Wirtschaftsstrafrecht

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Strafrechtliche Risiken im Lebenszyklus eines Unternehmens

1.            Einleitung

Im Lebenszyklus eines Unternehmens, von dessen Gründung über den laufenden Geschäftsbetrieb bis hin zu seinem Niedergang, existieren insbesondere für die im Unternehmen handelnden Personen eine Vielzahl von strafrechtlichen Gefahren, die aus einer ebensolchen Vielzahl gesetzlicher Pflichten resultieren.  Oftmals haben Verstöße gegen diese Pflichten nicht nur zivilrechtliche Folgen, sondern erfüllen auch Straftatbestände mit erheblichen persönlichen Konsequenzen.

Immer sieht sich der Unternehmer dabei in einem Konflikt zwischen betriebswirtschaftlicher Optimierung „seines“ Unternehmens und dessen Einbettung in die soziale Marktwirtschaft, den vielzähligen sachlichen und personalen Beziehungen im nationalen und internationalen Wettbewerb sowie seiner Beziehung zum Staat, dessen Aufgabe es letztlich ist, vorgenannte Prinzipien zu schützen und aufrecht zu erhalten.

Exemplarisch seien anhand des Lebenslaufs eines Unternehmens einige wesentliche mögliche Berührungspunkte mit dem Strafrecht dargestellt.

2.            Beginn des Unternehmens

                a)            sogenannter Gründungsschwindel

Einen Gründungsschwindel begeht, wer im Rahmen der Gründung seines Unternehmens (insbesondere einer AG oder GmbH) über die zu seiner gesetzmäßigen Entstehung erforderlichen Voraussetzungen täuscht. Unter den Begriff fallen also insbesondere Täuschungshandlungen zum Zwecke der Eintragung in das Handelsregister durch falsche Angaben, beispielsweise über die Leistungen der Einlagen oder die Verwendung eingezahlter Beträge.

Maßgeblich gesetzlich verortet ist der Gründungsschwindel in den §§ 399 AktG und 82 GmbHG, aber auch eine allgemeine Betrugsstrafbarkeit kommt selbstverständlich in Betracht, etwa bei Täuschungen zur Erlangung von Krediten oder zur Gewinnung von Gesellschaftern.

Es ist also dringend davor zu warnen, gegenüber dem Registergericht oder gegenüber seinen Geschäftspartnern oder der Öffentlichkeit falsche Angaben zu machen. Dies gilt insbesondere auch im Rahmen einer Kapitalerhöhung.

                b)           Anmeldepflichten und sonstige Pflichten

Daneben existiert eine Vielzahl weiterer Pflichten, die bei Beginn der unternehmerischen Tätigkeit zu beachten sind.

Nach § 14 Abs I S 1 GewO etwa ist der Betrieb eines stehenden Gewerbes anzeigepflichtig.

Die Nichtanzeige stellt zwar keine Straftat, aber eine Ordnungswidrigkeit dar. Die Festsetzung von Zwangsgeld und Geldbuße kann, auch nebeneinander, die Folge sein.

Darüber hinaus ist das Unternehmen beim Handelsregister anzumelden. Zwar ist im Falle der GmbH  die Anmeldung, bzw. die hierauf folgende Eintragung Voraussetzung dafür, dass die GmbH überhaupt existiert, so dass Sanktionen an eine fehlende Anmeldung nicht geknüpft sein können. Tritt der Unternehmer allerdings unter dem Namen einer nicht eingetragenen, und damit nicht existenten GmbH auf, kann dies etwa einen Betrugsvorwurf begründen. Falsche Angaben fallen unter den oben erläuterten Begriff des Gründungsschwindels.

Daneben existieren steuer- und sozialrechtliche Meldepflichten, bei deren Missachtung strafrechtliche Sanktionen drohen. So macht sich einer Steuerhinterziehung strafbar, wer es versäumt, seinen Betrieb gemäß § 138 Abs I AO bei der zuständigen Finanzbehörde anzuzeigen. Wer es unterlässt, die im Betrieb tätigen Arbeitnehmer der zuständigen Einzugsstelle zu melden, läuft Gefahr, wegen Vorhaltens von Arbeitsentgelt gem. § 266a StGB, wegen Umsatz- und Lohnsteuerhinterziehung oder wegen Verstoßes gegen das Schwarzarbeitsgesetz in das Visier der Staatsanwaltschaft zu geraten.

Neben diesen Meldepflichten bestehen eine Vielzahl von Erlaubnispflichten, also Pflichten, bei der Ausübung bestimmter Gewerbe etwa Genehmigungen oder Konzessionen einzuholen. Dies gilt für weite Teile des Handwerks, aber auch für Tätigkeiten im Rahmen des Kredit- und Versicherungswesens.

