Erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigung durch Lärm während der Nicht-Ruhezeiten

19. Juli 2017 Thema abonnieren
 Von 
Vertragnix
Status:
Frischling
(3 Beiträge, 0x hilfreich)
Erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigung durch Lärm während der Nicht-Ruhezeiten

Hallo,
in der Rechtsprechung ist davon die Rede, dass bei Beurteilung von Lärmbelästigungen von einer durchschnittlich empfindlichen Person auszugehen ist.
Hierzu zwei Anmerkungen:
1. Dies bedeutet ja, dass 50% der Bevölkerung (also die über'm Durchschnitt) beeinträchtig werden dürfen. Ich frage mich, ob solch ein Maßstab überhaupt zulässig ist. Müsste man rechtlich sich nicht eher tendenziell am Schwächsten orientieren, als am Durchschnitt? Die gesamte Rechtsprechung ist doch sonst auch immer darauf aus (Minderheitenschutz, Opferschutz, Antidiskriminierung etc.) Also mindestens einen Menschen zum Maßstab nehmen, der z.B. 25% über dem Durchschnitt liegt, als Maßstab bei der Lärmbeeinträchtigung.
2. Sind Urteile bekannt, nach denen auch außerhalb der gesetzlichen Ruhezeiten erhebliche Rücksicht auf Mitmenschen genommen werden musste, bspw. aufgrund schwerer Krankheit? Es gibt schwerwiegende chronische Krankheiten, bei denen man kaum Schlaf findet innerhalb der Nachtruhezeiten und darauf angewiesen ist, auch tagsüber oder Vormittags Schlaf nachzuholen. Kann hier eine Lärmbelästigung, die eigentlich erlaubt wäre (Nichtruhezeit) dauerhaft untersagt werden aufgrund der erheblichen Gesundheitsgefährung? Gibt es hier Urteile?
Insbesondere beziehe ich mich auf ein Hundehalteverbot, sofern der Hund in der betreffenden notwendigen Zeit (vormittags) allein gelassen wird und in einer Weise kläfft, dass Schlaf nicht mehr möglich ist (z.B. jede Stunde 1 Minute laut bellen, was einen aus dem Schlaf reißt und Einschlafen oft nicht mehr möglich ist, bzw. er sofort wieder kurz bellt, sobald man einschläft). D.h. die die Regeln, die vom OLG Hamm (?) aufgestellt wurden während der Nichtruhezeit werden durchaus eingehalten (weniger als je 10 Minuten/weniger als 30 Minuten insgesamt)), das Hundegebell genügt aber dennoch, um 3x pro Woche Schlaf, der krankheitsbedingt dringend notwendig ist, vormittags zu verunmöglichen. (Ohrstöpsel sind im Einsatz helfen nicht, da Gebell zu laut.).
Danke für Meinungen.


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10 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
0815Frager
Status:
Master
(4953 Beiträge, 2376x hilfreich)

Zitat (von Vertragnix):
Kann hier eine Lärmbelästigung, die eigentlich erlaubt wäre (Nichtruhezeit) dauerhaft untersagt werden aufgrund der erheblichen Gesundheitsgefährung? Gibt es hier Urteile?

Die Grenzwerte stehen in der TA Lärm, und positive Urteile welche auf das Befinden einen Einzelnen gehen wird man kaum finden.
Zitat (von Vertragnix):
Ohrstöpsel sind im Einsatz helfen nicht, da Gebell zu laut

Wie wäre es mit einem Lärmschutzfenster fürs Schlafzimmer?
Zitat (von Vertragnix):
Dies bedeutet ja, dass 50% der Bevölkerung (also die über'm Durchschnitt) beeinträchtig werden dürfen.

Also das ist ein wenig verquirlt, den auf der anderen Seite haben alle auch das Recht auf notwendige Arbeiten oder eben Freizeitgestaltung. Würde man darauf Bezug nehmen, würden wohl immer gefühlt 1 Person sein, welche sich beschweren würde, und es wäre selbst im Eigenheim gar nichts mehr machbar.

Zitat (von Vertragnix):
der krankheitsbedingt dringend notwendig ist, vormittags zu verunmöglichen

Da wäre wohl der Aufenthalt in einer stationären Einrichtung wo alle Dinge vorhanden sind, die beste Wahl. Man sollte mal mit seinem Arzt sprechen.

1x Hilfreiche Antwort

#2
 Von 
wirdwerden
Status:
Unbeschreiblich
(38340 Beiträge, 13980x hilfreich)

Gesetzgeber bzw. Gerichte sind in der Richtung gehalten, einen Interessenausgleich zwischen allen Betroffenen zu erzielen. Diesem Interessenausgleich wird durch die Ruhezeiten Rechnung getragen. Man muss in den Zeiträumen xy eben Rücksicht nehmen, und sich selbst beschränken, einschränken. Auch wenn man dieses als Einschränkung der eigenen Persönlichkeitsrechte empfindet. Damit ist der faire Ausgleich zwischen den beiden Interessengruppen geschaffen. Der Gruppe, die Ruhe braucht und der Gruppe, die sich geräuschvoll entfalten will. Womit die Antwort gegeben ist. Die Persönlichkeitsrechte der anderen Bewohner des Hauses sind für die Ruhezeiten eingeschränkt, die des Fragestellers für die Nicht-Ruhezeiten.

