Asukünfte bei früherem Arbeitgeber einholen

6. Juli 2011 Thema abonnieren
 Von 
Kullerkeks
Status:
Frischling
(10 Beiträge, 6x hilfreich)
Asukünfte bei früherem Arbeitgeber einholen

Hallo,
im Bewerbungsgespräch wurde ein Kollegen nicht auf die Möglichkeit aufmerksam gemacht, dass die Personalabtelung bei seinem noch aktuellen Arbeitgeber Einkünfte über ihn einholt. Sein Noch-Arbeitgeber weiß nichts von seinem Bewerbungsprozess und er ist dort allerdings auch noch seit Wochen krank. Er hat seinem potentiellen neuen Arbeitgeber aber nichts von seinem Krankenstand erzählt und auch in seiner Bewerbung nicht auf die vertrauliche Behandlung hingewiesen.
Ist es rechtens wenn die Personalabteilung beim Noch-Arbeitgeber nachfragt, benötigt sie nicht vorher seine Zustimmung?
Danke + Gruß
Kullerkeks

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2 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
HeHe
Status:
Richter
(8406 Beiträge, 3769x hilfreich)

Hier ein Praxistipp rund um das Thema Bewerbung und Arbeitsrecht, von Hans Gottlob Rühle, Direktor des Arbeitsgerichts Marburg:

Folge 3. Erkundigungen über den Bewerber/Arbeitnehmer
Jeder Arbeitgeber hat ein Interesse daran, vor einer Einstellung zu überprüfen, ob er den richtigen Bewerber gefunden hat. Deshalb gilt auch im Arbeitsverhältnis für beide Seiten zunächst einmal "drum prüfe, wer sich ewig bindet".

Der Fall:

Arbeitgeber Ronald Regen geht davon aus, daß generell alle Bewerber für ein Arbeitsverhältnis lügen, um die Stelle zu bekommen. Zumindest aber unterstellt er den Bewerbern, daß sie sich so schön reden, wie es irgend nur möglich ist. Eine normale Befragung ist für den Arbeitgeber Ronald Regen nicht ausreichend. Er überlegt deshalb, ob er die Arbeitnehmer zunächst einmal über eine Detektei überprüfen läßt, frühere Arbeitgeber befragt und ähnliches mehr.
Die Bewerber wissen das nicht. Darf Ronald Regen solche Maßnahmen ergreifen? Müssen sich die Bewerber das bieten lassen?

Die Lösung:

1. Informationsbedürfnis

Es ist zunächst einmal legitim, daß der Arbeitgeber Ronald ein vehementes Informationsinteresse über seine Bewerber hat. Es ist nichts dagegen einzuwenden, daß er versucht, den geeignetsten Bewerber zu finden.
Arbeitgeber Ronald muß allerdings seine Ermittlungen und Nachfragen im Rahmen der geltenden Gesetze halten. Er darf insbesondere nicht versuchen, rechtswidrig in die Intimsphäre eines Arbeitnehmers einzubrechen oder den Datenschutz zu verletzen.

2. Auskunft vom früheren Arbeitgeber

Der neue Arbeitgeber ist grundsätzlich berechtigt, bei früheren Arbeitgebern Auskünfte über einen Bewerber einzuholen. Ein solches Auskunftsrecht besteht allerdings dann nicht, wenn der Bewerber es dem zukünftigen Arbeitgeber untersagt hat, sich bei einem früheren oder bei dem derzeitigen Arbeitgeber zu erkundigen.
Ein solches Verbot empfiehlt sich insbesondere in einem bestehenden Arbeitsverhältnis. Wenn der derzeitige Arbeitgeber durch eine solche Nachfrage von einer Bewerbung erfährt, kann dies zu erheblichen Störungen im Arbeitsverhältnis führen.
Führt der neue Arbeitgeber trotz des Verbotes eine solche Umfrage durch, so kann er sich ggf. schadenersatzpflichtig machen. Dies gilt vor allem dann, wenn der Arbeitnehmer durch eine Nachfrage des Arbeitgebers Ronald Regen seinen aktuellen Arbeitsplatz verliert.
Der neue Arbeitgeber Ronald hat gegenüber einem früheren Arbeitgeber allerdings keinen Anspruch auf Auskunft. Zu den beiden Arbeitgebern besteht keine Vertragsbeziehung.
Sofern der Bewerber jedoch gut gearbeitet hat und einen guten Leumund hat, hat er ein eigenes Interesse daran, daß der frühere Arbeitgeber bei der Bewerbung eine positive Auskunft gegenüber dem neuen Arbeitgeber gibt. Die Rechtsprechung hat deshalb anerkannt, daß der alte Arbeitgeber im Rahmen einer "nachwirkenden Fürsorgepflicht" zu einer ordentlichen und wahrheitsgemäßen Auskunft verpflichtet ist, sofern der Arbeitnehmer dies wünscht. Der alte Arbeitgeber hat nämlich aus dem früheren Arbeitsverhältnis die Pflicht, an der beruflichen Weiterentwicklung seines früheren Arbeitnehmers in zumutbarer Weise mitzuhelfen.

