Fristlose Kündigung wegen Surfens am Arbeitsplatz auch ohne Abmahnung

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Fristlose Kündigung wegen Surfens am Arbeitsplatz auch ohne Abmahnung

Berufungsgericht: Arbeitnehmer wusste, dass privates Surfen nicht geduldet wird

Bei privater Nutzung des Internet während der Arbeitszeit droht dem Arbeitnehmer die fristlose Kündigung. Insbesondere kann der Arbeitnehmer auch ohne vorherige Abmahnung gefeuert werden, wenn die Richtlinien des Arbeitgebers zur Nutzung des Internet eindeutig waren. Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen bestätigte Anfang Mai die Rechtswirksamkeit einer fristlosen Kündigung eines Arbeitnehmers, der während der Arbeitszeit Dateien mit pornografischem Inhalt auf die Festplatte seines Dienst-PC heruntergeladen hatte. Das Berufungsgericht folgte damit der Rechtsauffassung des erstinstanzlichen Arbeitsgerichts, wie Rechtsanwalt Dr. Stefan Kramer aus Hannover 123recht.de mitteilte. Das Urteil ist rechtskräftig. (Az 3 Sa 726/01 B)

Neben dem Herunterladen der Dateien für private Zwecke hatte der Arbeitnehmer außerdem eine Homepage mit erotischem Inhalt von seinem Arbeitsplatz aus in das World Wide Web gestellt. Beides verstieß gegen betriebliche Regelungen, die eine private Nutzung untersagten. Dem Arbeitnehmer wurde ohne Umschweife fristlos gekündigt, ohne dass eine vorherige Abmahnung erfolgt war. Gegen diese Kündigung ging der gechasste Arbeitnehmer gerichtlich vor.

Die erste Instanz und das Berufungsgericht fanden an der Kündigung allerdings nichts auszusetzen: Sie war aufgrund des unstreitigen, nicht unerheblichen Fehlverhaltens des Klägers rechtmäßig. Insbesondere bedurfte es auch keiner vorigen Abmahnung, weil es sich um einen Verstoß im Vertrauensbereich gehandelt habe. Für den Arbeitnehmer sei klar gewesen, dass ein derartiges Verhalten von dem Arbeitgeber auf keinen Fall geduldet werden würde.

"Der jetzt abgeschlossene Fall zeigt, dass bei einem vom Arbeitgeber ausgesprochenen privaten Nutzungsverbot des Internetzugangs grobe Zuwiderhandlungen des Arbeitnehmers ohne vorherige Abmahnung zu einer fristlosen Kündigung führen können", sagte Kramer, Fachanwalt für Arbeitsrecht, im Anschluss an das Urteil. "Maßgeblich sind dabei insbesondere der Inhalt der vertragswidrigen Internetnutzung und deren Umfang. Je gravierender sich das verbotene Surfen vom Unternehmenszweck entfernt und je umfangreicher die Nutzung ist, desto härter kann die Sanktion des Arbeitgebers ausfallen - bis hin zum sofortigen Verlust des Arbeitsplatzes wie in diesem Fall."

Die Privatnutzung des Internet beträgt nach Recherchen des Niedersächsischen Landesrechnungshofs rund 44 Prozent, wovon pornografische und erotische Internetangebote mit 4,6 Prozent einen der beliebtesten Surfziele darstellen. Durch "mangelnde Dienstaufsicht und Untätigkeit" entstehe ein "erheblicher Schaden" durch das private Surfen im Internet durch Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes. Gerichte werden sich daher in Zukunft immer häufiger mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob Sanktionen gegen Arbeitnehmer, die das Internet zum Freizeitvergnügen durchkämmen, gerechtfertigt sind. Gab es bislang nur einzelne Entscheidungen in erster Instanz von Arbeitsgerichten, so wurde nun eine fristlose Kündigung erstmals von einem Berufungsgericht bestätigt.

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