Heizkosten ungerecht verteilt? Die Einrohrheizung in der Wohnungseigentümergemeinschaft

Mehr zum Thema: Immobilienrecht, Wohnungseigentum, Einrohrheizung, Heizkosten, Jahresabrechnung, Verbrauch, Eigentümergemeinschaft
4,89 von 5 Sterne
Bewerten mit: 5 Sterne 4 Sterne 3 Sterne 2 Sterne 1 Stern
9

WEG: Eine Heizkostenabrechnung nach der Heizkostenverordnung muss bei Einrohrsystemen nicht immer akzeptiert werden!

Die Heizkosten haben sich durch die Steigerungen in den vergangenen Jahren zu einer wesentlichen Kostenposition einer Eigentumswohnung entwickelt. Die Verteilung der innerhalb einer Eigentümergemeinschaft angefallenen Heizkosten soll hierbei grundsätzlich nach der Heizkostenverordnung erfolgen. Diese sieht vor, dass die Heizkosten zu einem gewissen Anteil (i.d.R. 70 %) nach dem gemessenen Verbrauch, im Übrigen jedoch nach der Grundfläche der einzelnen Wohnungen zwischen den Eigentümern verteilt werden. Dies führt normalerweise zu einem interessengerechten Ausgleich zwischen den Eigentümern.

Problem Einrohrheizung

Gerade bei so genannten Einrohrsystemen führt diese Abrechnung allerdings häufig zu ungerechten Ergebnissen. Bei einer Einrohrheizung sind alle Heizkörper in einem einheitlichen System miteinander verbunden, sodass sämtliche Heizkörper durch eine Leitung mit Warmwasser versorgt werden. Folge hiervon ist, dass alleine die Aufheizung der Rohre und die hierdurch bedingte Wärmeabgabe ausreichend sein kann, um einzelne Wohnungen zu erwärmen. Die durch die Rohrwärme profitierenden Wohnungen müssen daher die eigenen Heizkörper nicht verwenden, sodass bei ihnen ein entsprechend niedriger Verbrauch gemessen wird.

Maximilian A. Müller
Partner
seit 2007
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Rathausplatz 1
76829 Landau
Tel: 06341 - 91 777 7
Web: http://www.seither.info
E-Mail:
Aufenthaltsrecht, Internetrecht, Miet- und Pachtrecht, Wohnungseigentumsrecht

Besonders häufig tritt diese Problematik auf, wenn das Rohrsystem schlecht oder gar nicht gedämmt ist und daher die Wärmeabgabe besonders hoch ist.

Auch die Art der Verbrauchsmessung hat erheblichen Einfluss auf die Kostenverteilung. Bei Heizkostenverteilern nach dem Verdunstungsprinzip wird die Raumwärme und daher auch die in die Wohnung abgegebene Wärme erfasst und bei der Kostenverteilung berücksichtigt. Dagegen wird bei elektronischen Heizkostenzählern in der Regel lediglich der tatsächliche Verbrauch am Heizkörper gemessen. Die über die Leitung abgegebene Wärme wird nicht mehr erfasst.

Es ist zu beobachten, dass sich gerade bei der Umstellung auf elektronische Heizkostenzähler die Heizkosten einzelner Wohnung sehr deutlich – häufig zu Lasten einiger weniger Wohnungen – verschieben.

Im Zweifel muss gegen Heizkostenabrechnung Klage erhoben werden

Abrechnungen, die in einem solchen System auf der Grundlage der Heizkostenverteilung vorgenommen werden, können unwirksam sein. Die Rechtsprechung tendiert dazu, entsprechende Heizkostenabrechnungen innerhalb einer Eigentümergemeinschaft auf eine rechtzeitig eingelegte Beschlussanfechtungsklage hin aufzuheben. Der Eigentümer muss jedoch darlegen können, dass die Abrechnung nicht mehr auf dem konkreten Verbrauch der einzelnen Eigentümer beruht. Je mehr Wärme daher über die Rohre abgegeben wird und je größer hierdurch die verbrauchsunabhängige Bevorteilung einzelner Wohnungen ist, desto eher wird das Gericht eine Abrechnung für unwirksam erklären.

Wesentlich hierbei ist, dass der Eigentümer stets gegen die Heizkostenabrechnung bzw. gegen einen diese bestätigenden Beschluss im Rahmen einer Beschlussanfechtungsklage binnen eines Monats nach Beschlussfassung vorgehen muss. Ein einfacher Widerspruch gegenüber der Hausverwaltung genügt hierbei nicht.

Problemlösung für Wohnungseigentümergemeinschaft

Ist ein Objekt noch mit einer Einrohrheizung ausgestattet, stellt sich für die Eigentümer die Frage, wie hiermit letztlich umgegangen werden soll. Gerade wenn eine Heizkostenabrechnung gerichtlich anhand der vorgenannten Ausführungen für unwirksam erklärt wurde, müssen die Eigentümer entscheiden, wie zukünftig abgerechnet werden kann.