Besondere Vorsicht ist darüber hinaus im Rahmen der Kapitalbeschaffung sowie bei der Anlage des Rechungswesens geboten. Untreue, Betrug, Kreditbetrug, Subventionsbetrug, die Verwirklichung der Bankrotttatbestände der § 283ff StGB, all dies droht bereits im Gründungsstadium des Unternehmens.

3.            Betrieb des Unternehmens

                a)            Untreue

Die Untreue, geregelt in § 266 StGB, ist die zentrale Norm zum Schutz des Unternehmens vor Missbrauch und Treuebruch etwa durch Geschäftsführer, Vorstände, den Aufsichtsrat oder einen Prokuristen.

Aufgrund der erheblichen Weite des Tatbestandes drohen hier nur schwer zu überblickende Haftungsrisiken, die letztlich die unternehmerische Handlungsfreiheit zum Schutz der Vermögensinteressen des Unternehmens einschränken können. Denn nicht nur offensichtliche, unmittelbare und die persönliche Bereicherung bezweckende Entnahmen von Vermögenswerten des Unternehmens, auch geschäftliche Maßnahmen, wie etwa riskante Anlagegeschäfte oder das Abzweigen von Geldern zur Finanzierung von Schmiergeldern, die letztlich dem Unternehmen dienen sollen, können  den Untreuetatbestand verwirklichen.

b)           Buchführung, insb. § 331 ff HGB

Wie schon bei der Gründung, besteht auch beim Betrieb des Unternehmens insbesondere für die Geschäftsführung die Pflicht zur ordnungsgemäßen Buchführung über die Geschäftstätigkeit des Unternehmens. Diese Pflicht dient insbesondere dazu, jederzeit gegenüber den Gläubigern des Unternehmens zur Rechenschaft fähig zu sein. Sie ist für Kapitalgesellschaften in den §§ 331 ff HGB näher umschrieben (wobei selbstverständlich auch die allgemeinen Straftatbestände wie etwa Betrug und Untreue bei einer entsprechenden Pflichtverletzung verwirklicht sein können).

§ 331 HGB stellt u.a. die unrichtige Wiedergabe oder Verschleierung der Verhältnisse einer Kapitalgesellschaft unter Strafe, wobei nicht etwa ein Schaden im Vermögen des Unternehmens einzutreten muss: Es reicht für eine Strafbarkeit das bloße Handeln.

c)            Geheimhaltungspflichten

Das Gesetz normiert an verschiedenster Stelle Geheimhaltungspflichten, die sich an alle im Unternehmen tätigen Personen richten. Zu nennen sind u.a. §§ 333 HGB, 404 AktG, 85 GmhHG, 17 UWG.

Besondere Beachtung haben diese Vorschriften etwa im Rahmen einer Due Diligence zu finden, da diese notwendigerweise mit einer Offenbarung umfangreicher Unternehmensinterna an Dritte einhergeht. Allerdings wird die Tat nur auf Antrag der geschädigten Gesellschaft verfolgt, so dass eventuelle Haftungsrisiken im Vorfeld durch entsprechende Vereinbarungen minimiert werden können.

d)           § 266a StGB

Besondere Pflichten treffen die für das Unternehmen handelnden Personen auch in Bezug auf die bei dem Unternehmen beschäftigen Arbeitnehmer. Hervorgehoben sei hier die Pflicht zur Abführung der Sozialabgaben.

Nach § 266a Abs I StGB ist das Nichtabführen der Arbeitnehmeranteile, nach § 266 Abs II StGB  das Vorenthalten von Arbeitgeberanteilen durch unterlassenen oder falsche Meldung unter Strafe gestellt. Bei täuschendem Verhalten kommt zudem ein Betrug in Form des Beitragsbetruges in Betracht.

Bedeutung erhält § 266a StGB insbesondere, wenn aufgrund von Zahlungs- und Liquiditätsschwierigkeiten eine Abführung der Sozialabgaben nicht möglich ist. Mittlerweile ist anerkannt, dass bei nichtvorhersehbarer Illiquidität der erforderliche Vorsatz entfällt. Dies gilt zumindest für die Abführung der Arbeitnehmeranteile. Allerdings hat die Verpflichtung zur Abführung der Arbeitnehmeranteile absolute Priorität vor anderen Verpflichtungen.

e)           Steuerhinterziehung

Ebenso vielfältig wie die Zahl an Steuervorschriften ist auch die Zahl steuerlicher Pflichten, die das staatliche Steueraufkommen gewährleisten sollen.

