Schmäh-Domains - Wer darf, wer will?

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(domain-recht.de) Die Uniform Domain Name Dispute Policy (UDRP) schützt Markeninhaber vor dem Missbrauch markengleicher oder -ähnlicher Domain-Namen. Mit Einführung der UDRP, die auf Vorschlägen und Erwägungen der World Intellectual Property Organisation, kurz WIPO,gründet, stellte sich die Frage, wie es mit Domain-Namen ist,die einen Markenbegriff aufgreifen und mit einem Ausdruck füreine kritische Haltung verknüpfen, um Kritik gegen den Markeninhaber äußern zu können. Die Rede ist hier von den so genannten [Name-eines-Grossunternehmens]sucks.com-Domains.

Die UDRP-Rechtsprechung ist uneinheitlich. Teilweise klagen Unternehmen vergeblich gegen Sucks-Domains, teilweise erhaltensie Recht. Für den Fall, sie bekommen Recht, kann das zwei unterschiedliche Gründe haben: Angerufene UDRP-Panel (Richter) erkennen, dass nach beteiligtenl änderspezifischen Gesetzen eineKlage vor dem dann zuständigen ordentlichen Gericht erfolgreichwäre, und entscheiden zu Gunsten des Antragstellers. Das isteine rein pragmatische Frage und wird von den Machern der UDRPgut geheißen. Anders sieht es freilich aus, wenn einfach aufgrund der Marken- oder Unternehmensstaerke dem Antragstellerbegehren Statt gegeben wird.

Eine aktuelle Sucks-Domain wendet sich gegen das Geschäftsgebaren von VeriSign und dessen Sitefinder, bei dem alle Anfragenan das Domain Name System (DNS) nach freien .com- oder .net-Domains auf einer Seite gebündelt werden. Der Inhaber der Domainverisignsucks.com wendet sich auf der Seite, auf die man weitergeleitet wird, an ICANN und prangert das Verhalten VeriSigns an.Für die Frage nach der Legitimität solcher Schmäh-Domains orientiert sich, wenn die Sache mit rechten Dingen zugeht, ein UDRP-Panel am Vorhandensein von "bad faith" auf Seiten des Domain-Inhabers. In der betagten Entscheidung namicontracosta.com, diebeim Arbitration Forum am 06.12.2003 erging, ließ sich RichterRichard Hill auf die Details ein. Aus seiner Sicht ist die Weiterleitung auf eine Informationsseite keine bösgläubige Nutzungeines Kennzeichens als Domain-Namen. Die Frage, ob die Informationen vielleicht falsch sind, zu beantworten, steht dem Schiedsgericht nicht zu; dafür ist, so Richter Hill, die UDRP nicht gedacht. Er diskutiert zahlreiche unterschiedliche Entscheidungen,die genau das Problem schon angegangen sind.

Die Frage nach solchen Schmäh-Domain-Namen stellt sich auch imdeutschsprachigen Raum. Hier zeichneten sich Entscheidungen zuNGO-Domains aus, wie oil-of-elf.de und stoppesso.de, aber auchawd-aussteiger.de fällt in diese Kategorie von Domains. In allen drei Fällen waren die Gerichte der Ansicht, dass die Registrierung und Nutzung solcher Domains vom Grundgesetz gedecktsind.

Das KG Berlin (oil-of-elf.de, Urteil vom 23.10.2001, Az KG 5 U101/01) meint, eine besondere inhaltliche Gestaltung einer Verlautbarung zur Erzielung einer größeren Öffentlichkeit steheunter dem Schutz des Art. 5 GG. Dieses Interesse überwiege dieallenfalls marginal berührten geschäftlichen Interessen der Betroffenen (Art. 14 GG) deutlich. Das LG Hamburg {stoppesso.de,Urteil vom 10.06.2002, 312 O 280/02) meint, alle in der Öffentlichkeit agierenden Personen oder Unternehmen müssen sich einekritische Befassung gefallen lassen und können nicht verhindern,dass dabei auch Marke und Unternehmensname in Bezug genommen werden.

Vor der deutschen Gerichtsbarkeit gilt die UDRP nicht, die Prüfung der Sach- und Rechtslage ist umfangreicher und ausgedehnter,je nach dem, welche Ansprüche geltend und Vorwürfe gemacht werden. Aus diesem Grunde kommt es gegebenenfalls auch auf die Details der Inhalte einer Schmäh-Domain an. Und auch andere Umstände werden hinzugezogen, wie sich bei der Entscheidung überdie .us-Version der awd-aussteiger-Domains zeigte: Ein unternehmenskritisches Forum ist hinzunehmen, für mehrere Domains bestehtnach Ansicht des hOLG Hamburg (Beschluss vom 23.04.2004, Az. : 3 U65/04) jedoch kein schutzwürdiges Interesse.

Quelle: icannwatch

Autor und weitere Infos: domain-recht.de