In Betracht käme wohl auf der einen Seite eine Veränderung des Verteilungsschlüssels für die Zukunft. Hierzu sieht die Heizkostenverordnung verschiedene Möglichkeiten der alternativen Kostenverteilung vor, wenn eine verbrauchsgenaue Abrechnung nicht möglich ist. Problematisch ist allerdings, dass bei vermieteten Eigentumswohnungen dem Mieter sodann auch ein Kürzungsrecht von 15 % der Heizkosten zustehen kann.

Technisch könnte die Problematik durch eine deutliche Verbesserung der Dämmung des Leitungssystems gelöst werden. Dies ist allerdings bereits mit erheblichen Kosten verbunden, sodass auch die Umrüstung auf ein Zweirohrsystem erwägt werden kann.

Beide Maßnahmen dürften rechtlich als Modernisierungsmaßnahme i.S.d. § 22 WEG anzusehen sein, sodass hierfür zunächst die notwendigen Mehrheiten (u.a. 3/4 Mehrheit) vorliegen müssten. Für die Eigentümer ist daher ein steiniger Weg zu gehen, der durchaus mit einigen Kosten verbunden sein kann.

Fazit für Wohnungseigentümergemeinschaften

Einrohrheizungssysteme können zu einer ungerechten Verteilung der Heizkosten führen. Diese ist auf die Abgabe der Wärme über das in der Regel ungedämmte Rohrleitungssystem zurückzuführen und wird begünstigt durch die Installation von elektronischen Heizkostenverteilern, die lediglich den direkten Verbrauch am Heizkörper erfassen.

Die Rechtsprechung hat Abrechnungen, die gleichwohl auf der Grundlage der Heizkostenverordnung erstellt wurden, bereits mehrfach für unwirksam erklärt (z.B. AG Neuss, 84 C 5219/11; LG Mühlhausen, Az.: 1 S 182/08.

Es lohnt sich demnach, die Heizkostenabrechnung zu überprüfen und gegebenenfalls anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, um eine Überprüfung vorzunehmen und eine Korrektur rechtlich zu erzwingen. Gerne stehe ich hierzu zur Verfügung.

RA Maximilian A. Müller
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
-----
Der vorstehende Artikel erhebt nicht den Anspruch, eine abschließende rechtliche Beratung darzustellen. Fragen, Lob, Kritik und sonstige Anregungen zu dem Artikel sind gerne gesehen.
Leserkommentare
von Scharrel am 19.07.2014 12:33:39# 1
Herr RA Maximilian Müller wäre besser beraten gewesen, wenn er die Heizkostenverordnung vor der Veröffentlichung seines Briefes gelesen hätte. Die Abrechnung erfolgt zu 50-70% nach Verbrauch, bei Ein-Rohr-Systemen ist vielfach also nicht automatisch 70% die Regel. Die somit nicht zwingenden 30%, sondern 30-50% nach den Betriebskosten können ebenfalls die Abrechnung sinnvoller machen. Erst lesen und verstehen, erst den Verwalter fragen, dann in der Eigentümergemeinschaft diskutieren und abstimmen, dann notfalls den den Anwalt fragen.
    
von Scharrel am 19.07.2014 12:56:34# 2
P.S. Berechnung ausschließlich nach der Grundfläche ist auch nicht korrekt.

    
von guest-12308.05.2017 18:48:07 am 19.07.2014 13:59:38# 3
Bei uns ist in der Heizkostenabrechnung ein zusätzlicher Rohrheizkörper enthalten. Dieser soll die Verluste der Heizungsanlage auffangen. Dessen Verbrauch wird durch die Firma, die die Heizkostenabrechnung erstellt, berechnet und ist oftmals höher, als der Verbrauch aller anderen Heizkörper der Wohnung zusammen. Spart man mit der Heizung ist dieser berechnete Verbrauch höher. Dreht man die Heizkörper hingegen alle immer richtig auf, ist der "Verbrauch" des Rohrheizkörpers geringer. Die Rohrleitungen der Einrohrheizung sind nicht isoliert, man hat z. B. im Winter fast immer 20 Grad im Wohnzimmer, ohne die Heizung aufzudrehen. Man wird für das Energiesparen bestraft, wobei es eigentlich am Vermieter liegen müsste, die Rohre zu isolieren oder die über 30 Jahre alte Einrohrheizung gegen eine Zweirohrheizung auszutauschen.
    
Mehr Kommentare ansehen (2)
Das könnte Sie auch interessieren
Immobilienrecht, Wohnungseigentum WEG: Bauliche Veränderung ohne Zustimmung
Immobilienrecht, Wohnungseigentum Was denn nun: Modernisierung oder modernisierende Instandsetzung
Immobilienrecht, Wohnungseigentum Die Haftung beim Immobilienkaufvertrag
Immobilienrecht, Wohnungseigentum Die erfolgreiche Anfechtung der WEG Jahresabrechnung