Blutalkoholuntersuchung nur (? ?) mit Gerichtsbeschluss

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Der Straftatbestand wegen Trunkenheit im Verkehr gemäß § 316 StGB oder wegen Gefährdung des Straßenverkehrs nach § 315c StGB ist bereits schon ab einer Blutalkoholkonzentration von nur 0,3 Promille oder teilweise auch schon bei weniger Promille unter 0,3 erfüllt, wenn besondere Umstände, insbesondere Ausfallerscheinungen hinzutreten und ein auffälliges Fahrverhalten festgestellt wird.

Absolute Fahruntüchtigkeit liegt dann jedenfalls vor, wenn eine Blutalkoholkonzentration von mindestens 1,1 Promille oder darüber hinaus festgestellt wird.

Sascha Lembcke
Partner
seit 2009
Rechtsanwalt
Harmsstraße 83
24114 Kiel
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Maßgeblich jedoch für die Strafbarkeit und die Erfüllung des jeweiligen Tatbestandes ist jedoch, dass die Blutalkoholkonzentration zum Zeitpunkt des Fahrens mit dem Fahrzeug, Kfz und auch Fahrrad, nachgewiesen wird.

Dazu bedient sich die Polizei den bekannten Atemalkoholmessgeräten um einen Anfangsverdacht zu bekräftigen.

Zweifelsfrei kann jedoch eine Messung nur mittels einer Blutalkoholuntersuchung erfolgen.

Dazu sollte der Betroffene jedoch wissen, dass die Vorschriften der Strafprozessordnung, hier § 81a Abs. 2 StPO zwingend die Blutalkoholuntersuchung nur mittels eines Richterbeschluss für zulässig erachten.

In der Praxis jedoch sieht es jedoch regelmäßig anders aus.

Oftmals wird die Blutentnahme durch die Polizeibeamten selbst oder auch nur durch die Staatsanwaltsschaft angeordnet.

Begründet wird dies oftmals fragwürdig mit dem Anordnungsgrund der Gefahr im Verzug .

Gefahr im Verzug besteht, wenn ein weiteres Zuwarten befürchten lässt, dass dadurch der Erfolg der Maßnahme, hier die Bestimmung der Blutalkoholkonzentration zum Zeitpunkt der Fahrt, gefährdet wird.

Das Bundesverfassungsgericht - BVerfG - hat die Anforderungen an die Gefahr im Verzug sehr eng gefasst. Sie muss die praktische Ausnahme sein und "mit Tatsachen begründet werden, die auf den Einzelfall bezogen sind. Reine Spekulationen, hypothetische Erwägungen oder lediglich auf kriminalistische Alltagserfahrung gestützte, fallunabhängige Vermutungen reichen nicht aus." Beschluss vom 20.02.2001 - 2 BvR 1444/00

Mit Beschluss vom 18.04.2007 - 5 StR 546/06 - hat der Bundesgerichtshof erstmals zu erkennen gegeben, dass "bewusste Missachtung oder gleichgewichtig grobe Verkennung" des Richtervorbehalts ein Verwertungsverbot nach sich ziehen kann

Mit dem Richtervorbehalt im Zusammenhang mit der Entnahme einer Blutprobe (§ 81a Abs. 1, Abs. 2 StPO) befasst sich ein jüngerer Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 12.02.2007 - 2 BvR 273/06 - und bemängelt die voreilige Anordnung durch die Staatsanwaltschaft.

So auch gefolgt die Entscheidungen der nachfolgenden Gerichte mit der Folge eines Beweisverwertungsverbotes und keiner Verurteilung wegen Trunkenheitsfahrt:

OLG Dresden, Urt. v. 11. 5. 2009, 1 Ss 190/09 „Berufung der Beamten auf „langjährige Praxis" ist willkürlich und führt zu einem Beweisverwertungsverbot (§ 136a StPO)".

OLG Hamm: „Ein richterlicher Eildienst wäre erreichbar gewesen; Polizeibeamter hatte sich überhaupt keine Gedanken gemacht, sondern war von gängiger Praxis ausgegangen. VRR 2009, 192 = StRR 2009, 188, was zu einem Beweisverwertungsverbot führt."

Maßgeblich bei der Annahme eines Beweisverwertungsverbotes ist zu berücksichtigen, ob zunächst eine ordnungsgemäße Dokumentation seitens der (unzulässig) anordnenden Stellen vorliegt und inwieweit und ob ein richterlicher Bereitschaftdienst eingerichtet ist, was in den meisten Städten regelmäßig der Fall ist.

Betroffene solcher Maßnahmen sollten daher in einem solchen Fall regelmäßig einen Rechtsanwalt aufsuchen und die Anordnung der Blutalkoholuntersuchung seitens der Polizei auf ihre Rechtmäßigkeit hin prüfen zu lassen, denn ohne begründete Gefahr im Verzug dürfen die aus der Blutalkoholuntersuchung gewonnenen Ergebnisse in einem gerichtlichen Verfahren nicht verwendet werden (§ 136a StPO), was mitunter entscheidend für den Ausgang des Strafverfahren sein kann.

Mit freundlichen Grüßen
Sascha Lembcke
Rechtsanwalt
Harmsstraße 86
24114 Kiel