Wie soll es sonst funktionieren? Der eine Kranke oder Schichtarbeiter kann nur vormittags schlafen, der andere nur nachmittags, der dritte muss nächtens laut Musik hören für sein psychisches Wohlergehen. Geht doch gar nicht.

wirdwerden

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#3
 Von 
Vertragnix
Status:
Frischling
(3 Beiträge, 0x hilfreich)

Hallo, das war ein guter Hinweis mit den Lärmschutzfenstern. Diese bringen hier zwar nichts, weil der Lärm von unten kommt. Aber evtl. könnte man (auch unter Verweis auf meine Gesundheit) erreichen, dass der Vermieter (ggf. finanziell von mir selbst zu tragende) bauliche Maßnahmen zum Schallschutz zwischen mir und der unteren Wohnung im Schlafzimmerbereich zu dulden hat.

Darüber würde sich der Vermieter natürlich wahrscheinlich sogar schlicht freuen, ist ja geschenktes Geld. -- Der Druck würde eher dadurch aufgebaut, dass es den Nachbarn unangenehm werden könnte, wenn wegen ihnen so ein Theater veranstaltet wird, sodass sie sich ggf. mehr bemühen.

0x Hilfreiche Antwort


#5
 Von 
-Laie-
Status:
Weiser
(16918 Beiträge, 5884x hilfreich)

Zitat (von Vertragnix):
das Hundegebell genügt aber dennoch, um 3x pro Woche Schlaf, der krankheitsbedingt dringend notwendig ist, vormittags zu verunmöglichen.
Das tut mir leid für dich, aber du musst einfach damit leben, dass sich die Welt nicht um dich dreht. Wenn du also mit einer völlig normalen Situation nicht klarkommst, dann solltest du an einen Umzug denken.

Signatur:

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#6
 Von 
Vertragnix
Status:
Frischling
(3 Beiträge, 0x hilfreich)

OK, das stimmt. Aber der Median und das arithmetische Mittel sind aber bei der Normalverteilung, von der ich hier ausgegangen bin, identisch. Ich glaube, wenn man landläufig vom "Durchschnitt" spricht, dann meint man oft (unwissenschaftlich) so eine Art Mittelwert (vielleicht gewichtet) aus Median und arithmetischem Mittel. Ist jedenfalls mein Eindruck...

-- Editiert von Vertragnix am 19.07.2017 14:09

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#8
 Von 
fb367463-2
Status:
Schlichter
(7422 Beiträge, 3088x hilfreich)

Zitat:
Die gesamte Rechtsprechung ist doch sonst auch immer darauf aus (Minderheitenschutz, Opferschutz, Antidiskriminierung etc.)


Wo haben Sie denn das Märchen her? Die Täter werden hier geschützt, die Minderheiten in den Arsch getreten und Opfer im besten Fall einfach nur hängen gelassen. Antidiskriminierung.... Soso. Schönes Wort, aber keine Realität.

Wenn man nicht schlafen kann, weil rings um einen her das Leben nun mal gelebt wird und weitergeht, wenns einem selbst schlecht geht, macht einen aber noch nicht zum "Opfer".

Ich dachte auch ganz spontan an das sogenannte Residenzwohnen, dort sind solche Belästigungen eher ausgeschlossen, weil die Bewohner alle entweder jenseits von Lärm und Getöse sind oder - wer es sich finanziell leisten kann in eine der wirklich guten Residenzen zu ziehen, intellektuell in der Lage ist, das Zusammenleben relativ stressfrei zu gestalten.

Signatur:

"Valar Morghulis"

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#9
 Von 
wirdwerden
Status:
Unbeschreiblich
(38340 Beiträge, 13980x hilfreich)

Ich vermisse immer noch die Auseinandersetzung damit, wie weit ein normal lebender Bürger sich eigentlich beeinträchtigen lassen muss von Hypersensiblen. Der eine kann dann nur vormittags schlafen, der andere nur nachmittags u.s.w. Wann darf man dann leben? Richtig, gar nicht, denn es gibt auch noch Leute, die nächtens ihre Ruhe brauchen.

Juristisch ist es doch einfach. Es ist ein Interessenausgleich zu schaffen, die Persönlichkeitsrechte sind nur soweit einzuschränken, wie es vertretbar ist. Und was eine Störung ist, dieser unbestimmte Rechtsbegriff ist auszufüllen. Wird getan durch die örtlichen Satzungen, Regelungen. Und damit ist doch alles klar. In gewissen Zeitabschnitten muss der Hypersensible zurückstecken, in andere Zeitabschnitten die anderen. Damit haben wir den Interessenausgleich. Nur, niemand kann sich eben individuell seine Zeitabschnitte aussuchen. Dagegen spricht schon der unbest. Rechtsbegriff per se. Es sei denn, man hat vertragliche Regelungen. Wird ein Mieter in der Regel aber nicht haben.

wirdwerden

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#10
 Von 
quiddje
Status:
Master
(4242 Beiträge, 2420x hilfreich)

Nach meinem Verständnis ist hier kein mathematischen Durchschnitt oder Median gemeint, sondern ein umgangssprachlich durchschnittlicher Mensch ohne besondere Eigenschaften, Einschränkungen oder Ansprüche.
Damit ist dann nämlich klar, dass in Kauf genommen wird, dass für Personen mit besonderen Ansprüchen diese Vorschriften unzureichend sein können.
Wer besondere Ansprüche hat, muss sich im Allgemeinen selbst um die Befriedigung derselben bemühen. Wenn diese Ansprüche für die Gesundheit unumgänglich sind und selbst nicht erlangt werden können, hilft der Sozialstaat. Also: umziehen, Wohnung mit Zustimmung des Vermieters ( die der nach Vorlage entsprechender Gutachten erteilen MUSS) auf eigene Kosten umbauen oder in eine entsprechende Klinik einweisen lassen.

Im letzten Fall wird die Klinik vermutlich mit schlafregulierenden Medikamenten arbeiten. Vielleicht erst Mal so anfangen? Ist aber unabhängig von der Fragestellung nur so ne Idee...

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