Wie läuft ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren ab?

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Einleitung, Ahndung, Einstellung oder Anklage - ein Überblick

Die Grundlage einer jeden rechtlichen Überprüfung ist ein tatsächliches Geschehen.

Sobald bei der Polizei oder der Staatsanwaltschaft ein für die Beteiligten möglicherweise strafbares Geschehen bekannt wird, muss von den Ermittlungsbehörden geprüft werden, ob die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen die Beteiligten notwendig ist. Wenn die Beteiligten nicht bekannt sind, kommt die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen "Unbekannt" in Betracht.
Ergibt eine solche Prüfung keine Anhaltspunkte dafür, dass die bekannten oder unbekannten Beteiligten an dem tatsächlichen Geschehen Straftatbestände verwirklicht haben, wird von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abgesehen.
Sobald jedoch zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für strafbare Handlungen in dem Geschehensablauf vorliegen, ist die Staatsanwaltschaft gesetzlich verpflichtet, ein Ermittlungsverfahren gegen die Beteiligten, die sich strafbar gemacht haben könnten, einzuleiten. Diese Beteiligten werden dann zu Beschuldigten.

Spätestens hier ist anwaltliche Hilfe erforderlich und sehr häufig sinnvoll

Zweck des Ermittlungsverfahrens ist die Klärung des Ablaufs des tatsächlichen Geschehens und der Handlungen der Beteiligten.
Im Regelfall führt die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen durch die von ihr damit beauftragten Polizeidienststellen der Schutz- oder Kriminalpolizei. Dabei werden alle notwendigen und verfügbaren Beweise erhoben, auch solche, die den Beschuldigten entlasten können. Die Ermittlungen können bei komplizierten Sachverhalten langwierig sein, häufig sind jedoch recht schnell alle möglichen Maßnahmen erledigt. Bei dringendem Tatverdacht, bei besonders schweren Straftaten oder wenn die Gefahr besteht, dass Beschuldigte untertauchen oder Beweise vernichten könnten, beantragt die Staatsanwaltschaft beim Amtsgericht den Erlass eines Haftbefehls. Wenn dieser erlassen wird, wird der Beschuldigte sodann aufgrund dessen in Untersuchungshaft genommen.

Nach Durchführung aller Ermittlungshandlungen legt die Polizei das Ergebnis der Staatsanwaltschaft vor. Die Staatsanwaltschaft entscheidet nach Abschluss der Ermittlungen über die Behandlung des Ermittlungsergebnisses.
Das Ermittlungsergebnis kann unterschiedlich lauten und demnach auch unterschiedlich bewertet werden. Wenn der zunächst bestehende Anfangsverdacht gegen den Beschuldigten ausgeräumt oder kein hinreichender Beweis für strafbare Handlungen gewonnen werden konnte, wird das Ermittlungsverfahren bereits bei der Staatsanwaltschaft mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt.

Bestätigt sich der Verdacht der Straftat, ergeben sich verschiedene Möglichkeiten der Ahndung

Sofern das Verschulden des oder der Beschuldigten als gering anzusehen wäre und ein öffentliches Interesse nicht vorliegt, kann das Verfahren bereits bei der Staatsanwaltschaft ohne Auflagen oder gegen entsprechende Auflagen, meist Zahlung eines Geldbetrages an die Opfer, die Staatskasse oder eine gemeinnützige Einrichtung, eingestellt werden.
Wenn ein Beschuldigter bereits wegen anderer Straftaten strafrechtlich verfolgt wird, ist die Einstellung des Ermittlungsverfahrens wegen nunmehr bekannt gewordener geringfügigerer Straftaten im Hinblick auf die bereits erfolgte oder noch zu erwartende Bestrafung wegen der anderen Straftaten möglich.

Die genannten Einstellungen führen nicht zu einem Eintrag im Führungszeugnis oder im Strafregister des Beschuldigten.

Ist der Beschuldigte nicht ermittelt worden, wird das Verfahren wegen Nichtermittlung des Täters (vorläufig) eingestellt. Ebenso wird verfahren, wenn der Beschuldigte flüchtig oder sein Aufenthalt nicht mehr bekannt ist. In diesem Fall werden zudem verschiedene Möglichkeiten der Fahndung nach dem Täter eingeleitet. Selbstverständlich erfolgt in diesen Fällen eine Wiederaufnahme, sobald neue Erkenntnisse über den Täter vorliegen.

In allen Fällen, in denen die Voraussetzungen für eine Einstellung nicht vorliegen, legt die Staatsanwaltschaft die Akten dem zuständigen Gericht mit einem Antrag auf Erlass eines Strafbefehls oder einer Anklage vor. Damit ist das Ermittlungsverfahren beendet, nunmehr wird aus dem Vorgang ein Strafverfahren.

Der Strafbefehl kann den Gerichtstermin ersetzen

Im Strafbefehlsverfahren erlässt das Gericht nach Sachprüfung des Tatvorwurfs und der Beweismittel einen Strafbefehl, der dem Beschuldigten dann zugestellt wird. Im Regelfall wird im Strafbefehl eine Geldstrafe ausgesprochen, in Ausnahmefällen auch Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird. Ist der Beschuldigte mit dem Strafbefehl einverstanden, wird dieser rechtskräftig und steht einem Urteil gleich. Es handelt sich also um eine Art schriftliches Verfahren, ein Gerichtstermin findet nicht statt.

Wird gegen den Strafbefehl Einspruch eingelegt, geht das Verfahren in ein "normales" Strafverfahren über und es wird ein Hauptverhandlungstermin anberaumt.

In der Hauptverhandlung wird über die Anklage verhandelt

Erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage, bestimmt das Gericht nach Sachprüfung des Tatvorwurfes und einer Entscheidung über die Eröffnung des Verfahrens einen Termin zur Hauptverhandlung, der sich auch über mehrere Tage erstrecken kann. Aus dem Beschuldigten wird der Angeklagte. In dem Hauptverhandlungstermin wird dann über die Anklage verhandelt, alle vorhandenen Beweismittel werden geprüft, die Beteiligten werden angehört, am Ende eines solchen Termins trifft das Gericht dann eine Entscheidung. Manchmal wundern sich die Leute, die als Zeugen oder sonstige Beteiligte zu einem solchen Hauptverhandlungstermin geladen sind, warum sie alles "noch einmal" erzählen sollen, sie hätten doch bei der Polizei schon alles gesagt. Das deutsche Strafprozessrecht geht aber grundsätzlich davon aus, dass ein Strafgericht im Rahmen einer Hauptverhandlung alle Beweise persönlich zur Kenntnis nimmt und Zeugen auch persönlich hört, um zu einem gerechten Ergebnis zu kommen. Das Ergebnis einer solchen Verhandlung kann für den Angeklagten auch jetzt noch mit einem Freispruch enden, aber auch mit einer Verurteilung zu Geld- oder Freiheitsstrafe. Dazwischen sind, wie schon im Ermittlungsverfahren, auch noch alle anderen Möglichkeiten der Einstellung wegen geringen Verschuldens möglich, wenn die Verfahrensbeteiligten zustimmen.
Bei der Verhängung einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren kann die Vollstreckung der Strafe auch zur Bewährung ausgesetzt werden. Geldstrafen bis zu 90 Tagessätzen und Freiheitsstrafen bis zu drei Monaten erscheinen nicht in einem Führungszeugnis, wenn im Register keine weitere Strafe eingetragen ist.

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