BGH: Und wieder einmal Haftung des Geschäftsführers im Insolvenzfall!

Mehr zum Thema: Insolvenzrecht, Geschäftsführerhaftung, Schadensersatzanspruch, Insolvenzverwalter, Masseschmälerung
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Der Zweck die Masseschmälerungshaftung

Der BGH befasste sich mit der Frage, welchen Zweck die Masseschmälerungshaftung hat - Auffüllung oder Bereicherung der Insolvenzmasse? BGH, Urteil vom 18.11.2014 - II ZR 231/13

Was war geschehen?

Der Insolvenzverwalter einer GmbH & Co. KG klagt gegen einen Geschäftsführer auf Zahlung aus Masseschmälerungshaftung. Nachdem die Schuldnerin zahlungsunfähig geworden war, schloss sie einen revolvierenden Darlehensvertrag ab. Die Schuldnerin zahlte wenige Tage nach Erhalt des Darlehens dieses zurück. Aufgrund des revolvierenden Charakters erhielt die Schuldnerin kurz darauf die Darlehensvaluta erneut.

Sandro Dittmann
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Was sagt der BGH?

Für den BGH stellt die Rückzahlung des Darlehens durch die Schuldnerin keine Schmälerung der Insolvenzmasse dar, weil die Darlehenssumme wiederholt in das Vermögen der Schuldnerin eingebracht wurde. Sie stellt somit eine erlaubte Zahlung dar. Der Zweck des § 130 a HGB dient der Auffüllung und nicht der Bereicherung der Masse.

Es besteht keine Ersatzpflicht des Organs (also hier des Geschäftsführers) für Zahlungen nach der Insolvenzreife, solange die Schmälerung der Masse, welche durch die Zahlungen erfolgte, mit den Ausgleichszahlungen zusammenhängt.

Es existiert kein Erstattungsanspruch, soweit ein Ausgleich der Massekürzungen dadurch gegeben ist, dass anstelle der Zahlung ein Gegenwert in das Gesellschaftsvermögen gezahlt wird und nur ein Aktivtausch erfolgt. Dies erfordert jedoch eine direkte Verknüpfung mit der Zahlung.

Der Gegenstand des Massezuflusses muss nicht mehr unbedingt bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorliegen. Es wird auf den Zeitpunkt abgestellt, in dem ein Ausgleich der Masseverkürzung durch einen Massezufluss stattgefunden hat. Es ist nicht mehr der Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung maßgeblich. Ein Ausgleich der Masseverkürzung und die Haftung des Organs für die masseverkürzende Leistung entfällt, wenn ein ausgleichender Wert endgültig in das Gesellschaftsvermögen gelangt ist.

Praxistipp vom Fachanwalt und Insolvenzverwalter

Diese Entscheidung stellt eine Rechtsprechungsänderung zugunsten der Geschäftsführer dar.

Der BGH vertrat früher die Ansicht, dass sich der Geschäftsführer in Bezug auf die Masseschmälerungshaftung mit dem Nachweis entlasten kann, dass ein Gegenwert in das Gesellschaftsvermögen eingebracht und nicht aufgebraucht wurde, sondern vollständig vorhanden ist. Vormals war im Rahmen der Masseschmälerungshaftung ( § 130 a HGB, § 64 S. 1 GmbHG, §93 Abs. 3 Nr. 6 AktG) eine Zahlung ungekürzt zu erstatten oder es musste eine Gegenleistung, die für die Zahlung in die Masse gelangt ist, in Abzug gebracht werden. Der maßgebliche Zeitpunkt war früher stets der Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Nach der jetzigen Ansicht des BGH scheidet eine Masseschmälerungshaftung aus, sobald eine gleichwertige Gegenleistung in das Vermögen der späteren Insolvenzschuldnerin gelangt ist. Es ist dabei unerheblich, ob diese Gegenleistung bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch vorhanden ist oder nicht.

Für die Insolvenzverwalter erschwert sich durch diese Rechtsprechung die Durchsetzung von Geschäftsleiterhaftungsansprüchen. Die Geschäftsleiter können sich leichter exkulpieren.

Die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen Geschäftsleiter nimmt nicht ab – durch diese Rechtsprechung gibt es neue Argumente, die gegen eine Haftung sprechen.

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Rechtsanwalt Sandro Dittmann
Insolvenzverwalter
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