Strafverfahren gegen Beamte - was sind die Risiken?

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Disziplinarverfahren als "Zusatzstrafe"

Einleitung

Beamte sind Menschen – daher gibt es bei Ihnen wie überall auch strafbares Handeln. Sie sind aber auch Beamte – und hier unterscheiden sich die Folgen strafbaren Tuns: Neben der strafrechtlichen Ahndung durch die Gerichte steht für den Beamten immer auch ein Dienstvergehen und damit ein Disziplinarverfahren im Raum. Darüber hinaus kann sogar die Frage des Beamtenstatus, bei pensionierten Kollegen auch deren Ruhestandsgehälter, von einem Strafverfahren berührt werden. Der Beitrag bietet einen Überblick über die Schnittstellen von Straf- und Disziplinarverfahren und die Wechselwirkungen aus Sicht eines Strafverteidigers.

Disziplinarrecht als zweite Strafe?

Den Beamten erwartet neben der Strafe für das in Strafvorschriften sanktionierte Verhalten in vielen Fällen – und vor allem zusätzlich – ein beamtenrechtliches Disziplinarverfahren. Hierin unterscheidet sich der Beamte vom Bürger. Nach unserer Verfassungsordnung ist eine Doppelbestrafung allerdings unzulässig. Verstößt damit die Parallelität zwischen Strafverfahren und Disziplinarverfahren gegen dieses verfassungsrechtliche Gebot? Nein, denn beide Verfahren verfolgen unterschiedliche Zwecke.

Christian Schilling
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Das Disziplinarrecht dient der Aufrechterhaltung der Integrität des Berufsbeamtentums sowie der Wahrung des Ansehens des öffentlichen Dienstes und in seiner verfahrensrechtlichen Ausgestaltung zugleich dem Schutz der Beamten. Damit erhält das Disziplinarverfahren ein allgemeines Vertrauen der Bürger in eine rechtsstaatliche Verwaltung.

Welchem Zweck dient die Strafe? Es soll nun an dieser Stelle keine Diskussion der verschiedenen Straftheorien zur Festlegung des Sinns und Zwecks der Strafe stattfinden. Nach der überwiegend vertretenen Anschauung dient die Strafe dem präventiven Rechtsgüterschutz. Indem auf die Verletzung der strafrechtlichen Normen eine staatliche Reaktion erfolgt, sollen solche Verhaltensweisen, die das gesellschaftliche Zusammenleben in besonders gravierender Weise beeinträchtigen, für die Zukunft verhindert bzw. unwahrscheinlicher gemacht werden. Durch das Aussprechen eines sozialethischen Unwerturteils und die zwangsweise Zufügung eines Übels wird die Geltung der verletzten Norm verdeutlicht und bekräftigt.

Damit ist jedenfalls die Kriminalstrafe auf eine gesamtgesellschaftliche Prävention ausgerichtet, während das Disziplinarverfahren die Besonderheiten des Berufsbeamtentums abbildet.

Beamtenpflichten und Dienstvergehen

Die rechtliche Stellung des Beamten soll nach der Systematik der Beamtengesetze vor allem durch seine Pflichten gekennzeichnet sein. An der Schnittstelle zwischen dem für alle Menschen geltenden Strafrecht und dem nur für Beamte geltenden Beamtendisziplinarrecht ist die Verletzung von Pflichten des Beamten unter dem Begriff des »Dienstvergehens« von entscheidender Bedeutung. Die schuldhafte Verletzung einer beamtenrechtlichen Pflicht stellt ein Dienstvergehen dar. An den Begriff des Dienstvergehens knüpft das Disziplinarrecht an.

In erster Linie betreffen die Pflichten des Beamten sein dienstliches Verhalten. Allerdings wird der Beamte auch im Kontakt mit der Außenwelt mit den Anforderungen seines Beamtenverhältnisses konfrontiert, indem Beamten auch »außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht« zu werden haben, »die ihr Beruf erfordert«. Dabei gibt es keinen abgeschlossenen Katalog von möglichen Dienstvergehen. Die beamtenrechtlichen Dienstpflichten sind häufig allgemein formuliert, weshalb Bestand und Umfang der Pflichten für den jeweiligen Einzelfall der Konkretisierung bedürfen.

