Strafrechtliche Haftungsrisiken des Geschäftsführer bei Firmeninsolvenz
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Dem Geschäftsführer einer GmbH kommt im Rahmen der Firmeninsolvenz eine besondere Rolle zu. Prinzipiell haftet der Geschäftsführer einer GmbH nicht gegenüber deren Gläubigern. Voraussetzung ist jedoch insoweit, dass er sich bei vorhandenen wirtschaftlichen Schwierigkeiten der GmbH rechtlich einwandfrei verhalten hat. In der Praxis treten häufig 3 Fallkonstellationen auf, aufgrund derer der Geschäftsführer strafrechtlich und haftungsrechtlich zur Verantwortung gezogen werden kann:
1. Insolvenzverschleppung
Gem. § 15 a Abs. 1 InsO muss der Geschäftsführer bei Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der GmbH ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber binnen drei Wochen nach Feststellung der Zahlungsunfähigkeit, Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen. Überschreitet er diese Frist, macht er sich gem. § 15 a Abs. 4 InsO als Geschäftsführer im Falle der Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung der GmbH strafbar. Ist die GmbH „führungslos", muss auch jeder Gesellschafter Insolvenzantrag stellen, es sei denn, ihm ist die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung oder die Führungslosigkeit der Gesellschaft unbekannt (§ 15 a Abs. 3 InsO ).
Besondere Bedeutung kommt der Frage zu, wann „Zahlungsunfähigkeit" der GmbH gegeben ist. Im Falle einer Insolvenz stellt dies der gerichtlich beauftrage Insolvenzgutachter im späteren Verfahren fest. Vor Einreichung des Insolvenzantrages durch den Geschäftsführer der GmbH obliegt es diesem per Gesetz, diese Feststellung zu treffen. „Zahlungsunfähig" ist, wer nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungsverpflichtungen der GmbH zu erfüllen ( § 17 Abs. 2 InsO). Davon ist jedoch die „Zahlungsstockung" zu unterscheiden. Diese liegt vor, wenn der Geschäftsführer für die GmbH einschätzen konnte, dass deren wirtschaftliche Schwierigkeiten lediglich vorübergehender Natur sind, also innerhalb eines überschaubaren Zeitrahmens voraussichtlich wieder beseitigt werden. Eine Liquiditätslücke von bis zu 10 % begründet keine Zahlungsunfähigkeit, sondern lediglich eine Zahlungsstockung. Schätzt der Geschäftsführer ein, dass die bestehende Liquiditätslücke in nächster Zeit fast oder sogar vollständig beseitigt wird und kann die Verzögerung den Gläubigern zugemutet werden, darf von der Stellung eines Insolvenzantrages ausnahmsweise abgesehen werden. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang immer die vom Geschäftsführer einzuschätzende finanzielle Entwicklung der GmbH. Kommt er anhand eines von ihm anzufertigenden Ertrags- und Finanzplanes zu einer positiven Fortführungsprognose und liegt bei Ansatz der im Unternehmen gebundenen Vermögenswerte keine Überschuldung vor, so schneidet seine persönliche Haftung aus.
2. Vorenthaltung und Veruntreuung von Arbeitsentgelten
Dem Geschäftsführer einer GmbH oder einem sonstigen Unternehmer droht außerdem eine Strafbarkeit nach § 266 a Abs. 1 StGB, wenn er als Arbeitgeber Beiträge seiner Arbeitnehmer zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung nicht abführt. Die Strafbarkeit tritt allerdings nur ein, wenn er die Zuspitzung der wirtschaftlichen Situation und die daraus resultierende Gefährdung der Zahlungsunfähigkeit kennt oder billigend in Kauf nimmt. Ergreift er in Kenntnis der Liquiditätsschwierigkeiten seines Unternehmens Sanierungsmaßnahmen, die objektiv zu einer Gesundung des Unternehmens führen können, so kann er eine Strafbarkeit vermeiden.
3. Zahlungen des GmbH-Geschäftsführers nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit / Überschuldung
Neben der möglichen Strafbarkeit macht sich der Geschäftsführer einer GmbH zudem schadenersatzpflichtig, wenn er innerhalb von drei Wochen seit erkannter Zahlungsunfähigkeit Zahlungen für die GmbH leistet, die nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes vereinbar sind. Prinzipiell macht er sich bei allen Zahlungen für die GmbH schadenersatzpflichtig, die nach Eintritt der Insolvenzreife vorgenommen werden und die die Insolvenzmasse mindern oder Neugläubigern etwa durch Warenbestellungen Schaden zufügen. Ausgenommen sind Zahlungen, die den Geschäftsbetrieb für die Zwecke des Insolvenzverfahrens oder auch für die Zwecke der ernstlich erwarteten Sanierung aufrechterhalten können. Dazu gehören beispielsweise Zahlungen von Gehältern, Löhnen, Sozialabgaben oder Telefonrechnungen, Stromkosten und Erhaltungsmaßnahmen. Sozialabgaben an Sozialversicherungsträger sind in diesem Zusammenhang allerdings bevorzugt zu bedienen und gegebenenfalls sind die anstehenden Lohnzahlungen um diese Beträge zu kürzen.
War die GmbH zum Zeitpunkt der Auszahlung von Firmengeldern zahlungsfähig, lagen aber bereits Merkmale der Überschuldung vor, so entfällt das Verschulden des Geschäftsführers, wenn er nachweislich und nachvollziehbar zu einer positiven Fortführungsprognose der Gesellschaft unter Einbeziehung aller wesentlicher Entscheidungskriterien kommt.