Anrechnung der russischen Rente auf die Sozialhilf

6. Januar 2009 Thema abonnieren
 Von 
Herr Krolik
Status:
Frischling
(7 Beiträge, 3x hilfreich)
Anrechnung der russischen Rente auf die Sozialhilf

Sehr geehrte Juristen,

die Durchsuchung Ihres Forumsarchivs hat gezeigt, dass niemand bisher die Fragen über die Berücksichtigung der ausländischen Altersrente bei der Berechnung der deutschen Leistungen nach SGB XII (Grundsicherung) gestellt hat. Deshalb möchte ich hiermit ein neues Forumsthema starten.

Ein älteres Ehepaar (M – 79, F – 76) hat im letzten Sommer die Einladung zum städtischen Sozialamt bekommen. Zuständige Sachbearbeiterin hat den bei ihr erschienenen alten Mann zur Einholung seiner russischen Rente über die Zentrale des russischen Rentenfonds im Moskau aufgefordert und mitgeteilt, dass die Höhe der Grundsicherung für ihn und seine Ehefrau ab dem nächsten Monat pauschal um 160 EUR reduziert wird. Der entsprechend korrigierte Bescheid wurde später per Post nachgeschickt.

Es war nie ein Geheimnis, dass die alten Leute, welche ihren Rentenanspruch noch in der ehemaligen Sowjetunion realisiert hatten, seit geraumer Zeit ihr kleines Geld aufs Spezialkonto überwiesen bekamen. Wegen der tiefen wirtschaftlichen Krise in Russland waren aber die Rentengeldbeträge jahrelang so winzig, dass es den russischen Flüchtlingen kaum zugemutet werden konnte, dieses Geld vom Ausland nach Deutschland auf dem rechtlich regulären Wege zu holen. Das russische Banksystem erlaubte ebenfalls keine internationalen Transaktionen (Überweisungen) und später wurden diese nur dann zugelassen, wenn der Kontoinhaber bei der russischen Bank persönlich vorsprach. Diese Pfennige (und später Cents) wurden entweder von den bevollmächtigten Personen unmittelbar in Russland ausgegeben (um die alten Grabstätte zu pflegen, um die verbliebenen kranken Verwandten zu unterstützen etc.) oder von den neuen Touristen auf illegitimen Wegen nach Deutschland geschmuggelt und in der Zwischenzeit hierzulande vollständig verbraucht.

Auch unser Ehepaar hat ihr ehemaliges Rentengeld nicht mehr. Das Geld für das Jahr 2008 hat ihr Bekannter abgehoben und sich (völlig zurecht) angeeignet: noch im Frühling 2008 bezahlte er die teuer gewordenen Pflegearbeiten im Moskauer Friedhof aus eigener Tasche, weil eine Vereinbarung getroffen wurde, dass er später den Kostenrest aus der tropfenden russischen Rente verstricht. Somit wurden die Renteneinkünfte auch für Sommer und Herbst 2008 unzugänglich.

Der Antrag auf eine (neuerdings ermöglichte) direkte Überweisungen der russischen Rente auf das deutsche Konto ist am 23.10.2008 bei der Zentrale des russischen Rentenfonds im Moskau eingegangen. Ab dem 1. Januar 2009 sollte die russische Rente entsprechend dem Antrag nach Deutschland geschickt werden. Nach dem neuen russischen Verwaltungsrecht steht jeder staatlichen Behörde nur ein Monat Zeit zur Verfügung, um den Bürgerantrag zu bearbeiten. Bis zum Heute ist aber die russische Rente nicht da. Dafür wurden schon ca. 800 EUR vom deutschen Sozialamt auf den alten Eheleuten gespart. Kann man dieses Geld jetzt (komplett oder anteilig) durch die deutschen Rechtsmittel zurückholen?

-----------------
"*********
* Krolik *
*********"

Bescheid anfechten?

Bescheid anfechten?

Ein erfahrener Anwalt im Sozialrecht gibt Ihnen eine vertrauliche kostenlose Einschätzung!
Ein erfahrener Anwalt im Sozialrecht gibt Ihnen eine vertrauliche kostenlose Einschätzung!
Kostenlose Einschätzung starten Kostenlose Einschätzung starten



4 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
akre
Status:
Frischling
(1 Beiträge, 6x hilfreich)

In SGB XII gilt, dass nur dasjenige Einkommen angerechnet werden darf, welches auch in der Tat VERFÜGBAR ist. Meiner Meinung nach könnte der Antrag auf einstweilige Anordnung des Sozialgerichtes schon die erste Abhilfe verschaffen.
Korrigiert mich, wenn ich falsch liege!..

6x Hilfreiche Antwort

#2
 Von 
guest-12322.01.2009 15:05:03
Status:
Frischling
(3 Beiträge, 13x hilfreich)

Hallo,
das gleiche Problem haben meine Nachbarn: ab Januar 2009 hat man ihnen die Grundsicherung um ca. 200 Euro gekürzt, obwohl sie keinen Zugriff auf die russische Rente haben. Sie haben erst im April einen Termin beim Konsulat(?) bekommen, um die Überweisung der Rente nach Deutschland abzuklären. Trotzdem wird schon ab Januar die nicht verfügbare Rente als Einkommen angerechnet.
Das ist m.E. rechtswidrig: nur tatsächlich ausgezahltes Einkommen darf angerechnet werden. Da ich für meine Nachbarn einen Widerspruch verfassen möchte, wäre es mir eine große Hilfe, wenn hier jemand weitere Infos, §§ und ggf. Gerichtsurteile nennen könnte.
Danke.