Mögliche Folge: Rechtsverlust als Beamter und als Ruhestandsbeamter

Die für den Beamten schwerwiegendste Rechtsfolge ist der Verlust des Status als Beamter bzw. Ruhestandsbeamter. Eine rechtskräftige Verurteilung eines Beamten zu einer Kriminalstrafe kann unmittelbar zur Beendigung des Beamtenverhältnisses führen, wenn der Beamte eine vorsätzliche Tat begangen hat und zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist. Hintergrund ist, dass Beamte, die sich besonders schwerwiegender Rechtsverstöße schuldig gemacht haben, als nicht tragbar für die Bekleidung eines öffentlichen Amtes gelten. In diesen gravierenden Fällen bedarf es einer förmlichen Entfernung aus dem Dienstverhältnis nicht mehr, das Beamtenverhältnis endet mit der Rechtskraft des Urteils. Die gleichwohl in der Praxis erfolgende Mitteilung des Dienstherrn über Grund und Zeitpunkt des Ausscheidens hat lediglich deklaratorischen Charakter, eine disziplinarrechtliche Entfernung aus dem Dienst ist bei dieser Strafhöhe nicht mehr erforderlich.

Im Falle des Ruhestandsbeamten bzw. Pensionär sind die Hürden für den Verlust der Ruhestandsansprüche sowie den Verlust der Ansprüche der Hinterbliebenen deutlich höher: Hier ist die Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens 2 Jahren erforderlich.

Wichtig ist, dass nur die Verurteilung zu einer vorsätzlichen Straftat diese Rechtsfolge haben kann. Eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr für die Begehung einer fahrlässigen Straftat genügt hierfür nicht.

Neben dem Strafurteil gibt es noch den sogenannten Strafbefehl. Hier können auf schriftlichen Antrag der Staatsanwaltschaft die Rechtsfolgen einer Straftat durch schriftlichen Strafbefehl ohne Durchführung einer Hauptverhandlung festgesetzt werden. Endet das Strafverfahren allerdings durch Strafbefehl und nicht durch Strafurteil, so ist auch bei der im Strafbefehlsverfahren zulässigen Höchststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe die Entfernung aus dem Dienst bzw. die Beendigung des Beamtenverhältnisses nicht möglich.

Die Straftat als Dienstvergehen

Bei Beamten ist bei der Beurteilung eines Verhaltens als Dienstvergehen zu unterscheiden zwischen dem innerdienstlichen und dem außerdienstlichen Verhalten. Diese Abgrenzung ist nicht allein danach vorzunehmen, ob das fragliche Verhalten während der Dienstzeit oder am Dienstort stattgefunden hat, auch wenn diese Kriterien als Anhaltspunkte dienen können (sogenannte formale Dienstbezogenheit). Ausschlaggebend ist der inhaltliche Bezug des Verhaltens zur dienstlichen Sphäre (materielle Dienstbezogenheit).

Außerdienstliches Dienstvergehen

Bei einem außerdienstlichen Verhalten liegt ein Dienstvergehen nur vor, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist das Vertrauen in eine für das Amt des Beamten und das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Diese Begriffe bedürfen der Konkretisierung durch die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte.

Sprach man früher noch davon, dass der Beamte mehr oder minder in eine erzieherische Rolle eines Vorbilds für die Gesellschaft gedrängt und an bestimmten Moral -und Anstandsregeln gemessen wurde, wird heute von Beamten aufgrund des gesellschaftlichen Wandlungsprozesses außerdienstlich kein wesentlich anderes Sozialverhalten als von jedem anderen Mitglied der Gesellschaft erwartet.

Entscheidend ist demnach der funktionale Dienstbezug bei außerdienstlichen Verhaltensweisen. Die Gerichte haben diese unbestimmten Begriffe jedoch dahingehend konkretisiert, dass jeder nicht ganz unwesentliche außerdienstliche Rechtsverstoß gleichzeitig auch ein Dienstvergehen darstellt. Wichtig ist jedoch in diesem Zusammenhang die Einzelfallprüfung: Hier muss nach den konkreten Umständen des vorliegenden Sachverhalts die besondere Eignung des Verhaltens zur Ansehens – und Vertrauensbeeinträchtigung des Beamtentums vorliegen. Hier können nach der Rechtsprechung eine ganze Reihe von Kriterien zur Ausfüllung dieses Tatbestandes herangezogen werden. So ist sein Verhalten zur Beeinträchtigung von Achtung und Vertrauen geeignet, wenn es Rückschlüsse darauf zulässt, dass der Beamte im Rahmen seines Amtes obliegende Dienstpflichten nicht oder nur unzureichend erfüllen wird. Auch spielt die Nähe des außerdienstlichen Fehlverhaltens zum Aufgabenkreis des Beamten eine Rolle. Je näher hier das Verhalten an der dienstlichen Sphäre liegt, desto eher wird davon ausgegangen werden, dass eine solche „Eignung“ zur Beeinträchtigung vorliegt.

