbeitgebers passt.

Auf der zweiten Stufe prüfen die Arbeitsgerichte, ob und inwieweit der Wunsch auf Arbeitszeitverringerung mit den Arbeitszeitregelungen in Einklang gebracht werden kann. Hierbei wird geprüft, ob der Arbeitgeber dem Verringerungswunsch der Arbeitszeit durch zumutbare Änderungen von betrieblichen Abläufen oder des Personaleinsatzes nachkommen kann (BAG, Urteil vom 18.02.2003 – Az. : 9 AZR 164/02).

Letztlich prüfen die Arbeitsgerichte auf der dritten Stufe das Gewicht der entgegenstehenden betrieblichen Gründe. Danach hat der Arbeitnehmer beispielsweise keinen Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit, wenn durch die Arbeitszeitverringerung unternehmerische Interessen des Arbeitgebers, wie beispielsweise das Organisationskonzept, wesentlich beeinträchtigt werden. Hieraus folgt, dass die persönlichen Gründe des Arbeitnehmers im Hinblick auf die Arbeitszeitverringerung bei dieser Prüfung – mangels gesetzlicher Regelung – vollkommen außer Betracht bleiben (so wohl HK-ArbR/Ahrendt, § 8 TzBfG Rn. 34). Mit anderen Worten: Es ist egal, warum der Arbeitnehmer um Arbeitszeitverringerung bittet, da es nur auf entgegenstehende betriebliche Gründe ankommt.

Nach § 8 Abs. 5 S. 1 TzBfG hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn der Arbeitszeitverringerung seine Entscheidung über die Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit schriftlich (§ 126 BGB) mitzuteilen. Der Arbeitgeber muss dabei nur die Entscheidung über den Antrag, aber keinerlei Entscheidungsgründe mitteilen (LAG Niedersachsen, Urteil vom 02.08.2002 – Az. : 16 Sa 166/02).

Soweit sich der Arbeitgeber und der betroffene Arbeitnehmer nicht nach § 8 Abs. 3 S. 1 TzBfG über die Verringerung der Arbeitszeit geeinigt haben und der Arbeitgeber die Arbeitszeitverringerung zudem nicht spätestens einen Monat vor deren gewünschtem Beginn schriftlich abgelehnt hat, fingiert das Gesetz in § 8 Abs. 5 S. 2 TzBfG die Verringerung der Arbeitszeit im gewünschten Umfang. Die in § 8 Abs. 5 S. 3 TzBfG enthaltene Regelung fingiert entsprechend die vom Arbeitnehmer gewünschte Verteilung der Arbeitszeit, wenn der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer kein Einvernehmen über die Verteilung der Arbeitszeit erreicht haben und der Arbeitgeber nicht spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn der Arbeitszeitverringerung die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit abgelehnt hat.

Nach § 8 Abs. 5 S. 4 TzBfG kann der Arbeitgeber die festgelegte Verteilung – und nur die Verteilung – der Arbeitszeit einseitig wieder ändern, wenn insoweit das betriebliche Interesse daran das Interesse des Arbeitnehmers an der Beibehaltung erheblich überwiegt und zudem der Arbeitgeber diese Änderung spätestens einen Monat vorher angekündigt hat.

Letztlich sollte festgehalten werden, dass der Arbeitnehmer gemäß § 8 Abs. 6 TzBfG eine erneute Verringerung der Arbeitszeit erst nach Ablauf von zwei Jahren verlangen kann, nachdem der Arbeitgeber einer Zustimmung entweder zugestimmt oder aber – berechtigt –

abgelehnt hat. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass die zweijährige Sperrfrist des § 8 Abs. 6 TzBfG in den Fällen nicht greift, in denen der Arbeitgeber die Arbeitszeitverringerung – unberechtigt – abgelehnt hat.

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