Frage Formulierung Hauptanspruch

19. November 2015 Thema abonnieren
 Von 
Amelie94
Status:
Frischling
(4 Beiträge, 3x hilfreich)
Frage Formulierung Hauptanspruch

Hallo! :)

Ich habe eine Frage zur Formulierung eines Hauptanspruchs:


"1. Die Erfindung richtet sich auf eine Vorrichtung zur Lagerung eines Transportbehältnisses, von dessen begrenzenden Bauteilen mindestens eines durch Vibrationen zu Körperschall anregbar ist, welcher sich zu sekundärem Luftschall fortpflanzt, auf A, dadurch gekennzeichnet, dass diese Lagerung eine Dämpfungseinrichtung beinhaltet, welche die Übertragung von Vibrationen von A auf das Transportbehältnis so reduziert, dass die Entstehung von Körperschall in den das Transportbehältnis begrenzenden Bauteilen und damit der durch diesen Körperschall erzeugte sekundäre Luftschall wirksam reduziert wird."

So sieht es derzeit aus. Es handelt sich um ein relativ wenig verbreitetes Gerät, und die Ursache dafür wird in eben diesem störenden Geräusch gesehen. Aus dieser Erkenntnis resultiert der Erfindungsgedanke. Nun verhält es sich aber so, dass es sehr wahrscheinlich ist, dass das Transportbehältnis schon mal auf einem normalem Stück Gummi gelagert wurde, dass ja ebenso einen dämpfenden Effekt aufweist, bloß halt in einem viel zu geringem Maße (bei der Erfindung erfolgt die Lagerung auf Polyurethan-Elastomeren). Die Frage ist, ob und wie man den Erfindungsgedanken der WIRKSAM körperschalldämpfenden Lagerung im Hauptanspruch formulieren kann, ohne das Mittel nennen zu müssen, da dies zur Folge hätte, dass man zusätzlich noch zig Nebenansprüche mit anderen Möglichkeiten zur Dämpfung formulieren müsste. Wahrscheinlich geht das gar nicht, oder? Was meint ihr?

Bin gespannt!

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8 Antworten
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#1
 Von 
JenAn
Status:
Student
(2517 Beiträge, 2552x hilfreich)

Zitat:
Nun verhält es sich aber so, dass es sehr wahrscheinlich ist, dass das Transportbehältnis schon mal auf einem normalem Stück Gummi gelagert wurde, dass ja ebenso einen dämpfenden Effekt aufweist


Genau das dachte ich bei der Beschreibung auch - "das ist doch bloß die Beschreibung der Verwendung von Dämm-Material".

Zitat:
bei der Erfindung erfolgt die Lagerung auf Polyurethan-Elastomeren


In wieweit wäre das denn für jemanden, der skilled in the art ist (also ein Fachmann in dem Bereich), *nicht* naheliegend?

Zitat:
ob und wie man den Erfindungsgedanken der WIRKSAM körperschalldämpfenden Lagerung


Du kannst nun mal keine Probleme patentieren ("eine wirksame Dämpfung"), sondern nur Lösungen ("Dämpfung durch dreifach verschnatzte Kimmelklöppelung gegen ein rotierendes Fnarg"). Wenn es eine wirksam dämpfende Lagerung ist, dann mußt du sie beschreiben. Wenn die Wirksamkeit im wesentlichen nur an dem verwendeten Material hängt (weil es mit Holz oder Beton nicht klappen würde), dann muß es in die Beschreibung.
Wenn es mit mehr als einem Material klappt, brauchst du entsprechend viele Nebenansprüche. Das ist aber auch normal bei Patentschriften.

2x Hilfreiche Antwort

#2
 Von 
Amelie94
Status:
Frischling
(4 Beiträge, 3x hilfreich)

Danke für deine ausführliche Antwort.

""Dämpfung durch dreifach verschnatzte Kimmelklöppelung gegen ein rotierendes Fnarg"" :'D Sehr gut! :)

Das Ding ist, dass das Problem bisher noch von niemandem als ursächlich für die geringe Verbreitung der ansonsten sehr vorteilhaften Bauform des Produktes erachtet wurde und darum bisher von niemandem dessen Lösung angestrebt wurde. Wie die Dämpfung verwirklicht wird - da hast du absolut Recht - ist nahe liegend. Das Besondere ist nur die Anwendung auf speziell diese Bauform des Produktes. Der Erfindungsgedanke ist die dämpfende Lagerung, das ist die Lösung, nicht das Problem.

§ 9 Abs. 4 Patentverordnung sagt:
"Nicht notwendige Lösungsmerkmale sind möglichst nicht
in den Hauptanspruch aufzunehmen, d.h. die Umschrei-
bung sollte mit möglichst wenigen Merkmalen erfolgen.
Eine konkrete Umschreibung anhand der verwirklichten
Ausführung birgt immer die Gefahr einer zu weitgehen-
den Einengung des Schutzbereichs in sich. Eine Grenze
für Verallgemeinerungen wird dadurch gezogen, dass die
geschützte Lehre eindeutig identifizierbar sein muss.
Der Hauptanspruch muss den Erfindungsgedanken in
seiner Gesamttragweite erfassen."