13x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
Herr Krolik
Status:
Frischling
(7 Beiträge, 3x hilfreich)

Lieber guest-12322.01.2009!

Die meisten betroffenen alten Leute in unserer Stadt wurden ebenfalls nur zur Einholung ihrer russischen Renten aufgefordert. Die Kürzung ihrer Geldleistungen zum Lebensunterhalt nach SGB XII wurde zunächst nicht vorgenommen. Damit werden die Unterschiede zwischen unserem und Ihrem Fall erkennbar. Es ist wesentlich komplizierter, einen Streitwert in Ihrem Fall zu bilden, weil die Rentenbeträge ab dem Antragsdatum (ggf. 01.01.2009) kaum umstritten werden können.

Wenn sich auch Ihre Betroffenen für den Antrag auf die einstweilige Anordnung des Sozialgerichtes entscheiden, so können Sie meiner Meinung nach der örtlichen Rechtsantragstelle noch folgende Argumente anbieten:

1). Nach dem neuen russischen Verwaltungsrecht steht jeder staatlichen Behörde (auch der Zentrale des russischen Rentenfonds in Moskau) nur ein Monat Zeit zur Verfügung, um den Bürgerantrag zu bearbeiten. Wenn binnen einem Monat keine Rückmeldung bzgl. Ihres Antrages ausgegangen ist, so ist damit das Delikt einer destruktiven Untätigkeit der russischen Saatsbehörde belegt. Rein theoretisch hat man unter solchen Umständen eine Untätigkeitsklage beim russischen Verwaltungsgericht zu erheben, was allerdings einem älteren Ehepaar aus der russischen Flüchtlingsfamilie nicht zugemutet werden kann.

2). Von der russischen Seite gibt es bis jetzt keine reglamentierenden Hinweise darauf, wie oft die Rentenzahlungen stattfinden werden. Es ist daher zu vermuten, dass die russische Altersrente gar nicht monatlich auf das deutsche Konto zufließen wird, sondern nur halbjährlich oder sogar jährlich. Dies wäre aus der Sicht der russischen Behörde vernünftig: die hohen Überweisungskosten werden damit gespart. Ob auch die deutsche Jurisdiktion solche Einkommen als normale monatliche Altersrenten ansehen wird, liegt bei weitem nicht auf der Hand. Auch das bleibt also umstritten.

-----------------
"*********
* Krolik *
*********"

3x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
Herr Krolik
Status:
Frischling
(7 Beiträge, 3x hilfreich)

Zwei weitere Web-Links können Punkt 2) von oben etwas mehr Gewicht bringen. Es geht also keineswegs um Eventualitäten!

www.pfrf.ru/content/view/3365/134/
www.mdmbank.ru/common/data/pub/files/36953/msk-tar-yur.pdf

Aus dem ersten Link erfährt man, dass MDM-Bank in der Sache als beauftragtes Geldinstitut agiert. Der zweite Link (siehe Position 1.4.2.2.1) führt zum Gedanken, dass eine Geldüberweisung von Russland nach Deutschland ggf. nicht unter $45 kosten kann (obwohl einige russische Monatsrenten selbst unter $100 liegen).

Der Fall, dass die Kürzung der sozialen Geldleistungen vor dem Antragsdatum herbeigeführt worden, wird in einem anderen Jura-Forum diskutiert:

http://www.juraforum.de/forum/t267662/s.html

-----------------
"*********
* Krolik *
*********"

0x Hilfreiche Antwort

Und jetzt?

Für jeden die richtige Beratung, immer gleich gut.
Schon 267.062 Beratungen
Anwalt online fragen
Ab 30
Rechtssichere Antwort in durchschnittlich 2 Stunden
107.980 Bewertungen
  • Keine Terminabsprache
  • Antwort vom Anwalt
  • Rückfragen möglich
  • Serviceorientierter Support
Anwalt vor Ort
Persönlichen Anwalt kontaktieren. In der Nähe oder bundesweit.
  • Kompetenz und serviceoriente Anwaltsuche
  • mit Empfehlung
  • Direkt beauftragen oder unverbindlich anfragen
Alle Preise inkl. MwSt. zzgl. 5€ Einstellgebühr pro Frage.

Jetzt Anwalt dazuholen.

Für 60€ beurteilt einer unserer Partneranwälte diese Sache.

  • Antwort vom Anwalt
  • Innerhalb 24 Stunden
  • Nicht zufrieden? Geld zurück!
  • Top Bewertungen
Ja, jetzt Anwalt dazuholen
Wurde Ihr Pflegegrad zu niedrig eingestuft?
Wir schreiben Ihre Widerspruchsbegründung. Dabei entstehen für Sie keine Kosten.