Abmahnfalle Widerrufsbelehrung

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KG Berlin, Beschluss v. 5.12.2006, Formulierung „Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung" im Internet oder bei Ebay sei irreführend

Das KG Berlin nimmt in seinem Beschluss vom 5.12.2006, Az. 5 W 295/06, an, dass die Formulierung in der Musterwiderrufsbelehrung „Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung" im Internet oder bei Ebay irreführend sei.

1. Widerrufsfrist beträgt einen Monat

Es wurde nochmals ausgeführt, dass die Widerrufsfrist bei Ebay einen Monat beträgt und nicht zwei Wochen.

Die Widerrufsfrist beträgt gemäß §§ 355 Abs. 1 Satz 2, 356 BGB nur dann zwei Wochen, wenn der Verbraucher vor Vertragsschluss in Textform auf das Widerrufsrecht hingewiesen und ihm eine ordnungsgemäße Belehrung übermittelt worden ist.

Die Belehrung über ein zweiwöchiges Widerrufsrecht auf einer Angebotsseite ist dem Verbraucher zwar schon vor Vertragsschluss zugänglich, jedoch ist sie keine Widerrufsbelehrung „in Textform", die dem Verbraucher „mitgeteilt" wird. Die Textform erfordert die Übermittlung per E-Mail, Telefax oder Brief (vgl. Paland/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 126b).

Bei der Auktionsplattform Ebay stehen die Käufer erst im Zeitpunkt des Vertragsschlusses fest, also nach Auktionsende. Daher kann diesen auch erst nach Vertragsschluss eine ordnungsgemäße Belehrung per E-Mail, Telefax oder Brief übermittelt werden. Bei Erhalt der Widerrufsbelehrung nach Vertragsschluss beträgt die Widerrufsfrist gemäß §§ 355 Abs. 2 Satz 2, 356 BGB einen Monat (vgl. Kammergericht Berlin, Beschluss v. 18. Juli 2006, Az. 5 W 156/06; OLG Hamburg, Urteil v. 24. August 2006, Az. 3 U 103/06).

2. Formulierung "Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung" kann im Rahmen der Widerrufsbelehrung im Ebay-Angebot selbst nicht verwendet werden

Das KG Berlin nimmt an, dass die Formulierung: "Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung" in einem Online-Angebot selbst nicht klar und verständlich sei, da die Frist frühestens dann beginnt, wenn die Widerrufsbelehrung in Textform beim Verbraucher vorliegt.

In den Ausführungen heiß es wie folgt:

2. Mit Recht beanstandet der Antragsteller des Weiteren den Inhalt der in Rede stehenden Belehrung des Antragsgegners, soweit es dort heißt, die Frist (zum Widerruf) beginne frühestens mit Erhalt dieser Belehrung, und greift auch in diesem Punkt den zurückweisenden Beschluss des Landgerichts mit Erfolg an.

a) Die genannte Formulierung ist als Information über die Bedingungen der Ausübung des Widerrufs für den Verbraucher ebenfalls entgegen § 312c Abs. 1 Satz 1 BGB, Art. 240 EGBGB, § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoVO nicht klar und verständlich. Anknüpfungspunkt für den Fristbeginn ist in erster Linie gemäß § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB die Mitteilung der Widerrufsbelehrung in Textform (weitere Anknüpfungspunkte finden sich in § 312d Abs. 2 BGB). Eine Widerrufsbelehrung in Textform ist - wie ausgeführt - mit der ins Internet gestellten Widerrufsbelehrung des Antragsgegners noch nicht erfolgt. Mit Erhalt "dieser" Belehrung beginnt die Frist also (gemäß § 312d Abs. 2 BGB) nicht zu laufen. Bezogen auf den Erhalt der Widerrufsbelehrung als Mindestvoraussetzung zur Fristauslösung muss richtigerweise dort also angeführt werden, dass die Frist frühestens mit Erhalt einer in Textform noch gesondert mitzuteilenden Widerrufsbelehrung zu laufen beginnt.

Das KG Berlin geht davon aus, dass somit bei der Belehrung über den Widerruf im Internetauftritt angeführt werden muss, dass die Frist frühestens mit Erhalt einer in Textform noch gesondert mitzuteilenden Widerrufsbelehrung zu laufen beginnt.

Die Rechtslage zu dieser Frage wird von den Gerichten uneinheitlich beantwortet und ist damit völlig unklar. Nach der Rechtsansicht des Kammergerichtes Berlin soll es in der Belehrung im Internetauftritt selbst statt der Formulierung:

"Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung."

ausschließlich im Internet lauten:

"Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt einer in Textform noch gesondert mitzuteilenden Widerrufsbelehrung."

Klarstellung:

Immer wieder kommt es dabei – verständlicherweise – zu Verwirrungen. Dies liegt daran, dass nicht zwischen der im Internet vorgenommenen Belehrung und der nach Vertragsschluss versandten Belehrung unterschieden wird.

Nehmen Sie also die oben genannten Änderungen vor, so beachten Sie, dass sich diese Änderungen ausschließlich auf die Information im Internetauftritt selbst beziehen. Achten Sie darauf entsprechende Belehrungen, wie in AGB`S, ebenfalls abzuändern!

Die Belehrung, die nach Vertragsschluss versandt oder ausgedruckt der Ware beigefügt wird, bleibt im Übrigen unverändert. Würden Sie hier auch das Belehrungsmuster mit der Änderung verwenden, so hätte dies zur Folge, dass der Kunde auf Grund der Formulierung auf den weiteren Erhalt einer in Textform noch gesondert mitzuteilenden Widerrufsbelehrung wartet, obwohl er die Belehrung bereits in Textform erhalten hat.

Fazit:

Auch diese Entscheidung des Kammergerichts Berlin verdeutlicht wieder einmal mehr, dass der Gesetzgeber dringend gefragt ist, in diesem Bereich Rechtssicherheit zu schaffen.


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Hinweis: Seminar „Risiken für gewerbliche Verkäufer im Onlinehandel" am 19.3.2007
Mehr unter: www.ragerstel.de

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Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Andreas Gerstel, Weststr. 47a, 59174 Kamen, E-Mail: ragerstel@t-online.de, Internet: www.ragerstel.de, Tel: 02307 - 362932

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