Zwang zur Psychotherapie

27. März 2011 Thema abonnieren
 Von 
frieder_wollenstein
Status:
Frischling
(2 Beiträge, 0x hilfreich)
Zwang zur Psychotherapie

Guten Tag,
meine Frage bezieht sich auf den Bereich Alg 2 und eine vom Ärztlichen Dienst festgestellte Arbeitsunfähigkeit.
Person A hat sich aus psychischen Gründen immer wieder langfristig vom Hausarzt krankschreiben lassen, sich aber nie in eine Psychotherapie begeben.
Nun wurde von der Arge eine Untersuchung zur Feststellung der Arbeitsfähigkeit beim Ärztlichen Dienst angeordnet.Der Arzt (ein niedergelassener Neurologe/Psychater) bestätigte das Vorliegen einer psychischen Beeinträchtigung und schrieb für 6 Monate arbeitsunfähig.
Das Ganze liegt 1 Monat zuruck.
Nun fordert Person B(in diesem Fall das Jobcenter) Person A auf bis Dienstag ein Attest über eine intensive psychotherapeutische Behandlung abzugeben.
Person A versteht darunter eine Bestätigung des behandelnden Psychotherapeuten über den Beginn einer Therapie.
Nun ist es aber so dad Person A noch in keiner Therapie ist und Glück hat wenn sie nicht noch 6 Monate warten muss.
Person B kann also nach einem Monat nicht erwarten das Person A einen Therapeuten aufgesucht hat ,geschweige denn eine Therapie genehmigt wurde.
Wie sieht es jetzt rechtlich für Person A aus?
Besteht ein Zwang zur Therapie?
Kann sonst das Alg 2 gestrichen werden?
Inwieweit gilt die "Arbeitsunfähigkeitsfeststellung" des Arztes der Arbeitsagentur?
Muss Person A dem JObcenter Nachweise über Ihre Bemühungen um Therapie zukommen lassen?
Was passiert wenn Person A sich momentan zu einer Therapie nicht in der Lage fühlt bzw. die
Probleme bei der Einsicht eine Therapie machen zu sollen liegen?

Ich hoffe mir kann jemand weiterhelfen, denn das Thema ist aktuell sehr wichtig.


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6 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
Gerd aus Berlin
Status:
Lehrling
(1480 Beiträge, 798x hilfreich)

"[color=red]§ 63 SGB[/color] I Heilbehandlung
Wer wegen Krankheit oder Behinderung Sozialleistungen beantragt oder erhält, soll sich auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers einer Heilbehandlung unterziehen, wenn zu erwarten ist, daß sie eine Besserung seines Gesundheitszustands herbeiführen oder eine Verschlechterung verhindern wird."

Nichts tun und sagen "Bein kaputt / Psyche gestört, egal, ist mir wurscht, zahlen Sie mal schön weiter!" hat eher unschöne Folgen:

"§ 66 Folgen fehlender Mitwirkung
(1) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 nicht nach und wird hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert, kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. Dies gilt entsprechend, wenn der Antragsteller oder Leistungsberechtigte in anderer Weise absichtlich die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert.
(2) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung wegen Pflegebedürftigkeit, wegen Arbeitsunfähigkeit, wegen Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit, anerkannten Schädigungsfolgen oder wegen Arbeitslosigkeit beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten [color=red]nach den §§ 62 bis 65[/color] nicht nach und ist unter Würdigung aller Umstände mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß deshalb die Fähigkeit zur selbständigen Lebensführung, die Arbeits-, Erwerbs- oder Vermittlungsfähigkeit beeinträchtigt oder nicht verbessert wird, kann der Leistungsträger die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen.
(3) Sozialleistungen dürfen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten [color=green]angemessenen[/color] Frist nachgekommen ist."

quote:<hr size=1 noshade>Nun fordert Person B(in diesem Fall das Jobcenter) Person A auf bis Dienstag ein Attest über eine intensive psychotherapeutische Behandlung abzugeben. <hr size=1 noshade>


Ob diese Frist [color=green]angemessen[/color] ist? Egal, es geht ja nur darum, dass nach so langer Zeit überhaupt etwas unternommen wird, denn von nichts wird nichts besser.

Also geht man zum Therapeuten seines Vertrauens und lässt den bestätigen, dass man da war und was als nächstes geplant ist.

Genügt das dem B, dem Amt, ist gut. Wenn nicht, muss man (und der Therapeut) ein wenig mehr unternehmen, sonst wird das ALG II gestrichen.

Wenn es dann gestrichen wird, kann man am Ende vor Gericht darüber streiten, ob der B, das Amt, zu viel zu schnell verlangt hat - oder der A zu tranig gewesen ist und endlich mal in die Pötte kommen sollte.

Gruß aus Berlin, Gerd

PS. Eine Krankschreibung von 6 Monaten scheint von der Absicht getragen zu sein, von ALG II auf Sozialhilfe bzw. Grundsicherung bei Erwerbsunfähigkeit umzustellen :-); vgl. Absatz 4 § 7 SGB II .

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"I shot the sheriff,
but I did not shoot the deputy."

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#2
 Von 
Sunbee 1
Status:
Gelehrter
(10618 Beiträge, 2433x hilfreich)

@Frieder Wollenstein

Eine Psychotherapie kann nicht erfolgreich sein, wenn sie nicht freiwillig aufgenommen wird. Soweit das

Ist das JC der Ansicht, dass eine psychatrische Behandlung erforderlich sein soll, muss es das sehr gut begründen.
Unter Mitwirkung zur Heilbehandlung versteht der Heiler erwas anderes als Zwang zur Psychotherapie....



