Anerkennung und Vollstreckbarerklärung deutscher Urteile in Griechenland gemäß der EuGVO

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Durch die in den letzten Jahren immer stärker steigenden wirtschaftlichen Verhältnisse zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Griechenland, tritt immer mehr die Problematik der Vollstreckung der deutschen gerichtlichen Urteile im griechischen Raum auf. Dabei handelt es sich natürlich nicht immer „nur" um diverse Forderungen zwischen deutschen und griechischen Geschäftsleuten, sondern verstärkt auch Forderungen welche z.B. im Bereich des Familienrechts (meist Unterhaltsansprüche) ihren Ursprung haben.

In der Regel wird bei der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung eines deutschen Urteils, nach dem Verfahren der EuGVO vorgegangen. Diese ist am 1.3.2000 in Kraft getreten. Nach Maßgabe der EuGVO, werden die in der Bundesrepublik Deutschland ergangenen Entscheidungen, die dort vollstreckbar sind, in der Republik Griechenland vollstreckt, wenn sie von einem griechischen Gericht für vollstreckbar erklärt wurden, gemäß Art. 38 Abs. 1 EuGVO.

Der erforderliche Antrag des Vollstreckungsgläubigers ist bei dem für den Bezirk des Schuldnerwohnsitzes oder des Ortes der beabsichtigten Zwangsvollstreckung zuständigen Landgerichts einzureichen. Die Zuständigkeit solcher Sachen obliegt gemäß Art. 39 Abs. 2, Abs. 1 i.V.m. Anhang II zur EuGVO dem Einzelrichter. Ferner ist zu beachten, dass der Antragsteller gem. Art. 40 Abs. 2 EuGVO einen inländischen Zustellungsbevollmächtigten zu bestellen hat, wobei natürlich auch auf den generellen Anwaltszwang hingewiesen werden muss.

Gemäß des Artikels 40 Abs. 1 EuGVO ist für die Antragstellung das Recht des Vollstreckungsstaates anzuwenden. Somit ist bei der Antragsstellung zur Vollstreckbarerklärung eines deutschen Urteiles in Griechenland das griechische Recht maßgeblich. Der Antragsinhalt ist dem Artikel 118 und dem 747 grZPO zu entnehmen.

Danach muss der Antrag sowohl den Anforderungen eines generellen Schriftsatzes, als auch denen des besonderen Verfahrens (EKOUSIA DIADIKASIA), welches in den Artikel 739ff. gr.ZPO geregelt ist, entsprechen. Der Antrag muss demnach folgende Angaben beinhalten:

  • Bezeichnung des Schriftsatzes als Antrag auf Anerkennung und Vollstreckung des ausländischen Urteils
  • Bezeichnung des angerufenen Gerichts,
  • Zuständigkeitsbegründung
  • Name und Adresse des Antragsstellers
  • ausführliche Beschreibung des Antragsgegenstandes und des rechtlichen Interesses
  • Datum und Unterschrift des bevollmächtigten Rechtsanwaltes.

Gemäß den Artikeln 53 und 54 EuGVO müssen dem Antrag folgende Unterlagen beigefügt werden:

  • eine Ausfertigung der deutschen Entscheidung, welche die für ihre Beweiskraft erforderlichen Voraussetzungen erfüllt (eine Ausfertigung i.S. § 317 ZPO) und
  • eine Bescheinigung nach den Artikeln 54 und 58 der Verordnung betreffend gerichtliche Entscheidungen und Prozessvergleiche nach Anhang V der EuGVO.

In Griechenland wird in der Regel vorausgesetzt, dass die letzteren zwei Unterlagen mit begleitender griechischer Übersetzung eingereicht werden. Für eine solche Übersetzung sind in Griechenland sowohl vereidigte Übersetzer, als auch Anwälte zuständig, wobei es auch in dieser Hinsicht eigentlich darauf ankommt, welches Landgericht jeweils zuständig für den Antrag ist. So sieht es zum Beispiel so aus, dass das Landgericht Athen meist eine Übersetzung von einem Dolmetscher voraussetzt, während die meisten Landgerichte in der übrigen Region sich auch mit einer vom Rechtsanwalt beglaubigten Übersetzung „zufrieden geben". Gemäß Art. 41 EuGVO wird, sofern diese Voraussetzungen erfüllt sind, die Entscheidung ohne weiteres und unverzüglich für vollstreckbar erklärt, ohne das eine vorherige Anhörung des Schuldners erfolgt. Gemäß Artikel 36 EuGVO findet eine inhaltliche Überprüfung der Entscheidung keinesfalls statt (Verbot der „revision au fond").

Die Dauer des Procedere kann nicht verbindlich vorhergesehen werden. Meist sollte man mit einer fünfmonatigen Dauer rechnen. Auch hier ist die Arbeitsbelastung des zuständigen Landesgerichtes maßgeblich. Die Entscheidung über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung wird dem Antragsteller unverzüglich in der Form mitgeteilt und die Vollstreckbarerklärung und die Entscheidung werden dem Schuldner zugestellt.

Gegen eine Vollstreckbarerklärung steht dem Schuldner für die Dauer eines Monates ab Zustellung der Entscheidung ein Rechtsmittel zu, das er bei dem zuständigen Berufungsgericht (EFETEIO) vorzubringen hat, (Art. 43 EuGVO). Während des zweitinstanzlichen Verfahrens, darf die Zwangsvollstreckung jedoch fortgesetzt werden, wenn diese der Sicherung des Anspruchs dient. Gegen eine Ablehnung des Antrags auf Vollstreckbarerklärung kann der Antragsteller seinerseits auch einen Rechtsbehelf bei dem zuständigen Berufungsverfahren einlegen, Art. 43 EuGVO.

Ferner ist eine Aussetzung des Anerkennungs- und Vollstreckbarkeitsverfahrens möglich, wenn im Ursprungsstaat ein Rechtsbehelf gegen die Entscheidung in der Hauptsache eingelegt wurde.

Die Artikel. 34, 35 EuGVO regeln, wann eine Anerkennung versagt werden könnte. Dies kann u.a. in folgenden Fällen passieren und zwar wenn:

  • die Anerkennung der öffentlichen Ordnung (ordre public) Griechenlands offensichtlich widersprechen würde
  • dem Beklagten, der sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat, das verfahrenseinleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück nicht rechtzeitig und in einer Weise zugestellt worden ist, dass er sich verteidigen konnte, es sei denn, der Beklagte hat gegen die Entscheidung keinen Rechtsbehelf eingelegt, obwohl er die Möglichkeit dazu hatte
  • sie mit einer Entscheidung unvereinbar ist, die zwischen denselben Parteien in Griechenland ergangen ist
  • sie mit einer früheren Entscheidung unvereinbar ist, die in einem anderen Mitgliedstaat oder in einem Drittstaat zwischen denselben Parteien in einem Rechtsstreit wegen desselben Anspruchs ergangen ist, sofern die frühere Entscheidung die notwendigen Voraussetzungen für ihre Anerkennung in Griechenland erfüllt.
  • In Deutschland errichtete vollstreckbare öffentliche Urkunden werden in gleicher Weise in Griechenland für vollstreckbar erklärt, sofern der griechische ordre public nicht verletzt ist, Art. 57, 38 ff. EuGVO. Als öffentliche Urkunden gelten auch die vor Verwaltungsbehörden geschlossenen oder vor ihnen beurkundete Unterhaltsvereinbarungen.