Zur Insolvenzantragspflicht des Geschäftsführers einer GmbH

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Auszug aus Rechtsanwalt Tietz "Wann Sie Weisungen der Gesellschafter befolgen müssen -- und wann Sie es auf keinen Fall dürfen" in: Praxishandbuch für GmbH-Geschäftsführer, Ausgabe 3/2012

Nach der Kompetenzordnung der GmbH sind Sie als Geschäftsführer an Weisungen Ihrer Gesellschafter gebunden. Im Grundsatz müssen Sie also tun, was die Gesellschafter verlangen – ob Ihnen das nun passt oder nicht. Das gilt aber nicht in jedem Fall. Manchmal sind Sie sogar verpflichtet, Weisungen zu widersprechen. In diesem kurzen Beitrag möchte ich auf die wesentliche Pflicht zum Ungehorsam des Geschäftsführers in Form der Insolvenzantragspflicht hinweisen. Dieser Beitrag ist ein Auszug aus einem von mir verfassten Artikel zum Thema der Weisungsgebundenheit des Geschäftsführers, den Sie auch auf meinem Rechtsblog finden.

Der Fall:

Sie stellen einen Liquiditätsengpass der GmbH fest, der über eine lediglich kurzfristige Zahlungsklemme
hinausgeht. Die Gesellschafter hoffen, dass das wirtschaftliche Tief bald überwunden wird, und weisen Sie mehrheitlich
an, keinen Insolvenzantrag zu stellen. Müssen Sie der Weisung folgen?

Das richtige Verhalten

Einer derartigen Weisung dürfen Sie als Geschäftsführer nicht folgen! Sind Sie der Auffassung, dass die GmbH insolvenzreif ist, stellen Sie beim zuständigen Insolvenzgericht umgehend Insolvenzantrag. Dazu sind Sie gesetzlich
verpflichtet (§ 15a InsO). Lassen Sie sich hierbei in jedem Fall anwaltlich beraten.

Würden Sie die Weisung befolgen und keinen Insolvenzantrag stellen, würden Sie sich strafbar machen und müssten ggf. persönlich gegenüber geschädigten Gläubigern haften.

Diese Folgen drohen konkret:

Sofern Sie als Geschäftsführer Ihrer Pflicht zur Insolvenzantragstellung vorsätzlich nicht oder nicht rechtzeitig nachkommen, können Sie mit bis zu 3 Jahren Freiheits- oder mit einer Geldstrafe belegt werden (§ 15a Abs. 5 InsO). Hinzu kommt ein mögliches „Berufsverbot für Geschäftsführer": Im Fall einer Verurteilung aufgrund vorsätzlicher Insolvenzverschleppung dürfen Sie 5 Jahre lang nicht Geschäftsführer einer GmbH sein (§ 6 Abs. 2 Nr. 1a GmbHG).

In der Praxis herrscht überwiegend der Irrglaube, der Geschäftsführer hätte 3 Wochen Zeit, um einen Insolvenzantrag zu stellen. Tatsächlich schreibt die Insolvenzordnung vor, dass Sie als Geschäftsführer sofort und unverzüglich bei Feststellung der Insolvenzreife einen Antrag stellen müssen. Lediglich bei einer vorübergehenden Zahlungsstockung dürfen Sie die 3-Wochen-Frist ausnutzen. Ob nur eine Zahlungsstockung vorliegt, wird nach folgender Formel beurteilt (BGH, 24.5.2005, Az: IX ZR 123/04):

Liquide Mittel und Zahlungseingänge der nächsten 21 Tage/Fällige fällig werdende Zahlungspflichten der
nächsten 21 Tage × 100

Ist der ermittelte Wert unter oder gleich 90 %, liegt im gesetzlichen Sinne eine Überschuldung vor, sofern nicht ausnahmsweise mit an Sicherheit grenzender Wahrschienlich zu erwarten ist, dass die Liquiditätslücke demnächst vollständig oder fast vollständig beseitigt wird. Sie sind insofern zum Insolvenzantrag verpflichtet. Machen Sie dies Ihren Gesellschaftern deutlich.

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