Wie liegen denn all diese Aufforderungen vor? Schriftlich?
Dann solltestdu unter Zuhilfenahme deiner Krankenkasse mitteilen, dass die gewöhnliche Wartezeit auf einen Therapieplatz bei ca 6 Monaten liegt. Peng, mehr nicht.
Nachweise über probatorische Situungen? Wie soll das gehen? Wie will ein JC das festlegen? In einer EGV (als Verwaltungsakt) Da lachen ja die Hühner....


Desweiteren funzt es natürlich sehr oft nicht beim ersten Besuch eines Therapeuten, so dass deshalb per SGB V das Recht auf probatorische Sitzungen eingeräumt wird. Warum wohl?
Weil so der zukünftige Patient die Option hat mehrere Therapeuten 'auszuprobieren'
Das wichtigste in so einer Behandlung ist, dass es gegenseitig 'stimmt' und bis so ein stimmiger Behandlungsrahmen gefunden ist, dauert es meist. Längerals 6 Monate und dann noch das warten, bis ein Platz bei genau diesem Therapeuten frei ist :augenroll:

Auf Ideen kommen Jc :kotz:

Sunbee



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"Meine Beiträge stellen lediglich eine persönliche Meinung dar und sind keine Rechtsberatung.
"

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#3
 Von 
frieder_wollenstein
Status:
Frischling
(2 Beiträge, 0x hilfreich)

Danke fuer ihre Antworten.
Bisher gab es keine Festlegung in Form von irgendwelchen Schriftstuecken das ueberhaupt ein Zwang besteht.
Und in einer Egv kann dieser Punkt ja wohl nicht stehen, schliesslich ist A derzeit vermittlungsunfaehig und bei der Egv geht es um die Eingliederung in Arbeit.

Das Gutachten des Arztes liegt A noch nicht vor, daher weiss A auch nicht was B schon weiss.
Von daher kann B nicht davon ausgehen das A sich schon um eine Therapie bemueht hat, da von Seiten es Amtsarztes nicht einmal eine Therapieform genannt wurde.

A kann innerhalb von 1 Monat ja niemals einen Therapieplatz bekommen haben und B kann daher solche Unterlagen nicht verlangen.
Ausserdem darf B meines Wissens keine Unterlagen bezueglich der Erkrankung verlangen(die Erkrankung geht nur den Amtsarzt etwas an).
B muss sich mit dem Status" Vermittlungsunfaehig" zufrieden geben.
Deshalb ist ja hier die Frage inwieweit B ueberhaupt UNterlagen des behandelnen Psychotherapeuten verlangen kann.
Klar, muss A seine Arbeitsfaehigkeit bald wieder herstellen, aber in wiefern kann hier Druck ausgeuebt werden?
Der Psyche von A tut der Druck sicherlich nicht so gut und eine Verbesserung des Gesundheitszustandes kann so auf keinen Fall erreicht werden.

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#4
 Von 
Gerd aus Berlin
Status:
Lehrling
(1480 Beiträge, 798x hilfreich)

Wenn es so weiter geht, gibt es wohl bald kein ALG II mehr:

§ 44a SGB II Feststellung von Erwerbsfähigkeit und Hilfebedürftigkeit

Dann gibt es eben Grusi nach dem SGB XII.

Und gar kein ALG II gibt es sofort, wenn man den Kokolores über "Freiwilligkeit von Therapien" und "Ich kann ja eh nichts unternehmen, krieg keinen Termin vor sechs Monaten" tatsächlich dem JobCenter vorträgt.

Gruß aus Berlin, Gerd

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"I shot the sheriff,
but I did not shoot the deputy."

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#5
 Von 
Sunbee 1
Status:
Gelehrter
(10618 Beiträge, 2433x hilfreich)

@Gerd aus Berlin

Aha. Dann benenn doch bitte die Grundlage zur Mitwirkung an einer Psychotherapie.

Freiwilligkeit ist Voraussetzung für irgendeinen Erfolg.

Ich lese im Übrigen nicht, dass der TE diese grundsätzlich verweigert.

Wie würdest du denn gegen Psychotherapeuten vorgehen, die nicht binnen 4 Wochen einen Therapieplatz anbieten?
Bundesdurchschnittliche Wartezeit liegt bei 2,5 Monaten.


Sunbee

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"Meine Beiträge stellen lediglich eine persönliche Meinung dar und sind keine Rechtsberatung.
"

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#6
 Von 
Gerd aus Berlin
Status:
Lehrling
(1480 Beiträge, 798x hilfreich)

quote:<hr size=1 noshade>Freiwilligkeit ist Voraussetzung für irgendeinen Erfolg. <hr size=1 noshade>


"Ich will aber nicht!"

Dann gibt es eben kein ALG II mehr. So einfach ist das. Natürlich nur "unter Würdigung aller Umstände", wozu sicherlich auch renitentes Verweigern des Versuchs, überhaupt einen Termin zu bekommen, mit dummen Ausreden, gewürdigt werden muss:

quote:<hr size=1 noshade>SGB I § 66 Absatz 4 : "und ist unter Würdigung aller Umstände mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß deshalb die Fähigkeit zur selbständigen Lebensführung, die Arbeits-, Erwerbs- oder Vermittlungsfähigkeit beeinträchtigt oder nicht verbessert wird, kann der Leistungsträger die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen." <hr size=1 noshade>


Gruß aus Berlin, Gerd

PS. Übrigens gibt es durchaus Erfolge ohne Freiwilligkeit.

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