Zeugenpflicht und Grundrechte

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Ein Gemeindereferent, Seelsorger in einer Haftanstalt, wurde aufgrund von Anhaltspunkten zu bestimmten Vorgängen in der Hauptverhandlung befragt, verweigerte aber die Auskunft durch Berufung auf ein Zeugnisverweigerungsrecht. Da ihn das Gericht nicht als Berufshelfer nach § 53 a StPO ansah und ihm auch kein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 Abs.1 Nr. 1 StPO zugestand, wurden ihm die durch die Weigerung verursachten Kosten auferlegt, ein Ordnungsgeld verhängt und Beugehaft angeordnet. Diese Maßnahmen hatten auch in der Beschwerde Bestand. Dagegen erhob er Verfassungsbeschwerde. Ohne Erfolg.

Das Bundesverfassungsgericht 2 BvR 26/07 vom 25.1. 2007 verwarf die Verfassungsbeschwerde:

Anerkannt wurde, dass auch Laien als Seelsorger in den Genuss eines Zeugnisverweigerungsrechts kommen können, wenn ihr Berufsbild der durch die StPO priviligierten Gruppe entspricht.

Verfassungsrechtlich zulässig ist die Differenzierung zwischen seelsorgerischen und nicht-seelsorgerischen Teilen der Aktivität. Diese Begrenzung ist dem öffentlichen Interesse an der Strafverfolgung geschuldet. Die Aktivitäten des Seelsorgers wurden nicht der seelsorgerischen Sphäre zugeordnet.

Das Verfassungsgericht anerkennt darüber hinaus, dass Zeugenpflicht begrenzt werden kann durch das Persönlichkeitsrecht. Wenn der Kernbereich privater Lebensgestaltung durch die Zeugenpflicht tangiert werde, bestehe diese nur nach Maßgabe der Verhältnismäßigkeit. Im konkreten Fall wird ein solcher Konflikt allerdings nicht gesehen.

Ferner wird neben dieser Grenze noch geprüft,ob die Glaubensfreiheit ein Zeugnisverweigerungsrecht begründen könnte. Dieses Grundrecht wird wegen der weitreichenden Folgen seiner Anerkennung aber nur zugestanden, wenn es sich um eine zwingende Verhaltensregel für den Betroffenen handelt, von der er nicht ohne innere Not absehen kann kann. Diese Gewissensnot wird dem Beschwerdeführer nicht zugestanden. Die Erteilung einer Aussagegenehmigung durch das Generalvikariat wird als Indiz dafür angesehen, dass das Zeugnis hier nicht als seelsorgerisches Gespräch angesehen wird; der Wunsch des Untersuchungshäftlings nach Geheimhaltung begründe nicht das Mass religiöser Gebotenheit,das allein den Schutz des Art. 4 GG auslöst.

Art 12 GG als Grundrecht des Berufshelfers unterliegt der Verhältnismäßigkeitsprüfung. Durch praktische Konkordanz wird ermittelt, ob die Interessen an effektiver Strafverfolgung das Interesse an Vertraulichkeit im Rahmen der Berufsausübung überwiegt. Das Verfassungsgericht übernimt die Einschätzung der Instanzgerichte, hier sollte eine Beweisverfälschung stattfinden. Damit war das überwiegende Interesse auch klar: das des effektiven Strafverfahrens.

Aufgrund dieser Positionsbestimmung ist es dann nicht überraschend, dass auch die Beugehaft für zulässig gehalten wird. Da das Strafverfahren im Zusammenhang mit der Unterstützung des internationalen Terrorismus steht, die in Streit stehenden Handlungen wesentlich für die Beurteilung der Strafzumessung sind, die Aussagen des Beschwerdeführers als notwendig angesehen werden, seine Grundrechts als nicht entgegenstehend angesehen wurden, ist die Verhängung einer Beugehaft verhältnismäßig.

Das zur Entscheidung berufene Gericht hat in einem solchen Fall die Aufgabe,sich eingehend mit den Voraussetzungen der Haft auseinander zu setzen und unter Berücksichtigung aller relevanten rechtlichen Gesichtspunkte diese Entscheidung zu begründen. Das dies geschehen war, hatte auch insoweit die Verfassungsbeschwerde keinen Erfolg.

Die Effektivität der Strafrechtspflege ist immer wieder ein bedeutsames Rechtsgut. Dieses steht zwar unter dem Vorbehalt, Grundrechte zu respektieren. Aber in einem Fall wie diesem - das streitgegenständliche Verhalten gehörte nicht zum Kernbereich der Grundrechte, es ging um den Vorwurf der Unterstützung des Terrorismus, es besteht der Verdacht, dass hier die Wahrheit manipuliert werden soll - werden sich die Grundrechte nicht durchsetzen.

Spannend wäre, wie ein solches Ergebnis aussähe, wenn diese Faktoren nicht vorgelegen hätten, also die inkriminierten Handlungen eher im Kernbereich gelegen hätten. Nach Maßgabe dieser Entscheidung müsste es dann eigentlich anders ausfallen.

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