Richtlinien für die Prüfung von Patentanmeldungen 3.3.3.6. sagt:

"Nach § 14 PatG ist der Inhalt der Patentansprüche für
den Schutzbereich des Patents maßgebend. Ein nur in
der Beschreibung dargestellter Erfindungsbereich, der
nicht hinreichend deutlich in einen Patentanspruch einbe-
zogen ist, ist nicht unter Schutz gestellt (BGH in GRUR
1987, 626 - Rundfunkübertragungssystem -). Der Erfin-
dungsgedanke sollte daher so abstrakt beschrieben wer-
den, dass sämtliche denkbaren Ausführungen von ihm
umfasst werden. Grenzen sind hier jedoch die ursprüngli-
che Offenbarung und der Stand der Technik.
Nicht notwendige Lösungsmerkmale sind möglichst nicht
in den Hauptanspruch aufzunehmen, d.h. die Umschrei-
bung sollte mit möglichst wenigen Merkmalen erfolgen.
Eine konkrete Umschreibung anhand der verwirklichten
Ausführung birgt immer die Gefahr einer zu weitgehen-
den Einengung des Schutzbereichs in sich. Eine Grenze
für Verallgemeinerungen wird dadurch gezogen, dass die
geschützte Lehre eindeutig identifizierbar sein muss.
Der Hauptanspruch muss den Erfindungsgedanken in
seiner Gesamttragweite erfassen.
"

Eigentlich alles klar und tutti, nirgends steht, dass das Mittel genannt werden muss. Wenn halt bloß das blöde Stück Gummi nicht wäre, das ist der Knackpunkt. Darum steht im Hauptanspruch "wirksam", aber damit dürfte das kaum *wirksam' abgegrenzt sein. Ich dreh mich hier im Kreis, ich werde vermutlich tatsächlich zig Nebenansprüche "hydraulisch", "pneumatisch" und sonstwie dämpfend anfügen müssen... aber genau genommen ist das auch nicht der Weisheit letzter Schluss, weil dann ein Stück Gummi - dick und weich genug - immer noch eine Umgehung ermöglichen würde. Verhext, oder? :(

-- Editiert von Amelie94 am 19.11.2015 15:58

1x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
JenAn
Status:
Student
(2517 Beiträge, 2552x hilfreich)

Zitat:
Das Besondere ist nur die Anwendung auf speziell diese Bauform des Produktes.


Dann habe ich per se große Zweifel, ob das patentierbar ist.

Mal dumm gesagt, wenn nur deswegen noch niemand Schmirgelpapier zum Einwickeln von Fischen verwendet hat, weil das den Fisch beschädigen würde, dann hat "machen wir doch eine Schutzfolie dazwischen" keine erfinderische Schöpfungshöhe. Aber so überhaupt gar keine, nicht mal im Ansatz.

Zitat:
Eine konkrete Umschreibung anhand der verwirklichten Ausführung birgt immer die Gefahr einer zu weitgehenden Einengung des Schutzbereichs in sich.


Damit ist gemeint, man soll z.B. einen besonders cleveren Eierschneider nicht als "mit Griff aus weißem Plastik" beschreiben, weil weder Farbe noch Material eine Auswirkung auf die Erfindung an sich hat.
Das bedeutet aber nicht, daß deswegen "Anbringung eines dämpfenden Materials in einem Container" in dieser Abstraktheit eine patentierbare Erfindung ist.

Zitat:
Der Erfindungsgedanke sollte daher so abstrakt beschrieben werden, dass sämtliche denkbaren Ausführungen von ihm umfasst werden.


Das ist zwar grundsätzlich richtig. Ich kann aber deswegen keinen Teleporter patentieren, indem ich nur sage "Ein Gerät, mit dem man Personen und Gegenstände von A nach B teleportiert", ohne auch nur im entferntesten anzugeben, wie die Teleportation selbst funktioniert. Dann hätte ich nur die Beschreibung des Problems patentiert und nicht die Lösung.
Bei ABS ist ja auch eine konkrete Art, ein Blockieren der Räder beim Bremsen zu verhindern, patentiert und nicht "Vorrichtung zur Verhinderung des Blockierens von Rädern beim Bremsen".

Zitat:
Darum steht im Hauptanspruch "wirksam", aber damit dürfte das kaum *wirksam' abgegrenzt sein.


Das macht auch keinen Sinn. Genau so gut könnte ich "einen wirksamen Verschlüsselungsalgorithmus" patentieren, ohne anzugeben, wie er funktioniert. Das klappt nicht.

Zitat:
aber genau genommen ist das auch nicht der Weisheit letzter Schluss, weil dann ein Stück Gummi - dick und weich genug - immer noch eine Umgehung ermöglichen würde


Deswegen habe ich ja auch große Zweifel, ob das überhaupt patentierbar ist, was du da versuchst.
Da könnte sich die Beratung durch einen Patentanwalt lohnen.

