Fitnessstudio-Vertrag - Änderung der Rspr.

22. März 2017 Thema abonnieren
 Von 
Morcheeba
Status:
Lehrling
(1421 Beiträge, 182x hilfreich)
Fitnessstudio-Vertrag - Änderung der Rspr.

Hallo,

eine Studentin schloss einen Vertrag in einem Fitnessstudio über 3 Jahre, weil ein längerfristiger Vertrag kostengünstiger war als z.B. ein 1-Jahres-Vertrag.

Zu dem Zeitpunkt war die Rspr. so, dass bei einem Umzug die Kündigung des Vertrags möglich war.

Nach 1,5 Jahren wechselte die Studentin wegen eines ersten Jobs nach Studienende die Stadt. Die Entfernung zum vorherigen Wohnort beträgt rd. 100 km.

Sie kündigte den Vertrag wegen Umzugs. Das Studio beruft sich nun auf die neue BGH-Rspr., die bei Umzug keine Kündigung mehr zulässt.

Das Studio fordert nun noch 1.260 Euro für 18 Monate Vertrag ein.

Die Studentin schloss den Vertrag damals aber unter anderen Voraussetzungen und hätte sich in ihrer unsicheren Situation, in der sich Studenten oft befinden, nicht 3 Jahre gebunden, hätte sie gewusst, dass sie bei einem Umzug nicht aus dem Vertrag heraus kommt.

Ist es rechtens, dass sich das Studio bei Altverträgen auf die zwischenzeitlich vorliegende BGH-Rspr. bezieht?

Persönlich kenne ich Verträge, die sogar bis zu 10 Jahre abgeschlossen wurden. Über 5 Jahre hatte ich selbst schon einen Vertrag. Damals war klar, bei Umzug kommt man da raus.....Kein vernünftiger Mensch würde doch sonst längerfristige Studio-Verträge abschließen.

Gruß,
Morcheeba

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10 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(119644 Beiträge, 39758x hilfreich)

Zitat (von Morcheeba):
Die Studentin schloss den Vertrag damals aber unter anderen Voraussetzungen

Eine Eigenschaft von derartigen Voraussetzungen ist ja, das diese sich ändern können.


Man hätte dies damals vertraglich vereinbaren können, das man früher rauskommt. Dann wäre das auch heute noch gültig.



Zitat (von Morcheeba):
Ist es rechtens, dass sich das Studio bei Altverträgen auf die zwischenzeitlich vorliegende BGH-Rspr. bezieht?

Ja, ist es.
Deshalb gibt es ja die Institution "BGH" als höchste Instanz. Als Richlinie wie die Gesetze aktuell auszulegen sind.



Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

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#2
 Von 
hiphappy
Status:
Junior-Partner
(5540 Beiträge, 2498x hilfreich)

Das Studio bezieht sich nicht auf die Rechtssprechung, sondern auf den abgeschlossenen Vertrag.
In dem Vertrag ist die vorzeitige Kündigung wegen Umzug eben nicht vorgesehen (man hätte ja durchaus einen mit einer entsprechenden Vereinbarung abschließen können).

Es läuft doch am Ende ohnehin auf eine Klage hinaus. Studentin zahlt nicht, Studio klagt den Restbetrag ein.
Die BGH-Rechtssprechung gibt halt nur eine Tendenz vor.

Vor einigen Jahren wäre das Kostenrisiko für die Studentin sehr gering gewesen, jetzt ist es eben sehr hoch.
Heißt vor einigen Jahren hätte sie einen solchen Prozess vermutlich gewonnen, jetzt wird sie ihn vermutlich verlieren.
Sie kann aber gerne durch alle Instanzen gehen, vielleicht ändert der BGH ja seine Meinung wieder (unwahrscheinlich).

