"Unfallflucht" muss nicht zwangsläufig zu einer Verletzung der Aufklärungsobliegenheit führen
Mehr zum Thema: Verkehrsrecht, Schaden, Entfernen, Unfallort, Aufklärungsobliegenheit, VersichererEs kann ausreichend sein, dass der Versicherungsnehmer unverzüglich seinen Versicherer vom Unfall informiert
Nicht jedes unerlaubte Entfernen vom Unfallort bedeutet zugleich eine vorsätzliche Verletzung der Aufklärungsobliegenheit gegenüber dem Fahrzeugversicherer. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH, Az: IV ZR 97/11) mit Urteil vom 21.11.2012 entschieden.
Der Sachverhalt
Der Kläger prallte mit seinem bei der Beklagten kaskoversicherten Fahrzeug gegen 1 Uhr morgens gegen einen Baum. Nach eigenen Angaben kam er bei einem Ausweichmanöver wegen auf der Straße stehenden Rehen von der Fahrbahn ab. Hierbei wurden sowohl der Baum als auch sein Fahrzeug beschädigt.
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Unmittelbar nach dem Unfall benachrichtigte er den ADAC. Dieser schleppte das Fahrzeug ab. Anschließend holte ein herbeigerufener Bekannter den Kläger vom Unfallort ab. Die Polizei und der Geschädigte (das zuständige Straßenbauamt) wurden nicht verständigt. Ein im Nachhinein gegen den Kläger eingeleitetes Ermittlungsverfahren wegen dem Vorwurf des unerlaubten Entfernens vom Unfallort wurde zwischenzeitlich eingestellt.
Muss die Versicherung zahlen?
Der Kläger behauptet, den Schaden unverzüglich bei der Beklagten angezeigt zu haben und begehrt von ihr die Regulierung des Schadens an seinem Fahrzeug. Eine Schadensregulierung wurde von der Beklagten mit der Begründung abgelehnt, dass der Kläger seine Aufklärungsobliegenheiten (hier E.1.3. AKB 2008) durch unerlaubtes Entfernen vom Unfallort verletzt habe.
E.1.3. AKB 2008
Sie sind verpflichtet, alles zu tun, was der Aufklärung des Schadenereignisses dienen kann. Dies bedeutet insbesondere, dass Sie unsere Fragen zu den Umständen des Schadenereignisses wahrheitsgemäß und vollständig beantworten müssen und den Unfallort nicht verlassen dürfen, ohne die erforderlichen Feststellungen zu ermöglichen.
In den Vorinstanzen blieb die Klage erfolglos. Das Berufungsgericht war der Ansicht, dass bereits schon mit der Verwirklichung des Straftatbestandes des § 142 Abs.2 StGB die Aufklärungsobliegenheit verletzt sei.
Die Ansicht des BGH
Der BGH entschied, dass ein Versicherungsnehmer seiner Aufklärungspflicht gegenüber dem Versicherer nachkommt, wenn er trotz eines Verstoßes gegen § 142 Abs. 2 StGB unmittelbar seinen Versicherer informiert hat.
Für den Anspruch gegen die Versicherung sei es dabei unerheblich, dass kein Hinweis an den Geschädigten erfolgte.
Dies gelte auch, wenn im Zeitpunkt, in dem eine nachträgliche Information des Geschädigten noch "unverzüglich" im Sinne von § 142 Abs. 2 StGB gewesen wäre und eine Strafbarkeit nach dieser Vorschrift so hätte vermieden werden können.
Deshalb wurde das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur Aufklärung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Vorinstanzen:
Oberlandesgericht Dresden, Urteil vom 06.04.2011 - 7 U 1310/10
Landgericht Bautzen, Urteil vom 19.07.2010 - 3 O 466/09
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