Selbst wenn sich jedoch das außerdienstliche Verhalten als straffrei erweist und ein eingeleitetes strafrechtliches Ermittlungsverfahren, beispielsweise mangels Tatverdacht, eingestellt wird, steht dem Dienstherrn aufgrund der ihm bekannt gewordenen Umstände eine eigene Ermittlungs– und Bewertungsbefugnis zu, ob gleichwohl eine Verletzung innerdienstlicher oder außerdienstlicher Pflichten vorliegt.

Innerdienstliche Straftaten

Begeht der Beamte Straftaten anlässlich oder im Zusammenhang mit der Dienstausübung, also etwa während des Dienstes im Schulgebäude oder während eines Schulausfluges, so stellen diese stets ein Dienstvergehen dar. Für den Beamten gilt eine uneingeschränkte persönliche Verantwortung für die Rechtmäßigkeit der Diensthandlungen. Im Übrigen stellt die Erfüllung eines Straftatbestandes durch ein innerdienstliches Verhalten in aller Regel eine Verletzung beamtenrechtlicher Kernpflichten, insbesondere der dienstlichen Wahrheitspflicht, der Loyalität- und Unterstützungspflicht, der Verschwiegenheitspflicht oder der Vermögensfürsorgepflicht, dar.

Schnittstellen zwischen Straf- und Disziplinarverfahren

Entscheidend für die Betrachtung eines Strafverfahrens gegen einen Beamten aus Sicht eines Rechtsanwalts sind demnach die jeweiligen Auswirkungen der strafprozessualen Maßnahmen auf das dienstliche Disziplinarrecht. An welchen Stellen berühren sich Strafverfahren und Disziplinarverfahren und welche Folgen kann das haben?

Informationsübermittlung an den Dienstherrn

Wie erfährt der Dienstherr von einem Strafverfahren gegen einen Beamten? Von Zufällen hängt dies nicht ab. Vielmehr ist eine Informationsübermittlung sogar gesetzlich geregelt: Das Gericht, die Strafverfolgungs- oder die Strafvollstreckungsbehörde hat in Strafverfahren gegen Beamte zur Sicherstellung der erforderlichen dienstrechtlichen Maßnahmen im Fall

  • der Erhebung der öffentlichen Klage die Anklageschrift,
  • den Antrag auf Erlass eines Strafbefehls und
  • die einen Rechtszug abschließende Entscheidung mit Begründung (in aller Regel das Strafurteil)

zu übermitteln. Ist gegen die Entscheidung ein Rechtsmittel eingelegt worden, ist die Entscheidung unter Hinweis auf das eingelegte Rechtsmittel zu übermitteln. Der Erlass und der Vollzug eines Haftbefehls oder eines Unterbringungsbefehls sind mitzuteilen.

Wenn es um fahrlässige, also nicht vorsätzliche Straftaten des Beamten geht, schwächt das Gesetz diesen Automatismus etwas ab. Übermittlungen werden dann nur vorgenommen, wenn es sich um schwere Verstöße handelt, namentlich

  • Vergehen der Trunkenheit im Straßenverkehr oder der fahrlässigen Tötung, oder
  • in sonstigen Fällen die Kenntnis der Daten aufgrund der Umstände des Einzelfalls erforderlich ist, um zu prüfen, ob dienstrechtliche Maßnahmen zu ergreifen sind.

Bindung des Dienstvorgesetzten an das Legalitätsprinzip

Hinzu kommt, dass auch ohne eine Informationsübermittlung durch Strafverfolgungsbehörden für den Dienstvorgesetzten nach Disziplinarrecht das Legalitätsprinzip gilt. Liegen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vor, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen, hat der Dienstvorgesetzte ein Disziplinarverfahren einzuleiten, welches auch aktenkundig zu machen ist. Allerdings wird das Disziplinarverfahren ausgesetzt, wenn gegen den Beamten wegen des Sachverhalts, der dem Disziplinarverfahren zugrunde liegt, im Strafverfahren die öffentliche Klage erhoben worden ist. Dies gilt ausnahmsweise nicht, wenn das Strafverfahren gegen den Beamten nicht durchgeführt werden kann, etwa wegen dessen krankheitsbedingter Verhandlungsunfähigkeit. Hintergrund ist, dass die Erkenntnisse des Strafverfahrens über den Sachverhalt abgewartet werden sollen. Gleichfalls möglich ist eine Aussetzung, wenn in einem anderen behördlichen Verfahren über Dinge entschieden wird, die für das Disziplinarverfahren von Bedeutung sind.

