Die inhaltliche Ausgestaltung des Bauvertrages. VOB-Vertrag und Werkvertrag

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Was bedeutet VOB-Vertrag?

Die inhaltliche Ausgestaltung von Bauverträgen folgt grundsätzlich dem Werkvertragsrecht. (§§ 631ff BGB). Diese Regelungen gelten für jeden Werkvertrag. Und genau das ist das Problem. Nach diesen Paragrafen werden Autoreparaturen genauso wie die Taxifahrt oder Bauverträge geregelt.
Es ist einleuchtend, dass Regelungen, die für solche unterschiedliche Vertragsarten gelten, im Bereich des einzelnen Vertragstypus Schwächen aufweisen.

Deshalb wird im Bereich des Hausbaues und hier insbesondere beim Architektenbau, sowie bei jedem anderen Vertrag, den der Bauherr mit einem Bauunternehmer abschließt (z.B. Decken eines Daches), ein so genannter VOB-Vertrag vereinbart.

VOB bedeutet Verdingungsordnung für Bauleistungen. Die VOB ist ein speziell auf Bauleistungen zugeschnittenes Regelungswerk. Sie besteht aus einem A B und C Teil.
Die vertraglichen Bedingungen aus dem B-Teil ändern zum Teil die werkvertraglichen Vorschriften ab. Hierbei werden die werkvertraglichen Vorschriften teilweise zu Gunsten des Bauherrn und teilweise zu Gunsten des Bauunternehmers abgewandelt.

Wie erkenne ich, ob es sich um einen VOB-Vertrag handelt?

VOB werden vom Bauunternehmer als Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) in den Bauvertrag eingeführt. Sie sind nur Vertragsbestandteil, wenn ihre Geltung ausdrücklich vereinbart wird. Dazu müssen sie dem Vertragspartner zur Einsicht gegeben werden (z.B. durch Anheftung an den eigentlichen Vertrag), der bloße Hinweis auf die Geltung der VOB im Vertrag reicht nicht aus, um sie zum Vertragsbestandteil zu machen.

Sind die VOB immer identisch?

AGB werden von deren Verwender in der Regel zu seinem Vorteil eingeführt. Im Fall des Bauvertrages gilt jedoch eine Besonderheit: Der Bauherr muss sich keine Sorge darüber machen, dass die VOB bauunternehmerfreundlich verändert werden. Denn die VOB ändert die werkvertraglichen Vorschriften teilweise zum Vorteil des Bauunternehmers und teilweise zum Vorteil des Bauherrn ab. Mit anderen Worten: Der Gesetzgeber hat versucht, durch die VOB eine ausgewogene Regelung für alle Beteiligten zu schaffen.
Will nun aber der Bauunternehmer diese Vorschriften durch AGB zu seinem Vorteil zu verändern, so sieht dies die Rechtsprechung als überraschende und benachteiligende Klausel an. Damit sind die gesamten nach VOB vereinbarten Bedingungen nichtig. Es dann gilt wieder das Werkvertragsrecht des BGB .

Damit wird die Geltung der VOB als AGB im Bauvertrag in der Regel in ihrer gesetzlichen Form vereinbart. Wird eine Partei unangemessen benachteiligt, so ist dies rechtswidrig. Die Einbeziehung der VOB in den Bauvertrag ist für den Bauherrn also weitgehend risikofrei.

Was passiert, wenn es neben den VOB noch weitere Vereinbarungen zwischen den Parteien gibt?

Bei einem Bauvertrag gibt es eine Vielzahl von Regelungen, die sich unter Umständen sogar widersprechen. Normalerweise müssen sich die Vertragsparteien dann einig sein, welche Vereinbarung gelten soll. Da aber Widersprüche oft nicht sofort sichtbar sind, kommt es im Nachhinein zum Streit über die vereinbarten Regelungen.

Dieser Streit ist vermeidbar, wenn die Parteien die Geltung der VOB vereinbart haben. Sie schreibt in § 1 Ziffer 2 VOB/B vor, in welcher Reihenfolge die Vereinbarungen und Vorschriften gelten sollen. Damit vermeiden Sie bei Vereinbarung der VOB jede Menge Streit und können sich auf wichtigere Dinge konzentrieren.

Auf welche Bauwerke sind die Vorschriften anwendbar?

Inhaltlich befasst sich die VOB ausschließlich mit Werkverträgen. Sie ist für Verträge ausgelegt, bei denen jemand einen anderen beauftragt, für ihn eine bestimmte Sache herzustellen. Im Bereich des Bauvertrages ist dies ein Bauwerk, z.B. ein Haus.

Nun gibt es im Baurecht Konstellationen, in denen der Unternehmer ohne die vorherige Beauftragung durch den Besteller tätig wird.
Der klassische Fall ist der Kauf einer Eigentumswohnung. Hier wird das gesamte Haus zunächst von Bauunternehmern gebaut. Innerhalb dieses Hauses werden dann Eigentumswohnungen angeboten. Der Käufer der Eigentumswohnung gibt also keinen spezifischen Auftrag mehr an den Bauunternehmer zur Erstellung der einzelnen Wohnung. Demzufolge müsste in diesem Bereich eigentlich Kaufrecht zur Anwendung kommen, da es sich um eine fertige Sache handelt.
Allerdings wendet die Rechtsprechung das Gewährleistungsrecht des Werkvertrags (und damit u.U. auch die VOB) auch auf diesen Bereich des "Baurechts" an.

Weiterhin dehnt sie die Anwendung von VOB und Werkvertragsrecht auf den "Kauf" von fertiggestellten Häusern und vollständig sanierten Wohnungen aus.

Damit kann man auch in Bereichen, in denen man nicht damit rechnet, mit der VOB konfrontiert werden.

Bemerkung:

Diese Darstellung soll sich weitestgehend auf den Abschluss eines VOB-Vertrages beschränken. Informationen zum Werkvertrag entnehmen Sie bitte den entsprechenden Artikeln auf unseren Seiten:
Die Abnahme beim Werkvertrag.
Die Handwerkerrechnung.
Die Fertigstellungsbescheinigung.

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Seiten in diesem Artikel:
Seite  1:  Der private Bau-Vertrag
Seite  2:  Phase I: Der Abschluss des privatrechtlichen Bauvertrages
Seite  3:  Architektenbau
Seite  4:  Bauträgerbau/Typenhaus
Seite  5:  Bauherrenmodell
Seite  6:  Die inhaltliche Ausgestaltung des Bauvertrages. VOB-Vertrag und Werkvertrag
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