Disko, Bier und Zigaretten versus Jugendschutz

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Ab welchem Alter dürfen Jugendliche nachts allein Bars und Diskotheken besuchen? Was gilt bei Partys zu Hause?

Die meisten Eltern von Teenagern werden sie kennen, die Diskussionen mit ihren Heranwachsenden, wenn es darum geht, ob und wenn ja wie lange die Kids auf die Piste dürfen. Wir haben Rechtsanwalt Christoph M. Huppertz gefragt, wie die Vorgaben vom Gesetzgeber sind.

Eintritt erst ab 16 Jahren!

123recht.de: Herr Huppertz, nun mal Butter bei die Fische: Ab welchem Alter dürfen Minderjährige ohne Erziehungsberechtigte in die Disko und bis zu welcher Uhrzeit?

Christoph M. Huppertz
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Rechtsanwalt Huppertz: Ab 16 Jahre dürfen Jugendliche alleine in die Diskothek und dann bis 24 Uhr. Dies gilt natürlich nur, wenn der Dikothekenbetreiber selbst keine Einschränkung vornimmt, z.B. "Eintritt erst ab 18".

123recht.de: Gibt es Ausnahmen, z.B. mit einem so genannten Muttizettel?

Rechtsanwalt Huppertz: Die/Der Personensorgeberechtigte (z.B. die Mutter) kann eine andere Person beauftragen, dass sie für eine bestimmte Zeit die Erziehungsaufgaben wahrnimmt. Diese erziehungsbeauftragte Person kann das Kind bzw. den Jugendlichen dann in die Disko begleiten und beaufsichtigen. In dem Fall gibt es keine Alters- oder Uhrzeitbegrenzung.

Die erziehungsbeauftragte Person selbst muss volljährig sein, also mindestens 18 Jahre alt. Außerdem muss sie sich tatsächlich kümmern und aufpassen und nicht in der Disko lediglich ihren eigenen Interessen nachgehen.

Nicht mehr erforderlich ist eine Verwandtschaft zwischen der Begleitperson und dem Kind bzw. Jugendlichen. Auch muss kein besonderes Autoritätsverhältnis oder ein großer Altersabstand vorliegen.

Jugendschutzbestimmungen regeln nicht, wann die Kinder zu Hause sein müssen

123recht.de: Müssen die Teenies dann um Mitternacht zu Hause sein, oder nur aus der Disko raus?

Rechtsanwalt Huppertz: Die Jugendlichen müssen um 24 Uhr die Disko verlassen. Wann sie zu Hause sein müssen, vereinbaren sie einzig mit ihren Eltern. Die gesetzlichen Jugendschutzbestimmungen regeln nur den Aufenthalt an bestimmten öffentlichen Orten. Ansonsten greifen sie nicht in die Beziehung zwischen den Eltern und ihren Kindern ein.

123recht.de: Gilt das für Restaurants und andere Gaststätten genauso?

Rechtsanwalt Huppertz: In Gaststätten dürfen sich auch Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren bis 23 Uhr aufhalten, wenn sie etwas essen oder trinken. Das Recht besteht aber nur für die übliche Dauer des Essens bzw. Trinkens. Das Kind bzw. der Jugendliche kann also nicht um 19 Uhr etwas essen und dann bis 23 Uhr bleiben.

Jugendliche über 16 Jahre dürfen gesetzlich bis 24 Uhr in der Gaststätte sein, unabhängig davon, ob sie etwas essen oder trinken.

Werden die Kinder bzw. Jugendliche von einer personensorgeberechtigten oder erziehungsbeauftragten Person (s.o.) begleitet, gibt es wiederum keine Alters- oder Uhrzeitgrenze.

Eine weitere Ausnahme gilt für Kinder und Jugendliche, die sich auf einer Reise befinden. Ihnen soll der Besuch von Gaststätten zur Übernachtung und zur Überbrückung von Wartezeiten bei den öffentlichen Verkehrsmitteln ermöglicht werden und zwar ohne dass sie pausenlos essen und trinken müssen.

Natürlich entscheidet letztlich der Gastwirt.

Harten Alkohol erst ab 18!

123recht.de: Was ist mit Alkohol? Was dürfen 16-Jährige konsumieren oder kaufen?

Rechtsanwalt Huppertz: Jugendliche über 16 Jahre dürfen alkoholische Getränke kaufen und trinken, die kein Branntwein sind und die auch keinen Branntwein enthalten - also z.B. nicht: Weinbrand, klare Schnäpse, Whisky, Magenbitter, Rum, Likör, Grog, Kräuterschnaps, aber eben auch keine Mischgetränke wie Longdrinks, Cocktails, Alkopops oder Bowle, in denen entsprechende Spirituosen enthalten sind.