Bindung des Dienstvorgesetzten an das Strafurteil

Der Dienstvorgesetzte ist darüber hinaus an die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Straf- oder im Bußgeldverfahren im Disziplinarverfahren, das denselben Sachverhalt zum Gegenstand hat, gebunden.

Bindung des Verwaltungsgerichts an das Strafurteil

Geht der Beamte gegen eine Disziplinarmaßnahme vor, die beispielsweise auf einen strafrechtlich relevanten Sachverhalt gestützt ist, sind hierfür die Verwaltungsgerichte zuständig. Im Grundsatz sind allerdings nach dem hessischen Disziplinarrecht auch die Verwaltungsgerichte an die Feststellungen im vorhergehenden Strafurteil gebunden.

Dies gilt nur dann nicht, wenn die Feststellungen offensichtlich unrichtig sind. Hierunter fallen etwa Widersprüche gegen Gesetze der Logik, allgemeine Erfahrungssätze oder die offenkundige Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften. Daher sind die Verwaltungsgerichte nur dann berechtigt und verpflichtet, sich von den Tatsachenfeststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils zu lösen und den disziplinarrechtlich bedeutsamen Sachverhalt eigenverantwortlich zu ermitteln, wenn sie ansonsten "sehenden Auges" auf der Grundlage eines unrichtigen oder aus rechtsstaatlichen Gründen unverwertbaren Sachverhalts entscheiden müssten. Das BVerwG hat beispielsweise eine Distanzierung von einem inhaltsleeren Formalgeständnis, welches im Strafverfahren erfolgte, zugelassen. Ferner ist eine Neubewertung durch das Verwaltungsgericht möglich, wenn im gerichtlichen Disziplinarverfahren Beweismittel vorgelegt werden, die dem Strafgericht nicht zur Verfügung standen.

Es ist also Vorsicht geboten bei der vorschnellen Annahme von Verfahrensabsprachen (sog. ,,Deals“), die zu einem vermeintlich milderen Strafurteil führen oder eine schnelle und schmerzlose Verfahrensbeendigung versprechen. So nachvollziehbar diese Motive für denjenigen sind, der sich der psychisch sehr belastenden Situation einer Hauptverhandlung vor dem Strafgericht ausgesetzt sieht, so sehr kann sich das Urteil im parallelen Disziplinarverfahren als Bumerang erweisen. ,,Deals“ mit der Staatsanwaltschaft und dem Gericht sind verlockend, aber was dann im Urteil steht, bekommt man aus den Akten kaum noch heraus.

Es besteht dennoch in geeigneten Fällen die Möglichkeit, eine unbesehene Übernahme der Feststellungen aus dem Strafverfahren zu verhindern.

Einstellung des Disziplinarverfahrens

Das Disziplinarverfahren wird eingestellt, wenn das Beamtenverhältnis durch Entlassung, Verlust der Beamtenrechte oder Entfernung aus dem Beamtenverhältnis endet. Die möglicherweise während des andauernden Disziplinarverfahrens einbehaltenen Dienstbezüge verfallen.<

Weiterhin wird das Verfahren eingestellt, wenn

  • ein Dienstvergehen nicht erwiesen ist,
  • ein Dienstvergehen zwar erwiesen ist, eine Disziplinarmaßnahme jedoch nicht angezeigt erscheint,
  • nach § 17 oder § 18 eine Disziplinarmaßnahme nicht verhängt werden darf.

Zu den §§ 17, 18 HDG wird sogleich unter VI. etwas gesagt.

V. Berücksichtigung des Strafverfahrens bei Disziplinarmaßnahmen

Was passiert, wenn der Beamte im Urteil oder im Wege des Strafbefehls bereits verurteilt worden ist? Kann es sein, dass ein Beamter im Strafverfahren zu einer empfindlichen Geldstrafe verurteilt wird und zusätzlich eine Kürzung seiner Bezüge hinnehmen muss?

Es gibt zwei Fälle, in denen bestimmte disziplinarische Maßnahmen nicht mehr verhängt werden können, nachdem bereits im Strafverfahren Maßnahmen verhängt worden sind.

