Störer-Urteile - haften Eltern für ihre Kinder?

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(domain-recht.de) Das Landgericht Hamburg hat in seinem Rechtsstreit (Az. : 308 O139/06) zwei Beschlüsse erlassen (vom 09.03.2006 und vom 21.04.2006), die einmal mehr Zweifel an der Rechtsauffassung der Hamburger aufkommen lassen. "Eltern haften für ihre Kinder" heißtes kurzgefasst. Glücklicherweise gibt es da auch andere Stimmender iuris prudens - so wie die des Landgericht Mannheim (Urteilvom 29.09.2006, Az. : 7 O 76/06 und vom 30.01.2007, 2 O 71/06).

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem LG Hamburg hatte die minderjährige Tochter der Antragsgegner die Rechte einesTonträgerherstellers verletzt, indem sie urheberrechtlich geschützte Musikaufnahmen durch ein Filesharingsystem öffentlichzugänglich machte. Das LG Hamburg äußert in den Kostenbeschlüssen vom 09.03.2006 und 21.04.2006 die Ansicht, dafür hätten dieEltern einzustehen. Ihnen obläge eine Prüfpflicht, die sie verletzt hätten: Eltern hätten die Pflicht, Kinder über die Risiken des Internets zu unterrichten, deren Tun zu überwachen undgegebenenfalls widerrechtliches Tun zu unterbinden. Weiträumiggeht das Gericht dabei auf die adäquate Kausalität ein: wer einem fünfzehnjährigen Kind im Haushalt die Nutzung des Internetzuganges ermöglicht, der haftet für eine Schutzrechtsverletzungdes Kindes. Denn die Rechtsverletzungen im Internet haben zugenommen, da birgt das Überlassen des Internetzuganges an einenDritten die nicht unwahrscheinliche Möglichkeit, dass der Dritte Rechtsverletzungen begeht. Dies aber löse die Prüf- und gegebenenfalls eine Handlungspflicht aus; das gelte nicht nur einfach bei Überlassung des Zugangs an Dritte, sondern ganz besonders an Jugendliche.

Auch das LG Mannheim geht davon aus, dass seitens der Eltern vonKindern, die das Internet benutzen, grundsätzlich Prüfpflichtenbestehen. Doch kommt das Gericht in seinem Urteil vom 29.09.2006zu einem ganz anderen Ergebnis. In dem vor dem LG Mannheim verhandelten Fall hatte der volljährige Sohn des Antragsgegners perFilesharing Zugriff auf ein urheberrechtlich geschütztes Computerspiel zugelassen, das Dritte sich so herunterladen konnten.Anders als das LG Hamburg meint man in Mannheim freilich, wennein Internetanschluss innerhalb der Familie und damit insbesondere den Kindern zur Verfügung gestellt wird, so beruht die Er-öffnung des Zugangs auf dem familiären Verbund. Das führt zu veränderten Prüf- und Überwachungspflichten, deren Umfang sich anErziehung und Alter der Kinder orientiert - auch in anderen Bereichen. Eine dauerhafte Überprüfung des Verhaltens der Kinderist nach Ansicht des LG Mannheim jedenfalls nicht zumutbar, soweit kein konkreter Anlass besteht. Ist das Kind volljährig undhat gegenüber den Eltern einen Wissensvorsprung bezüglich Computer- und Internettechnologie, ist eine einweisende Belehrung seitens der Eltern nicht sinnvoll, bei jüngeren Kindern kann diese,je nach Grad der Vernunft der jeweiligen Nutzer im Einzelfall,sinnvoll sein. Das dieser Tage bei jurpc.de veröffentlichte Urteil vom 30.01.2007 (Az. : 2 O 71/06) des LG Mannheim bestätigtdiese Auffassung nochmals.

Mit seiner Ansicht kriminalisiert das LG Hamburg alle Jugendlichen per se. Das aber geht über das Ziel hinaus und ist einehaltlose Annahme. Das LG Mannheim erkennt und anerkennt die Internetkompetenz von Jugendlichen, die denen ihrer Eltern in derRegel überlegen ist. Diesen Umstand bringt das Gericht angemessen in seinen Entscheidungen zum Tragen. Das LG Mannheim siehtkeinen Bedarf für eine ständige Überwachung, wie es das LG Hamburg fordert; selbst eine einweisende Belehrung ist nicht injedem Falle notwendig; oft müssen Jugendliche ihren Eltern dieseEinweisung geben. Angesichts dessen schlägt das LG Hamburg nachdiesseitiger Auffassung einmal mehr über die Stränge.

Autor: Domain-recht.de