Urlaubsabgeltungsanspruch für Beamte bei Eintritt in den Ruhestand

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Wenn ein Beamter wegen einer Krankheit seinen Mindesturlaub bis zu seinem Ruhestand nicht nehmen kann, dann kann er einen finanziellen Ausgleich erhalten

Beamte haben bei Eintritt in den Ruhestand Anspruch auf Abgeltung für krankheitsbedingt nicht genommenen Urlaub. Dies geht aus einer aktuellen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) hervor. (BVerwG, Urteil vom 31.01.2013 - 2 C 10.12)

Polizist vor Ruhestand ein Jahr dienstunfähig

Ein Polizist trat Mitte 2008 wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand. Zuvor war er etwa ein Jahr dienstunfähig erkrankt. Nun klagte er auf Abgeltung des Erholungsurlaubs, des Schwerbehindertenzusatzurlaubs nach § 125 SBG IX und des Arbeitszeitverkürzungstags für die Jahre 2007 und 2008.

Vorinstanzen entschieden gegen Polizisten

So entschied das Verwaltungsgericht Koblenz, dass ein Beamter, der in den Ruhestand geht, keine Abgeltung für nicht genommenen Urlaub bekommt (VG Koblenz, Urt. v. 21.07.2009 - 6 K 1253/08).

Der Richter begründete seine Entscheidung damit, dass der Kläger keinen Anspruch auf die geltend gemachte finanzielle Entschädigung habe.

Denn der Erholungsurlaub eines Beamten sei nicht Gegenleistung für erbrachte Arbeit. Er diene allein dazu, die Arbeitskraft des Beamten aufzufrischen und zu erhalten. Dieser Zweck könne nicht mehr erreicht werden, wenn der Beamte aus dem Beamtenverhältnis ausgeschieden ist. Daher sind die Urlaubsansprüche des Klägers verfallen. Eine finanzielle Abgeltung für nicht genommene Urlaubstage sei nicht möglich. Insbesondere da es dafür keine gesetzliche Grundlage gäbe.

Die gegen diese Entscheidung eingelegte Berufung des Klägers hatte ebenfalls keinen Erfolg:

Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz entschied, dass Beamte keinen Anspruch auf finanziellen Ausgleich von nicht genommenem Urlaub haben (OVG Rheinland-Pfalz, Urt.v. 30.03.2010 - 2 A 11321/09).

Die Begründung des Gerichtes lag darin, dass der Beamte keinen finanziellen Nachteil wegen Krankheit aufgrund Fortzahlung voller Bezüge habe. Anders als das Arbeitsrecht sehe das Beamtenrecht keine Abfindung für nicht genommenen Erholungsurlaub vor. Auch aus europarechtlichen Regelungen ließe sie ein solcher Anspruch nicht herleiten.

BVerwG: Nach Arbeitszeitrichtlinie kann Mindesturlaub abgegolten werden

Nach dem BVerwG haben Beamte nach den Maßgaben der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) einen Anspruch auf Abgeltung des unionsrechtlich gewährleisteten Mindesturlaubs, den sie krankheitsbedingt bis zum Eintritt in den Ruhestand nicht mehr nehmen konnten.

Mit dieser Entscheidung konkretisierte das BVerwG zugleich die Voraussetzungen und Rechtsfolgen des Anspruchs.

Die Anspruchsgrundlage ist  Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung, der so genannten Arbeitszeitrichtlinie.

Der Umfang des Anspruchs ist beschränkt auf den nach Art. 7 Abs. 1 dieser Richtlinie gewährleisteten Mindesturlaub von vier Wochen pro Jahr. Er erfasst also weder einen über 20 Tage im Jahr hinaus reichenden Erholungsurlaub noch Arbeitszeitverkürzungstage oder einen Schwerbehindertenzusatzurlaub nach § 125 SGB IX.

Wenn ein Beamter diesen Mindesturlaub wegen Krankheit und anschließenden Ausscheidens aus dem aktiven Dienst nicht nehmen kann, hat er Anspruch auf Urlaubsabgeltung.

Hierbei ist zu beachten, dass der Mindesturlaubsanspruch auch dann erfüllt ist, wenn der Beamte im fraglichen Jahr seinen ihm für dieses Jahr zustehenden Urlaub nicht hat nehmen können, dafür aber "alten" Urlaub (z.B. aus dem Vorjahr übertragenen Urlaub) genommen hat.

Für das Jahr, in dem der Beamte aus dem aktiven Dienst ausscheidet, stehen ihm der Mindesturlaubsanspruch und der hieran anknüpfende Urlaubsabgeltungsanspruch anteilig für die Zeit bis zum Ausscheiden zu.

Urlaubsansprüche aus vorangegangenen Jahren sind nur abzugelten, wenn sie nicht verfallen sind.

Verfall von Urlaubsansprüchen tritt jedenfalls 18 Monate nach dem Ende des Urlaubsjahres ein.

Zwar kann eine kürzere Verfallsfrist bestimmt werden, jedoch muss diese deutlich länger sein als das Urlaubsjahr. So die Rechtsprechung des EuGH.

Die Höhe der Abgeltung bemisst sich nach dem Durchschnitt der Besoldung der letzten drei Monate vor Eintritt in den Ruhestand, umgerechnet auf die Zahl der nicht genommenen Urlaubstage.

Der unionsrechtliche Urlaubsabgeltungsanspruch unterliegt keinem Antragserfordernis und verjährt in der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren, beginnend mit dem Ende des Jahres, in dem der Beamte in den Ruhestand tritt.

Was ist zu beachten?

Zunächst sollte im Einzelfall geprüft werden, ob und wieviel Urlaub im fraglichen Jahr tatsächlich genommen wurde.

Ist im Ergebnis der Mindesturlaub nicht erreicht, könnte ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung bestehen.

Wenn Unsicherheit über das Bestehen eines Anspruchs besteht, sollten Sie nicht viel Zeit verstreichen lassen und sich zeitnah beraten lassen, damit Ihre möglichen Ansprüche nicht verfallen.

Haben Sie Fragen oder wünschen Sie eine Beratung, können Sie sich gerne an mich wenden.