Erlaubt sind insbesondere Bier, Wein und Sekt.

123recht.de: Welche Konsequenzen drohen Bars oder Diskotheken, die dagegen verstoßen?

Rechtsanwalt Huppertz: Ein solcher Verstoß stellt eine Ordnungswidrigkeit dar. Es wird ein Bußgeldverfahren eingeleitet und es kann eine Geldbuße bis 50.000,00 EUR verhängt werden. Viel gravierender aber noch: Es droht der Entzug der Erlaubnis zum Betrieb eines Gaststättengewerbes.

Der schnell an einem Schnaps für einen 16 oder 17-Jährigen verdiente Euro kann den Gastwirt im Ergebnis also teuer zu stehen kommen, insbesondere in Zeiten, in denen alles mit dem Smartphone für die Ewigkeit dokumentiert wird.

123recht.de: Was ist mit Privatfeiern? Angenommen, mein Sohn feiert zu Hause seinen 18. Geburtstag, es gibt Bier und auch Spirituosen, die Gäste sind zwischen 16 und 20 Jahren. Hab ich die Pflicht, den Konsum der Minderjährigen zu kontrollieren? Was kann mir schlimmstenfalls passieren?

Rechtsanwalt Huppertz: Eltern minderjähriger Kinder haben grundsätzlich eine Aufsichtspflicht. Auf der anderen Seite besteht aber auch ein Vertrauensverhältnis zwischen Eltern und Kindern. Eine ständige Bewachung ist weder vorgeschrieben noch gewollt. Wenn also das Kind über die Risiken von Alkohol aufgeklärt ist und es auch keine Anhaltspunkte für Alkoholexzesse gibt, ist eine Aufsicht nicht erforderlich, sondern man kann die Kinder alleine feiern lassen.

Das von Ihnen gewählte Beispiel ist besonders interessant. Denn wenn Ihr Sohn schon 18 ist, also nicht reinfeiert, darf er Spirituosen trinken. Als Volljähriger ist er auch Gastgeber, ohne dass ich hier irgendeine Verantwortlichkeit von Ihnen sehe.

Wenn er hingegen reinfeiert, sind Sie ihm gegenüber bis 24 Uhr aufsichtspflichtig. Insbesondere sind Sie dann aber auch als Gastgeberin anzusehen. Die Eltern der nicht volljährigen Kinder dürfen darauf vertrauen, dass Sie die Aufsicht für ihre Kinder übernehmen. Hier gilt genauso, dass dies keine Überwachung bedeutet.

Insoweit sollten Sie allerdings beim Einkauf von Spirituosen hellhörig werden. Hier ist zumindest mit Ihrem Sohn klar zu regeln, dass diese nicht an Minderjährige abgegeben werden. Wer vorsätzlich harten Alkohol an Minderjährige abgibt oder ein solches Vorgehen fördert, handelt ordnungswidrig, wiederum bewehrt mit einer Geldbuße bis 50.000,00 EUR.

Außerdem kann sogar eine Strafbarkeit wegen Körperverletzung gegeben sein, wenn der Minderjährige zu Schaden kommt. Im Ergebnis ist die klare Regelung "Schnaps ab 18" somit in jedem Fall geboten, insbesondere auch im Sinne Ihres Sohnes. Denn strafrechtlich verantwortlich ist Ihr Sohn schon, seitdem er 14 Jahre alt ist. Und sobald er 18 Jahre ist, handelt auch er ordnungswidrig, wenn er dem 17-jährigen Freund einen Schnaps ausgibt.

Rauchen erst ab 18, egal ob Zigarette, Zigarillo oder Wasserpfeife

123recht.de: Was ist mit Zigaretten und gibt es einen Unterschied zum Shisha-Rauchen (Wasserpfeife)?

Rechtsanwalt Huppertz: Minderjährige - also alle unter 18 Jahren - dürfen weder in Diskos oder Gaststätten noch in der Öffentlichkeit rauchen. Auch dürfen an sie keine Tabakwaren verkauft werden. Hier werden sicherlich viele überrascht sein, insbesondere Eltern, die dies von früher anders kennen, als dies nur für Jugendliche unter 16 Jahren verboten war.

Der Gesetzgeber spricht von "Tabakwaren". Hierunter fallen nicht nur Zigaretten, sondern genauso Zigarillos, Zigarren und Tabake und Tabakmischungen für Pfeifen, auch für Wasserpfeifen.

123recht.de: Vielen Dank Herr Huppertz!

Christoph M. Huppertz
Rechtsanwalt & Fachanwalt für Strafrecht

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