Hans Litten

Mehr zum Thema: Das Recht in der Geschichte, Litten, Rechtskritik
3,92 von 5 Sterne
Bewerten mit: 5 Sterne 4 Sterne 3 Sterne 2 Sterne 1 Stern
13

1932: Der Felseneckeprozess

Hans Litten
Hans Litten

Hans Littens letztem Prozess lag wieder ein Überfall von Seiten des SA-Sturms zugrunde. Die Bewohner der Laubenkolonie Felsenecke, größtenteils Parteilose oder Sozialdemokraten, wurden von 150 Sturmbannmännern angegriffen. Ein Arbeiter und ein SA-Mann starben.Am nächsten Tag behauptete die Staatsanwaltschaft , dass es sich um einen kommunistischen Überfall auf die SA gehandelt habe. Heftigen Protesten zum Trotz wurden 19 Bewohner der Laubenkolonie neben fünf der SA-Mitglieder vor Gericht gestellt. Litten übernahm die Verteidigung. Er bemühte sich, die gefälschten Beweise der Polizei und die Versäumnisse der Voruntersuchung aufzudecken, was dazu führte, dass er vom Prozess ausgeschlossen wurde. Der "politische Charakter seiner Verteidigung" war dem Gericht hinderlich geworden. Als der empörte Verteidiger mit Hilfe des Kammergerichts erfolgreich gegen den Verweis vorging, traten die Richter zurück und der Prozess musste von neuem beginnen.
Auch der neue Vorsitzende wollte Litten nicht zum Prozess zulassen, denn der Anwalt galt als zu unbequem und war wegen seiner Kompetenz gefürchtet. Diesmal ging das Kammergericht nicht auf die Beschwerde ein.
Der Prozess wurde letztendlich wegen eines neuen Amnestiegesetzes eingestellt.

Hans Litten kommentierte die Geschehnisse und die Vorgehensweise des Gerichts wie folgt:

"Der Satz von Karl Marx, daß das Recht ein Überbau der sozialen Gegebenheiten sei, erweist seine Richtigkeit besonders in Zeiten verschärfter Klassengegensätze. In solchen Zeiten ändern sich die gesellschaftlichen Grundlagen so schnell, daß die Gesetzgebungsmaschine mit der Entwicklung nicht immer Schritt hält. An einem Prozeß, der monatelang dauert, kann man in solchen Zeiten besonders deutlich beobachten, wie die Verhandlungsweise sich der wirtschaftlichen und politischen Entwicklung anpaßt. Der Felsenecke-Prozeß, der am 20. April 1932 begann, bildet heute den letzten Überrest ordentlicher Gerichtsbarkeit in politischen Sachen inmitten der Arbeit der Sondergerichte. Aber die Entwicklung konnte auch an dem schwebenden Verfahren nicht vorbeigehen. Was in Sondergerichtsverfahren durch Gesetzgebung im Notverordnungswege eingeführt wurde, erreichte man im Felsenecke-Prozeß auf anderem Wege. In politischen Prozessen widerspricht die Aufklärung der Hintergründe häufig dem Interesse der herrschenden Klasse."

234
Seiten in diesem Artikel:
Seite  1:  Überblick
Seite  2:  1929: Die Klage gegen Zörgiebel
Seite  3:  1931: Der Edenpalastprozess
Seite  4:  1932: Der Felseneckeprozess
Das könnte Sie auch interessieren
Das Recht in der Geschichte Karl Kraus
Das Recht in der Geschichte Kurt Tucholsky