Voraussetzungen der Mietminderung

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Erheblichkeit des Mangels

Von Rechtsanwalt Falk Brorsen

Tritt während der Mietzeit ein Mangel an der Mietwohnung auf, der zu einer spürbaren Beeinträchtigung der Wohnqualität führt, schuldet der Mieter nicht mehr den vollen Mietzins, sondern kann gegenüber dem Vermieter eine Mietminderung geltend machen. Viele Mieter sind sich über die richtige Vorgehensweise bei der Mietminderung nicht im Klaren. Der Artikel soll hierüber einen Überblick verschaffen.

Nach dem Gesetz kann die Miete gemindert werden, wenn ein Mangel vorliegt, durch den die „Tauglichkeit“ der Mietsache gemindert oder aufgehoben wird. Folglich berechtigt nicht jede Verschlechterung der Mietwohnung zur Minderung. Vielmehr muss die Beeinträchtigung von einer gewissen Erheblichkeit und Nachhaltigkeit sein. Beispielsweise geringfügige oder nur sehr vereinzelte Geruchs- oder Geräuschbeeinträchtigungen, kleine optische Beeinträchtigungen o.ä. berechtigen den Mieter also nicht zur Minderung.

Der Mieter ist aber auch ohne das Minderungsrecht nicht schutzlos: Das Recht auf Mangelbeseitigung, Zurückbehaltung von Mietbeträgen in angemessener Höhe und zur Ersatzvornahme bleiben auch bei geringen Beeinträchtigungen erhalten.

Einseitigkeit und Wirkungsweise der Mietminderung

Viele Mieter verlangen vom Vermieter die Zustimmung zur Mietminderung oder „beantragen“ diese beim Vermieter. Hierdurch wir deutlich, dass viele Mieter davon ausgehen, der Vermieter müsse sich mit der Minderung einverstanden erklären. Tatsächlich tritt die Minderung bereits aber automatisch durch Gesetz – genau gesagt ab Anzeige des Mangels beim Vermieter - ein (Wortlaut: „Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er (der Mieter) nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten.“) und muss vom Mieter nur einseitig geltend gemacht werden. Die Geltendmachung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Vermieter. Aus dem Gesetzeswortlaut geht auch hervor, dass die Minderung – anders als vielfach angenommen – völlig unabhängig davon geltend gemacht werden kann, ob und wie schnell der Vermieter Maßnahmen zur Beseitigung des Mangels in die Wege leitet. Der Mieter kann mithin auch dann mindern, wenn der Vermieter unverzüglich tätig geworden ist.

Die Minderung bewirkt, dass der Mieter den Minderungsbetrag nicht schuldet, mithin auch nicht an den Vermieter nachzahlen muss, wenn dieser den Mangel beseitigt hat. Hierin unterscheidet sich die Minderung vom Zurückbehaltungsrecht, das sowohl neben der Minderung oder auch an dessen Stelle geltend gemacht werden kann. Die Minderung basiert auf dem Gedanken, dass Leistung und Gegenleistung im Mietvertrag in einem angemessenen Verhältnis stehen müssen: Ist die Mietsache in ihrer Tauglichkeit eingeschränkt, braucht dafür auch nicht die volle Miete gezahlt zu werden, da diese nur für eine mangelfreie Mietsache vereinbart wurde. Das Zurückbehaltungsrecht hingegen beruht auf dem Gedanken, dass der Mieter seinen Verpflichtungen nicht (voll) nachkommen muss, wenn dies der Vermieter - durch fristgerechte Mangelbeseitigung – ebenfalls nicht tut. Wie der Begriff Zurückbehaltungsrecht schon aussagt, müssen zurückbehaltene Mietbeträge nachgezahlt werden, wenn der Vermieter seiner Verpflichtung zur Mangelbeseitigung nachgekommen oder das Mietverhältnis beendet ist.Es empfiehlt sich, sowohl Mangelanzeige als auch die Geltendmachung der Minderung schriftlich zu erklären.

Dauer der Mietminderung

Die Mietminderung kann ab Anzeige des Mangels bis zur Beseitigung desselben geltend gemacht werden. Es kommt hierbei nicht darauf an, wer den Mangel beseitigt hat, da das Gesetz für die Minderung nur an das Vorhandensein des Mangels anknüpft. Selbst wenn der Mieter – etwa wegen Untätigkeit des Vermieters – einen Mangel im Wege der Ersatzvornahme selbst beseitigt, kann er nur bis zu diesem Zeitpunkt die Miete kürzen. In letzterem Fall kommt allerdings ein Anspruch hinsichtlich der Kosten der Ersatzvornahme in Betracht.

Höhe der Mietminderung

Das Gesetz macht keine genauen Vorgaben über die Bestimmung der Minderungshöhe, sondern beschränkt sich darauf vorzugeben, dass die Miete „angemessen“ gemindert ist. Diese Regelung ist einerseits sinnvoll, da das Gesetz auf eine unüberschaubare Anzahl verschiedener Sachverhalte anwendbar sein muss. Auf der anderen Seite führt dies zu einer nicht unerheblichen Rechtsunsicherheit, da nie genau vorhersehbar ist, ob der gewählte Minderungsbetrag auch im Rahmen eines eventuellen Rechtsstreits vom Gericht als angemessen erachtet werden würde. Es empfiehlt sich deshalb, sich im Internet oder an sachkundiger Stelle über Vergleichsfälle zu informieren, in welchen Gerichte bereits über ähnliche Mängel geurteilt und Minderungsbeträge festgelegt haben.

Nach der Rechtsprechung des BGH ist die Minderung an der Warmmiete, also der Miete einschließlich eventueller Nebenkostenzahlungen, zu orientieren und hat damit den langjährigen Streit darüber beendet, ob bei Verträgen, die eine Kaltmiete neben einer Nebenkostenzahlung vorsehen, vom Gesamtbetrag oder nur von der Kaltmiete zu mindern ist. Zu beachten ist aber, dass nach wie vor einige Instanzgerichte an der Auffassung festhalten, dass die Minderung an der Kaltmiete zu orientieren sei.

Verlust des Minderungsrechts und rückwirkende Mietminderung

Vor der Mietrechtsreform im Jahr 2001 gingen die Gerichte davon aus, dass der Mieter sein Minderungsrecht verlöre, wenn dieser trotz vorhandenen Mangels über längere Zeit (mind. 6 Monate) die volle Miete weitergezahlt hatte, und zwar sowohl für die Vergangenheit, als auch für die Zukunft. Diese Rechtsprechung ließ sich nach der Mietrechtsreform nicht aufrechterhalten. Nach der heutigen Rechtslage kann daher die Minderung für die gesamte Zeit ab Anzeige des Mangels beim Vermieter geltend gemacht werden. Dies gilt sowohl für die Vergangenheit, als auch für die Zukunft. Auch derjenige Mieter, der im Vertrauen auf die baldige Mangelbeseitigung durch den Vermieter zunächst die volle Miete weitergezahlt hatte, kann daher die Minderung auch später noch für den gesamten Zeitraum ab Anzeige des Mangels geltend machen.

Ein Verlust des Minderungsrechts kommt daher nur noch in den sehr seltenen Fällen der Verwirkung in Betracht. Hierzu ist allerdings der Ablauf eines sehr langen Zeitraums sowie ein Verhalten des Mieters erforderlich, aus dem der Vermieter schließen kann, dass der Mieter trotz des Mangels die Miete voll weiter schulden will, auch wenn der Vermieter den Mangel nicht beseitigt. Der bloße Umstand, dass die Miete in voller Höhe weitergezahlt wurde reicht hierfür jedenfalls nicht aus.

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