Änderung des Sozialgerichtsgesetzes zum 01.04.2008

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Worauf muss ich als Kläger achten?

Die Diskussionen zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes dauern bereits mehrere Jahre an. Jetzt liegt die endgültige Fassung des „Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes“ vor und ist am 01.04.2008 in Kraft getreten. Die neue Gesetzeslage sieht zum Teil einschneidende Änderungen zu Lasten der Rechtssuchenden vor. Ziel des Gesetzes ist es, das sozialgerichtliche Verfahren zu straffen und die Sozialgerichtsbarkeit spürbar zu entlasten.

Die wesentlichen Neuerungen im einzelnen:

1. Widerspruchsverfahren

Im Widerspruchsverfahren bekommen die Behörden die Möglichkeit eingeräumt, ihre Entscheidung öffentlich bekannt zu geben, d. h., in wenigsten drei Tageszeitungen, dem elektronischen Bundesanzeiger und der behördeneigenen Internetseite. Dies gilt bei so genannten „Massenwidersprüchen“, denen dieselbe Rechtsfrage zugrunde liegt und daher nur einer einzigen Entscheidung für alle Widersprüche gemeinsam bedarf. Entscheidet sich die Behörde für die öffentliche Bekanntmachung, beträgt die Klagefrist 1 Jahr.

2. Klage

Die Anforderungen an die Klageschrift werden erhöht. So muss die Klage insbesondere Angaben zum Kläger, zum Beklagten und zum Klagegegenstand beinhalten. Das Gericht hat hierbei die Möglichkeit, dem Kläger eine Frist zu setzen, innerhalb derer er seinen Vortrag ergänzen muss. Wird die Frist nicht eingehalten, kann die Klage als unzulässig abgewiesen werden.

3. Klageverfahren

Es wird eine Klagerücknahmefiktion eingeführt. Fordert der Richter den Kläger zum Betreiben des Prozesses auf und wird das Verfahren binnen drei Monaten dennoch nicht weiterbetrieben, gilt die Klage als zurückgenommen.

Der im Sozialgerichtsverfahren geltende Amtsermittlungsgrundsatz wird dahingehend eingeschränkt, dass das Gericht den Parteien eine Frist setzen kann, innerhalb derer sie alle für das Verfahren entscheidenden Tatsachen und Beweismittel benennen müssen. Wird die Frist versäumt, kann das Gericht den Vortrag im weiteren Prozess unberücksichtigt lassen. Achtung: Das gilt auch für die Berufungsinstanz!

4. Rechtsmittel

Die Rechtsmittelmöglichkeiten werden erheblich eingeschränkt. Zum einen gilt nunmehr eine Berufungsbeschwerde für Bürger von 750,00 €, d. h., der Streitwert vor dem Sozialgericht muss mindestens 750,00 € betragen, um gegen das Urteil Berufung vor dem Landessozialgericht einlegen zu können.
Zu beachten ist, dass diese Anforderungen auch für Beschwerden im Eilverfahren gelten!

Gegen ablehnende Entscheidungen von Prozesskostenhilfeanträgen kann nur dann Beschwerde eingelegt werden, wenn die Ablehnung auf dem Kriterium „mangelnde Erfolgsaussichten“ beruht, nicht mehr, wenn der Antrag mangels Nachweises der wirtschaftlichen oder persönlichen Voraussetzungen abgelehnt wurde.

5. Fazit

Die Durchführung des sozialgerichtlichen Verfahrens wird an stärkere Mitwirkungspflichten der Beteiligten geknüpft. Die Einschränkungen treffen in erster Linie sozial Benachteiligte, da aufgrund der meist niedrigen Streitwerte in aller Regel eine zweite Tatsacheninstanz verschlossen bleibt. Dies gilt besonders für Klage- und Eilverfahren gegen Hartz- IV- Behörden.

Es bleibt zu wünschen, dass die Gerichte von ihren neuen Fristsetzungsmöglichkeiten restriktiv Gebrauch machen.
Für den Einzelnen bleibt zwar die Möglichkeit bestehen, weiterhin ein sozialgerichtliches Verfahren ohne anwaltliche Unterstützung zu betreiben. Ich rate aber angesichts der neuen Regelungen dazu, sich frühzeitig anwaltlicher Hilfe zu bedienen. Ein im Sozialrecht erfahrener Rechtsanwalt kann Sie vom Widerspruchs- über das Klage- bis hin zum Berufungsverfahren umfassend beraten und vertreten.