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#4
 Von 
Morcheeba
Status:
Lehrling
(1421 Beiträge, 182x hilfreich)

Hallo,

danke.
Natürlich hat sich die Studentin damals erkundigt, wie es bei einem Umzug über eine weitere Entfernung ist und war nicht so blauäugig, uninformiert einen Vertrag zu unterzeichnen. Die Rspr. schien damals über sehr lange Zeit konstant zu sein, so dass bei einem Umzug über eine so weite Entfernung jedenfalls die außerordentliche Kündigung möglich war.
Gerade in eine Studentenstadt, hier eine der größten Deutschlands, schließen zahlreiche Studenten Verträge ab und dann ändert sich etwas: Studientortwechsel, jobbedingter Umzug, Auslandsjahr, Studienabbruch......
Danke für den Tipp mit den 24 Monaten.
In der neuen Stadt wurde ein neuer Vertrag abgeschlossen, um weiter trainieren zu können. Eine Doppelzahlung sprengt die Möglichkeiten.

Gruß,
Morcheeba

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#5
 Von 
hiphappy
Status:
Junior-Partner
(5540 Beiträge, 2498x hilfreich)

Zitat (von Morcheeba):
Natürlich hat sich die Studentin damals erkundigt, wie es bei einem Umzug über eine weitere Entfernung ist und war nicht so blauäugig, uninformiert einen Vertrag zu unterzeichnen.


Beim Vertragspartner? Und wie war die Antwort?

Zitat (von Morcheeba):
In der neuen Stadt wurde ein neuer Vertrag abgeschlossen, um weiter trainieren zu können. Eine Doppelzahlung sprengt die Möglichkeiten.


Das nennt man dann Betrug, wenn man einen Vertrag eingeht, in dem Wissen, dass man ihn nicht bezahlen kann.

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#6
 Von 
lesen-denken-handeln
Status:
Richter
(8512 Beiträge, 4060x hilfreich)

Hallo,

vielleicht ist es ja so, dass der BGH gerade so Leute wie die Studentin JETZT mit seiner Leitlinie besser schützt!

Zitat:
eine Studentin schloss einen Vertrag in einem Fitnessstudio über 3 Jahre, weil ein längerfristiger Vertrag kostengünstiger war als z.B. ein 1-Jahres-Vertrag.

Zu dem Zeitpunkt war die Rspr. so, dass bei einem Umzug die Kündigung des Vertrags möglich war.
Ein Schelm, wer da jetzt böses denkt!

Ich könnte mir gut denken, dass der BGH mit seiner jetzigen Leitlinie die Leute entkriminalisieren will. Wenn man einenen 3 Jahresvertrag eingeht, weil dieser günstiger ist, aber sich eigentlich schon klar ist, diesen nicht so lange durchziehen zu wollen, dann ist das in meinen Augen Betrug zum Nachteil des Vertragspartners. (Konnte man den Leuten nur nie nachweisen).

Es hatte ja damals auch die kürtzere Option gegeben, man ist das Risiko eingegangen und hat halt jetzt mal "verloren"...

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#7
 Von 
Morcheeba
Status:
Lehrling
(1421 Beiträge, 182x hilfreich)

Wieso Betrug?
Es ist doch völlig unklar, wie lange genau ein Studium geht, ob man dann in der gewünschten Stadt einen Job bekommt, oder dafür wegziehen muss und falls ja, wie weit. Es ist ein Ballungsgebiet. Die Wahrscheinlichkeit war extrem groß, in der Region eine Anstellung zu finden. Hier von Betrug auszugehen, wenn sich theoretisch die Wohnverhältnisse ändern können, na, dann gäbe es aber viele potentielle Betrüger. Andere ziehen der Liebe wegen um, konnten auch zwei Jahre vorher nicht wissen, dass sie einen Partner 200 km entfernt kennen lernen, bei den nächsten werden die Eltern hilfebedürftig und es wird zurück ins Elternhaus gezogen.......

Die Studentin hat eine Kündigung per Einschreiben an das alte Fitnessstudio geschickt. Es wurde dann keine Betrag mehr eingezogen. Einige Monate später schloss sie in der neuen Stadt einen Vertrag ab. Etwa ein Jahr später meldete sich das erste Studio, sie sei in der Zahlungspflicht, denn die Rspr. habe sich geändert.