Ein besonderes Dämm-Material ("in Form einer Doppelhelix verschränkte Butylen-Isomere 2. und 3. Ordnung in einem hexagonal angeordneten Schaum aus Ingwerharz") läßt sich vielleicht patentieren, oder eine besondere Art, eine effektivere Dämmung zu erreichen ("wie in Fig. 2 angebrachte spiralförmige Verstrebungen, die mit Dämm-Material gefüllt werden").
Bei dir klingt das aber sehr nach "eine Kiste mit Dämm-Material auskleiden", wo ist da die Neuheit?
Neuheit bedeutet nicht exakt "das hat noch nie einer so gemacht", sonst könnte ich mir auch weiß-lila Punkte auf Kondomen patentieren lassen.

-- Editiert von JenAn am 20.11.2015 12:31

2x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
Amelie94
Status:
Frischling
(4 Beiträge, 3x hilfreich)

Hey Jenan, danke für dein ausführliche Antwort. Ich bin immer noch unsicher, mein Bauch (vielleicht ein schlechter Ratgeber in diesem Fall) sperrt sich immer noch gegen die Einsicht, weil ich im Hauptanspruch halt doch einen Erfindungsgedanken mit entprechender Höhe formuliert sehe. Das würde vielleicht deutlicher, wenn ich den technischen Gegenstand hier benenne könnte. Ich werde den Anspruch 1 jetzt in der Form belassen und die Unteransprüche so formulieren, dass ich mich, wenn der Hauptanspruch im Prüfungsverfahren nicht durchgeht, immer noch auf diese zurück ziehen kann. Die Vorrichtung als solche ist übrigens bei weitem nicht so simpel. Spannende Kiste.
Also vielen Dank nochmal! :)
lg

1x Hilfreiche Antwort

#5
 Von 
JenAn
Status:
Student
(2517 Beiträge, 2552x hilfreich)

Viel Erfolg! :)

1x Hilfreiche Antwort

#6
 Von 
JogyB
Status:
Bachelor
(3155 Beiträge, 3146x hilfreich)

Zitat (von JenAn):
Da könnte sich die Beratung durch einen Patentanwalt lohnen.

Die lohnt sich immer, da man es als Laie kaum hinbekommt, dass
a) das geschützt ist, was man schützen wollte
und
b) das Patent auch erteilt wird

Ich bin bei uns im Unternehmen nun seit über 4 Jahren für das Patentwesen verantwortlich und ich würde nicht ansatzweise auf die Idee kommen, ein Patent ohne Patentanwalt einreichen zu wollen.

2x Hilfreiche Antwort

#7
 Von 
Amelie94
Status:
Frischling
(4 Beiträge, 3x hilfreich)

Ich würde derweil sagen, dass es auf das Patent ankommt. Die Sprache, die Fristen, die Form... das kann man sich tatsächlich erarbeiten. Ich habe mir da bloß halt was Schwieriges ausgedacht.

Ich habe während meiner Beschäftigung damit von Fachanwälten verfasste Patente gefunden, die mich dann froh werden ließen, dass ich mangels Geld gezwungen bin, das selber zu machen. Daneben bin ich motivierter und im Thema, was ich da eigentlich will.

Unterm Strich würde ich nicht mehr ansatzweise auf die Idee kommen, das blind an einen Patentanwalt abzugeben. ;)

1x Hilfreiche Antwort

#8
 Von 
JogyB
Status:
Bachelor
(3155 Beiträge, 3146x hilfreich)

Zitat (von Amelie94):
Ich würde derweil sagen, dass es auf das Patent ankommt.

Nö. Wenn ich an die Diskussionen mit dem Patentanwalt denke, bei denen es um die Interpretation von wenigen, teilweise einzelnen Worten ging, dann kann man quasi jedes Patent durch falsche Wortwahl verhunzen.

Zitat (von Amelie94):
Ich habe während meiner Beschäftigung damit von Fachanwälten verfasste Patente gefunden, die mich dann froh werden ließen, dass ich mangels Geld gezwungen bin, das selber zu machen.

Dass es auch schlechte Patentanwälte gibt, ist wohl nicht zu bestreiten. Nur ist hier auch die Frage, ob die Formulierungen wirklich schlecht waren oder ob Dir die Feinheiten nicht bewusst sind. Und da hilft auch kein Lesen von zig Patenten, da man von selbst nicht auf diese Feinheiten oder alternativen Interpretationsmöglichkeiten kommt.

Zitat (von Amelie94):
Daneben bin ich motivierter und im Thema, was ich da eigentlich will.

Nutzt Dir nur nichts, da Du es so formulieren musst, dass es patentrechtlich in Ordnung ist. Und das hat mit einer fachlichen Beschreibung nur sehr bedingt etwas zu tun.

Zitat (von Amelie94):
Unterm Strich würde ich nicht mehr ansatzweise auf die Idee kommen, das blind an einen Patentanwalt abzugeben.

Blind? Nein. Man braucht einen guten Patentanwalt. Da habe ich das Glück, dass die Kanzlei schon in der dritten Generation für meinen Arbeitgeber arbeitet.

1x Hilfreiche Antwort

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