3. Detektei

Grundsätzlich ist es bedenklich, über bestimmte Arbeitnehmer, die in die engere Auswahl gelangt sind, auch über eine Detektei Einkünfte einzuholen. Allerdings kann es auch kaum verhindert werden. Einfacher und billiger ist es allerdings, vom Arbeitnehmer ein polizeiliches Führungszeugnis zu verlangen, um bestimmte strafrechtliche Bereiche abzuprüfen. Ein polizeiliches Führungszeugnis darf jedoch nur dann verlangt werden, wenn der Arbeitnehmer in einem entsprechenden sicherheitsrelevanten Bereich arbeitet, z.B. in einer Vertrauensstellung, bei einer Bank, bei der Verwaltung von Vermögen, bei Einblick in sensible Daten über die EDV etc.

4. Schuldnerkartei

Es existieren gewisse Schuldnerverzeichnisse, z.B. im Bankenbereich die sog. "Schufa".
Ronald Regen hat ein Interesse daran zu erfahren, ob sein Bewerber hochverschuldet ist, Vorpfändungen hat und ähnliches mehr. Gegen die Einblicknahme in diverse Schuldnerverzeichnisse spricht jedoch generell der Datenschutz. Soweit Ronald Regen sich hier Informationen verschafft, könnte er rechtswidrig handeln oder sich gar strafbar machen.
Ggf. müßte der Arbeitgeber statt dessen den Bewerber bei der Einstellung nach seinen Vermögensverhältnissen bzw. nach Schulden fragen. Eine solche Frage ist jedenfalls dann zulässig, wenn der Arbeitnehmer später über größere Vermögensinteressen des Arbeitgebers verfügt.

5. Schadenersatz/falsche Auskunft

Erteilt der frühere Arbeitgeber dem neuen Arbeitgeber eine falsche Auskunft über die Qualifikation und das Verhalten im alten Arbeitsverhältnis, so macht sich der frühere Arbeitgeber eventuell schadenersatzpflichtig. Dasselbe gilt, wenn sich der frühere Arbeitgeber zu Unrecht weigert, für seinen ehemaligen Arbeitnehmer eine förderliche Auskunft zu geben.
Sofern die Auskunft viel zu gut war, könnte sich der frühere Arbeitgeber gegenüber dem neuen Arbeitgeber schadenersatzpflichtig machen, wenn bei einer ordnungsgemäßen Auskunft die Einstellung nicht erfolgt wäre. Sofern die Auskunft zu schlecht war, hätte der ehemalige Arbeitnehmer einen Schadenersatzanspruch, wenn er bei einer ordentlichen Auskunft die Stelle erhalten hätte. Das Gleiche gilt, wenn der frühere Arbeitgeber rechtswidrig eine ordnungsgemäße Auskunft gegenüber dem neuen Arbeitgeber abgelehnt hat.

6. Telefonische Auskünfte

Es ist immer gefährlich, am Telefon Auskünfte zu erteilen. Der ehemalige Arbeitgeber sollte im eigenen Interessen grundsätzlich keine telefonischen Auskünfte erteilen. Er kann nicht überprüfen, inwieweit sich eine telefonische Auskunft später gegen ihn selbst wendet.
Der frühere Arbeitgeber ist berechtigt, sofern er Auskunft geben muß oder will, alle anfragenden Personen auf den Schriftweg zu verweisen.
Wenn der Arbeitgeber dann eine schriftliche Auskunft gibt, ist er jederzeit in der Lage, auch dem früheren Arbeitnehmer gegenüber eine Abschrift zu erteilen oder nachzuweisen, wie diese Auskunft auszusehen hat. Er kann sich so gegen Schadenersatzansprüche in bester Weise schützen.

7. Kein "gläserner Bewerber"

Die Rechtsprechung und das Gesetz haben dem "Informationsbedürfnis" des neuen Arbeitgebers Grenzen gesetzt. Der neue Arbeitgeber ist nicht berechtigt, den Bewerber unangemessen zu durchleuchten und sein Privatleben, seine Intimsphäre oder bestimmte persönliche Daten zu erfahren.
Der neue Arbeitgeber hat nur einen Anspruch auf solche Daten, die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehen und in diesem Zusammenhang für ihn im Rahmen eines berechtigten Interesses wichtig sind.
Im übrigen muß aber der Arbeitgeber Ronald Regen sein Mißtrauen zurückstellen und bei der Einstellung das Risiko eingehen, ggf. auch "den Falschen" einzustellen.

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#2
 Von 
wirdwerden
Status:
Unbeschreiblich
(38328 Beiträge, 13979x hilfreich)

Ich rufe grundsätzlich nicht beim derzeitigen Arbeitgeber an. Ich halte die Auskünfte von dort nicht für sehr belastbar. Denn: will er den AN behalten, so wird er mir schlechte Auskünfte geben, will er ihn los werden, so wird er mir gute Auskünfte geben. Also, was solls?

In kritischen Bereichen erwarte ich allerdings neben dem Führungszeugnis die Auskunft des Landeskriminalamtes, die ja wesentlich aussagekräftiger ist. Und ich habe auch schon mal einen Ex-Arbeitgeber nach der einen oder anderen Formulierung im Zeugnis angesprochen. Wenn etwa bei jemandem, der mit Geld zu tun hat, sinngemäß fehlt: "er/sie war ehrlich..."

Für alles andere haben wir doch die Probezeit, oder?

wirdwerden

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