Meine Meinung dazu: Das Studio hat die Kündigung akzeptiert und deshalb auch nichts mehr eingezogen. Dann haben die dort irgendwann spitz gekriegt, dass sich der BGH nun in der bekannten Weise positioniert und alle Kunden, die gekündigt haben, wieder angeschrieben.

So wie ich es gehört habe, ist es ein Studio in Uninähe mit einem sehr hohen Studentenanteil und entsprechend vielen Kündigungen wegen Umzugs.

Selbst gehe ich seit 20 Jahren in Studios und ging bisher selbst längere Verträge nicht nur ein, weil sie natürlich günstiger sind, sondern weil ich auch vorhabe, langfristig an einem Ort zu bleiben und ein neuer Vertrag auch die Gefahr birgt, dass sich die Konditionen verschlechtern könnten. Daher band ich mich bisher lieber länger und wusste dann, was ich habe.

Es war bereits der 2. 3-Jahresvertrag der Studentin dort, also ein Anschlussvertrag, da sie dort eben auch bleiben wollte. Ihr Lebenspartner lebt auch in der Stadt und sie ist nun notgedrungen weg, um arbeiten zu können.

Ich kann den BGH da absolut nicht verstehen, da der Kunde eben die Leistung definitiv nicht mehr in Anspruch nehmen kann.

Trotz meiner stabilen Lebenssituation habe ich selbst nun nur noch für ein Jahr verlängert. Bei 80 Euro/Monat ist es einfach zu teuer, noch ewig weiterzuzahlen, wenn man schon in einem anderen Studio ist. Man möchte ja weiter trainieren.


1x Hilfreiche Antwort

#8
 Von 
lesen-denken-handeln
Status:
Richter
(8512 Beiträge, 4060x hilfreich)

Zitat:
Andere ziehen der Liebe wegen um, konnten auch zwei Jahre vorher nicht wissen, dass sie einen Partner 200 km entfernt kennen lernen, bei den nächsten werden die Eltern hilfebedürftig und es wird zurück ins Elternhaus gezogen
Das ist schon etwas anderes wie bei den Studenten.
Bei studierenden ist es nunmal nicht sicher, wohin der Weg führt. Die von dir genannten anderen Beispiele sind jedoch nicht vorhersehbare Beispiele.

Zitat:
Ich kann den BGH da absolut nicht verstehen, da der Kunde eben die Leistung definitiv nicht mehr in Anspruch nehmen kann.
Das sehe ich anderst! Können könnte man schon, man will wohl eher nicht (verständlich bei der Entfernung)

Nur wieso soll ein Vertragspartner der dir die Trainingsräumlichkeiten zur verfügung stellt dann das Risiko tragen, dass DU wegziehst? Dir wurde der Vertrag ja bestimt nicht aufgedrängt oder?

0x Hilfreiche Antwort

#9
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(119644 Beiträge, 39758x hilfreich)

Zitat (von Morcheeba):
Ich kann den BGH da absolut nicht verstehen, da der Kunde eben die Leistung definitiv nicht mehr in Anspruch nehmen kann.

Ja, aber das hat er ja selbst verschuldet.
Warum soll das der Betreiber des Studios bzw. dessen Kunden die für die verfehlte Vertragplanung nicht können die ganzen Kosten tragen?


Pacta sunt servanda (Verträge sind einzuhalten)
Dieses alte römische Rechtsprizip hat es bis in unsere moderne Gesetzgebung und Rechtssprechung geschafft.
Der BGH hat einfach wieder zum ursprünglichen Prinzip des BGB zurückgefunden und das tragen der Risiken demjenigen auferlegt der sie bewusst eingegangen ist.


Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

0x Hilfreiche Antwort

#10
 Von 
fb367463-2
Status:
Schlichter
(7422 Beiträge, 3090x hilfreich)

Liebe, Arbeitsplätze, Eltern die der Pflege bedürfen - alles Dinge, die in der persönlichen Risikosphäre liegen. Oder man unterschreibt nur noch bei großen Ketten, die überall ihre Studios haben.

Fragen Sie doch mal nett nach, ob der Vertrag übertragbar ist, vielleicht findet sich jemand, der ihn bis zum Schluss erfüllen mag.

Signatur:

"Valar Morghulis"

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