Kernvorschrift, die einen Verstoß gegen diese Pflichten sanktioniert, ist § 370 AO, nach der eine Steuerhinterziehung etwa begeht, wer gegenüber den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerliche erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder die Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt,  und dadurch für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

Alleine die nicht fristgerechte Abgabe der Steuererklärung kann bereits den Tatbestand der Steuerhinterziehung bewirken, wobei allerdings oftmals das Hintertürchen der Selbstanzeige (§ 371 AO) offensteht, solange die Tat noch nicht entdeckt ist. Die Möglichkeit der Selbstanzeige besteht im Übrigen bei allen Steuerstraftaten, so dass spätestens bei Ankündigung einer Betriebsprüfung ein besonderes Augenmerk auf etwaige Ungereimtheiten zu werfen und das Inbetrachtkommen einer Selbstanzeige zu überprüfen ist.

f)            sonstige Straftaten

Oben genannte Auflistung ist selbstverständlich nicht abschließend. Strafbarkeitsrisiken drohen in nahezu jedem geschäftlichen Tätigkeitsfeld des Unternehmens. Exemplarisch seien noch genannt: der Subventionsbetrug, die Schwarzarbeit, die Korruption, Nötigung und Erpressung im Umgang mit Schuldnern, strafbare Werbung, Umweltstraftaten.

4.            Beendigung und Sanierung des Unternehmens

Gerade in der Krise des Unternehmens drohen erhebliche Strafbarkeitsrisiken, da es in nicht seltenen Fällen um die wirtschaftliche und soziale Existenz der Beteiligten geht. Hemmschwellen sinken und durch Gläubiger, aber auch etwa mit der Abwicklung beteiligte Dritte ist eine erhöhte Aufmerksamkeit auf die Tätigkeiten des Unternehmens gerichtet.

a)                  Bankrotthandlungen, §§ 283ff StGB

Die §§ 283ff StGB, im Allgemeinen als Bankrottstraftaten bezeichnet, stellen Eingriffe in das Gesellschaftsvermögen nach dem Unternehmenszusammenbruch unter Strafe. Zweck dieser Vorschriften ist insbesondere der Schutz der Vermögensmasse des Unternehmens als Schuldner im Insolvenzverfahren.

Sanktioniert sind u.a. das Beiseiteschaffen von Gesellschaftsvermögen, das Verheimlichen von Vermögensgegenständen oder unwirtschaftliche Ausgaben, wenn sie im Zustand der Insolvenzreife getätigt werden oder diese herbeigeführt haben. Vermehrt verfolgt werden auch Verletzungen von Buchführungs- und Bilanzierungspflichten.

Ein Unternehmenszusammenbruch liegt dann vor, wenn der Unternehmer die Zahlungen eingestellt hat, über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Antrag mangels Masse abgewiesen worden ist.

b)                  Insolvenzverschleppung

Vornehmlich den Gläubigerinteressen zu dienen bestimmt sind die Strafvorschriften, die eine verspätete Anmeldung der Insolvenz unter Strafe stellen. Exemplarisch, weil wohl am häufigsten einschlägig, seien hier die §§ 64, 84 Abs I Nr.2, Abs II GmbHG genannt.

Nach diesen Vorschriften ist der Geschäftsführer einer GmbH verpflichtet, ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber binnen drei Wochen die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen, wenn die Gesellschaft entweder zahlungsunfähig oder im insolvenzrechtlichen Sinne überschuldet ist.

Da die Insolvenzverschleppung auch bei fahrlässiger Begehung strafbar ist, ist erhöhte Vorsicht geboten, zumal in der gerichtlichen Praxis der Sorgfaltsmaßstab eher streng gehandhabt wird. Es empfiehlt sich etwa, eine regelmäßige Liquiditätsplanung vorzunehmen.

c)                   Betrug

Eine klassische Strafbarkeitsfalle in der Krise des Unternehmens stellt auch der Betrug dar. Werden im Falle der Zahlungsunfähigkeit weiter Waren bestellt oder Dienstleistungen in Anspruch genommen, ohne die vielleicht nur vorübergehende Zahlungsunfähigkeit offenzulegen, ist schnell der Tatbestand des sogenannten Eingehungsbetruges verwirklicht. Der Unternehmer muss hier einen Drahtseilakt vollbringen, will er einerseits das Unternehmen retten, wofür er eben etwa auf weitere Wareneinkäufe angewiesen ist, und andererseits einer Betrugsstrafbarkeit entgehen. Größtmögliche Offenheit gegenüber den Gläubigern scheint hier der Königsweg zu sein.

5.            Fazit

Nach alledem ist festzuhalten: in jedem Stadium eines Unternehmens drohen erhebliche Strafbarkeitsrisiken, insbesondere für Geschäftsführer, aber auch Gesellschafter und sonstige weisungsfrei im Namen des Unternehmens handelnde Personen.

Oftmals genügt aber schon die Kenntnis der einschlägigen Strafnormen, um nicht in die Fänge der Strafverfolgungsbehörden zu gelangen. Eine umfassende, auf die jeweilige Geschäftstätigkeit zugeschnittene Beratung schon im Vorfeld der unternehmerischen Tätigkeit ist daher unbedingt zu empfehlen. Denn steht der Staatsanwalt einmal vor der Tür, ist es gerade im Wirtschaftsstrafrecht meistens schon zu spät.