"Westpark-Mord": BGH hebt erneut Urteil auf

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18 Jähriger tötete ihm unbekannten Mann

"Westpark-Mord": BGH hebt erneut Urteil auf

Die Verurteilung eines 18-jährigen Mörders zu einer Jugendstrafe von zehn Jahren Gefängnis wurde vom Bundesgerichtshof (BGH) aufgehoben und die Vorinstanz angewiesen, erneut über das Strafmaß zu verhandeln. Die Staatsanwaltschaft war in die Revision gegangen, weil sie die Anwendung von Jugendstrafrecht durch das Landgericht München (LG) als falsch erachtete und auf eine lebenslange Freiheitsstrafe plädierte. Diesen Donnerstag gab der BGH bekannt, dass wegen Verfahrensfehlern die Reife des Angeklagten zum Tatzeitpunkt neu beurteilt werden müsse. (Az 1 StR 211/01)

Der zum Tatzeitpunkt 18 1/2 Jahre alte Angeklagte war nach einem Streit mit dem Vater seiner damaligen Freundin losgezogen, um sich durch die Vernichtung eines Menschenlebens abzureagieren. Im "Westpark" in München tötete der gewaltbereite und schon mehrmals vorbestrafte Angeklagte dann einen ihm unbekannten Mann mit mehreren Messerstichen. Die Tat fand im Oktober 1993 statt, 1999 wurde der Mann vom LG wegen Mordes zu sechs Jahren und zehn Monaten Jugendstrafe verurteilt. Da der Angeklagte zwischenzeitlich nach Kroation abgeschoben worden war, konnte er erst spät als Täter ermittelt werden.

Der Fall wurde zwischen den Instanzen mehrmals hin und her verwiesen. Zwar gab es an der Verurteilung wegen Mordes nichts auszusetzen, in der Strafzumessung beanstandete der BGH aber immer wieder Fehler der Vorinstanz. Fraglich ist nämlich, ob auf den Angeklagten Jugend- oder Erwachsenenstrafrecht anzuwenden ist. Während Mord im Regelfall mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft werden kann, gilt für Jugendliche eine Höchsstrafe von zehn Jahren. Bis zur Volljährigkeit muss zwingend Jugendstrafrecht angewandt werden, für Heranwachsende kommt es auf die geistige Reife des Täters an.

Das LG hatte nach dem Gutachten eines Sachverständigen zuletzt wieder Jugendstrafrecht angewandt und auf die entsprechende Höchsstrafe von zehn Jahren erkannt. Gegen dieses Urteil haben sowohl der Angeklagte, der eine niedrigere Strafe erstrebt, als auch die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt. Die Staatsanwaltschaft will erreichen, dass der Angeklagte nach Erwachsenenstrafrecht zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt wird.

Der BGH hob mit Urteil vom 9. August das vorinstanzliche Urteil auf. Das LG hatte eine vorherige Körperverletzung des Angeklagten nicht im Urteil gewürdigt. "Dies stellt einen Verstoß gegen die Pflicht zur erschöpfenden Beweiswürdigung dar", so die Bundesrichter. Die Entscheidung über die Reife des Angeklagten hätte ihrer Meinung nach mitunter anders ausfallen können, wenn das LG bei seiner Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Angeklagten auch diesen Vorfall berücksichtigt hätte.

Das LG muss sich jetzt erneut mit dem Mord im Münchener Westpark beschäftigen. Diesmal unter Berücksichtigung des vorher ausgelassenen Vorfalls, bei dem der Angeklagte in einem Krankenhaus einen Mitpatienten brutal zusammengeschlagen haben soll.

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