Fristlose Kündigung einer Sparkassen Direktorin wegen Betätigen des "Gefällt mir" Buttons auf Facebook
Mehr zum Thema: Arbeitsrecht, Sparkasse, Mitarbeiterin, Like, Kündigung, FacebookDarf einer langjährigen Mitarbeiterin fristlos gekündigt werden, wenn sich ein Sparkassenvorstand von ihr im Internet veralbert fühlt?
Mit dieser Frage mussten sich jüngst die Richter am Arbeitsgericht Dessau-Roßlau beschäftigen -AG Dessau-Roßlau, Urteil vom 21.03.2012, Az.: 1 Ca 148/11. Anlass war ein Streit zwischen der Sparkasse Wittenberg und ihrer Abteilungsdirektorin.
Sachverhalt des Rechtsstreites
Die Bankerin war bei der Sparkasse 25 Jahre beschäftigt und schloss in 2011 mit der Bank einvernehmlich einen Aufhebungsvertrag und sollte dafür immerhin 110. 000 Euro Abfindung kassieren. Unverhofft entdeckten die Bank-Vorstände dann jedoch private Facebook-Einträge des Ehemannes der Mitarbeiterin. Der Ehemann hatte auf seiner digitalen Pinnwand folgende Schmäh-Nachrichten über den Sparkassen Vorstand hinterlassen:
„Habe mein Sparkassenschwein Thomas und Ralf (die Vornamen der Bank-Vorstände – Anmerk. der Red.) getauft ... Eines Tages stehen alle Schweine vor dem Metzger.“ Nicht genug damit. Der Direktorengatte bastelte aus dem Sparkassen-Logo auch noch einen Fisch mit der Bemerkung:
„Der Fisch fängt immer am Kopf zu stinken an“.
Die Facebook-Seite des Ehemannes der Klägerin war für 155 „Freunde“, u.a. auch zahlreiche Mitarbeiter und Kunden der Bank, einsehbar. Unter dem Fischpiktogramm befand sich mit dem Kommentar „gefällt mir“ der Name der gekündigten Klägerin.
Der "gefällt mir" Kommentar war also über das Facebook Account der Sparkassen Mitarbeiterin gepostet worden.
Deshalb wurde der Direktorin ohne Zahlung einer Abfindung fristlos gekündigt und das Arbeitsgericht Dessau-Roßlau hatte nun über die Wirksamkeit der Kündigung zu befinden.
Fristlose Kündigung nicht gerechtfertigt
Das Arbeitsgericht führt in seiner bemerkenswerten Entscheidung zunächst aus, dass nach § 626 Abs. 1 BGB ein Arbeitsverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden kann, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Ein Kündigungsgrund könne dabei regelmäßig auf einer Störung im Leistungsbereich, im Bereich der betrieblichen Verbundenheit aller Mitarbeiter, im persönlichen Vertrauensbereich der Vertragspartner oder im Unternehmensbereich begründet sein.
Das Drücken des "Like Buttons" könnte als eine Loyalitätspflichtverletzung gegenüber der Sparkasse anzusehen sein, zumal auf Facebook gepostete Beiträge nicht den Charakter eines „vertraulichen Gespräches“ unter „Freunden“ oder Arbeitskollegen zukommen.
Alleine der vom Ehegatten der gekündigten Mitarbeiterin gepostete Facebook Eintrag rechtfertigt nicht die fristlose Kündigung. Dies gilt selbst dann, wenn die Mitarbeiterin möglicherweisen zu den ehrrührenden Äußerungen des Ehemannes den „Gefällt-mir-Button“ gedrückt haben könnte.
Verdachtskündigung nur im Ausnahmefall
Dieser bloße Verdacht kann nämlich nach Überzeugung des Gerichts nicht den Ausspruch einer fristlosen Kündigung rechtfertigen. Eine solche "Verdachtskündigung" sei nämlich grundsätzlich nur dann möglich, wenn sich ein dringender Verdacht aus objektiven, im Zeitpunkt der Kündigung vorliegenden Umständen ergibt und die überwiegende Wahrscheinlichkeit begründet, der Verdächtige habe die Pflichtwidrigkeit begangen. Bloße, auf Vermutungen gestützte Verdächtigungen gegenüber der langjährigen Mitarbeiterin genügten im konkreten Fall also nicht, um die Kündigung vor dem Arbeitsgericht zu rechtfertigen.
Zusammenfassung und Ausblick
Das Kündigungsschutzgesetz ist ein scharfes Schwert zugunsten der Arbeitnehmer. Im Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) genießt jeder Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als 6 Monate bestanden hat, Kündigungsschutz.
Kündigung ist dabei nicht gleich Kündigung
Es wird zwischen ordentlicher (fristgemäße) und außerordentlicher(fristlose) Kündigung unterschieden. Eine außerordentliche Kündigung ist nur dann gerechtfertigt, wenn dem Arbeitgeber das Abwarten der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Zum Beispiel, wenn der Arbeitnehmer den Arbeitgeber bestohlen oder sonst in schwerwiegender Weise seine Pflichten verletzt hat. Eine Verdachtskündigung scheint grundsätzlich möglich. Allerdings nur, wenn sich ein dringender Verdacht aus objektiven, im Zeitpunkt der Kündigung vorliegenden Umständen ergibt und die überwiegende Wahrscheinlichkeit begründet, der Verdächtige habe die Pflichtwidrigkeit tatsächlich begangen.
Tipp vom Anwalt
Eine Kündigungsschutzklage ist meist ratsam. Schließlich lässt sich im Klageverfahren regelmäßig die Abfindungshöhe aufstocken und diverse andere Ansprüche, wie Arbeitszeugnis oder Urlaubsabgeltung, können gleich mit geregelt werden.
Vorsicht:
Bei Einreichung einer Kündigungsschutzklage nach dem KSchG ist eine 3-Wochenfrist zu beachten. Nach Ablauf der Frist kann sich auch ein zu Unrecht gekündigter Arbeitnehmer grundsätzlich nicht mehr auf den Kündigungsschutz berufen.
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