Kehrtwende des BAG bei der Frage der "Zuvor-Beschäftigung" im Rahmen von sachgrundlosen Befristungen

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Es gibt viele Fragen im Befristungsrecht, welche Arbeitgebern und Arbeitnehmern das Leben schwer machen. Besonders hart ging die Rechtsprechung bisher mit der Frage um, ob eine sachgrundlose Befristung ausgeschlossen ist, wenn der Arbeitnehmer irgendwann zuvor bereits be dem Arbeitgeber beschäftigt war. Grundlage hierfür ist die Regelung des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG. So hat das BAG in einer Entscheidung aus dem Jahr 2003 (Urteil vom 06.11.2003 - 2 AZR 690/02) eindeutig klargestellt, dass es irrelevant sei, wie lange im Voraus das frühere Arbeitsverhältnis bestanden hat. Dies hatte die unbefriedigende Folge, dass ein Arbeitnehmer quasi lebenslänglich für einen sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrag gesperrt war, selbst wenn die vorangegangene Beschäftigung Jahre her und nur von kurzer Dauer war.

Nach der bisherigen klaren Haltung des BAG zu dieser Frage, ist die am 06.04.2011 getroffene Entscheidung (Az. 7 AZR 716/09) mehr als überraschend.

In Abweichung von der bisher eindeutigen Rechtsprechung hat das BAG nun erstmals eine teleologische Auslegung des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG vorgenommen. In Abwägung der Interessen der Arbeitnehmer (Schutz vor Missbrauch durch "Befristungsketten") und der Arbeitgeber (Reaktionsmöglichkeiten auf schwankende Auftragslagen und Marktbedingungen) entschieden die Richter, dass die Gefahr eines Missbrauchs nicht mehr bestehe, wenn zwischen dem Ende des früheren Arbeitsverhältnisses und der neuen Befristung mehr als drei Jahre liegen.

In Zukunft wird es daher möglich sein, dass beispielsweise studentische Hilfskräfte nach Ablauf von drei Jahren nach Beendigung des studentischen Hilfsjobvertrages bei demselben Arbeitgeber mit einem sachgrundlos befristeten Vertrag erneut tätig werden können. Diese Auslegung des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG ist sehr zu begrüßen, da sie in der Zukunft derzeit bestehende Einstellungshindernisse durch das Verbot der Befristung bei einer "Zuvor-Beschäftigung" verringern wird.

Interessanter Nebeneffekt: Im Koalitionsvertrag der schwarz-gelben Bundesregierung heißt es: „Das generelle Vorbeschäftigungsverbot für sachgrundlos befristete Einstellungen erschwert Anschlussbeschäftigungsverhältnisse, wenn während Schule, Ausbildung oder Studium bei einem Arbeitgeber schon einmal befristet gearbeitet worden ist“. Konkret hatte die Bundesregierung geplant, Anschlussbeschäftigungsverhältnisse zu gestatten, wenn zwischen beiden Arbeitsverhältnissen mindestens ein Jahr liege. Umgesetzt wurde hiervon bisher jedoch nichts, es blieb bei den Versprechungen. Das BAG kommt mit seiner Entscheidung nun dem Gesetzgeber zuvor (auch wenn es mit drei Jahren eine andere Frist wählt) und setzt um, was längst hätte umgesetzt werden müssen.