  • Erstens, wenn gegen einen Beamten im Straf- oder Bußgeldverfahren unanfechtbar eine Strafe, Geldbuße oder Ordnungsmaßnahme verhängt worden ist.
  • Zweitens, wenn das Strafverfahren gegen Leistung einer Auflage eingestellt worden ist und wenn diese Auflagen erfüllt worden sind. Denn dann kann eine Tat als Vergehen nicht mehr verfolgt werden.

In beiden Fällen darf nach dem hessischen Disziplinarrecht wegen desselben Sachverhalts

  • ein Verweis, eine Geldbuße oder eine Kürzung des Ruhegehalts nicht ausgesprochen werden,
  • eine Kürzung der Dienstbezüge nur ausgesprochen werden, wenn dies zusätzlich erforderlich ist, um die Beamtin oder den Beamten zur Pflichterfüllung anzuhalten.

In diesen Fällen muss ferner, wie soeben ausgeführt, das Disziplinarverfahren eingestellt werden.

In diesem Zusammenhang ist besonders wichtig, ob eine Identität des Sachverhalts zwischen Straf- und Disziplinarverfahren wirklich vorliegt. Eine solche Sachverhaltsidentität liegt nur vor, wenn das festgestellte Dienstvergehen nicht über den Sachverhalt des rechtskräftig beendeten Strafverfahrens hinausgeht. Aufgrund der sehr umfassenden beamtenrechtlichen Pflichten wird dies nur selten der Fall sein.

Fazit

Es empfiehlt sich grundsätzlich in jedem Strafverfahren, einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen. Oftmals wird der glückliche oder weniger glückliche Ausgang eines Strafverfahrens bereits im Ermittlungsverfahren, also noch lange bevor überhaupt Anklage erhoben worden ist, entschieden. Hier ist zuerst und immer das Recht des Beschuldigten zur Selbstbelastungsfreiheit, also sein Schweigerecht, einzuhalten, bevor nicht Rücksprache mit einem Strafverteidiger gehalten wurde. Nur über den Strafverteidiger ist vollständige Akteneinsicht zu erlangen. Ohne Kenntnis des Akteninhalts und damit den Ergebnissen der strafrechtlichen Ermittlungen, hat eine vorschnelle Einlassung meist mehr Nachteile als Vorteile. Es werden ,,im Blindflug“ ohne Akte oft Dinge eingestanden, die nicht beweisbar gewesen wären, oder Zeugenaussage stehen im Widerspruch zu den Erklärungen des Beschuldigten. All dies lässt sich vermeiden. Schweigen darf dem Beschuldigten zudem nicht zum Nachteil ausgelegt werden.

Im Hinblick auf das Disziplinarverfahren und dessen empfindliche Folgen sollte zudem in Zusammenarbeit mit einem Rechtsanwalt genau herausgearbeitet und beeinflusst werden, welcher Sachverhalt Gegenstand einer rechtskräftigen Entscheidung wird. Jede Nachlässigkeit kann im späteren Disziplinarverfahren fatale Folgen haben. Hier kann durch eine umfassende Verteidigungsschrift bereits im Ermittlungsverfahren dem Effekt vorgebeugt werden, dass das Bild von der vermeintlichen Straftat, welches zunächst nur aus den Akten erlangt wird, bei Staatsanwalt und Richter bereits frühzeitig feststeht – ein psychologischer Tatbestand, der leider häufig vorkommt. Je früher hier die Sichtweise des Beschuldigten Eingang in die Akten findet, desto eher ist eine abweichende Beurteilung noch zu erreichen. Ferner können entlastende Beweismittel vorgelegt oder Beweiserhebungen beantragt werden, bevor es zu einem Gerichtsverfahren kommt.

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Leserkommentare
von Will-es-wissen am 25.02.2016 14:38:52# 1
Sehr geehrter Herr Schilling, in Frankfurt mag das System vielleicht funktionieren. Auf dem Land haben Sie bei jeder Telefonliste von Ämtern und Behörden ein Deja Vu. Hierzulande werden Straftaten von Behörden sogar durch Gerichte bestätigt und durch die Polizei nicht verfolgt. Und Anwälte drücken sich mit fadenscheinigen Ausreden, um den Geschäftsbetrieb nicht zu gefährden. Auf Wunsch sende ich Ihnen eine CD mit den Nachweisen zu.