Voraussetzungen einer Kreditaufnahme durch die WEG

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Konkretisierung durch den BGH (Urteil v. 25.09.2015, V ZR 244/14)

Oftmals kommt mangels entsprechend gebildeter Rücklagen oder einer starken finanziellen Belastung einzelner Wohnungseigentümer durch die Erhebung einer Sonderumlage lediglich eine Darlehensfinanzierung in Betracht, etwa wenn es um die Sanierung eines im Eigentum der WEG stehenden Gebäudes geht.

Bereits im Jahr 2012 hatte der BGH in seinem Urteil vom 28.09.2012 (V ZR 251/11) über die Frage zu entscheiden, ob und wenn ja unter welchen Voraussetzungen eine WEG zur Deckung ihres Finanzbedarfs einen Kredit aufnehmen kann. Hierbei wurde zunächst festgestellt, dass sich die Befugnis der Wohnungseigentümer, den Finanzbedarf der WEG auch durch die Aufnahme von Darlehen zu decken, nicht ausdrücklich aus dem Wohnungseigentumsgesetz ergibt, von diesem allerdings vorausgesetzt wird und es darüber hinaus Sache der Wohnungseigentümer ist, darüber durch Beschluss zu entscheiden. Hierzu gehört auch die Vereinbarung, ob der Bedarf durch gebildete Rücklagen, durch entsprechende Sonderumlagen oder durch die Aufnahme von Krediten gedeckt werden soll.

Problematisch ist allerdings die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Aufnahme eines längerfristigen Kredites einer ordnungsgemäßen Verwaltung entspricht. Allerdings hatte der BGH diese Frage zunächst noch offen lassen können, da der Beschluss bereits bestandskräftig geworden war.

Der BGH hat seine bisherige Rechtsprechung nunmehr bestätigt und mit Urteil vom 25.09.2015 (V ZR 244/14) entschieden, dass Gemeinschaften von Wohnungseigentümern auch langfristige Kredite für die Sanierung ihres Hauses aufnehmen dürfen, wenn die konkreten Umstände des Einzelfalls unter Abwägung der gesamten Interessen beachtet werden.

Gleichwohl sei im Hinblick auf das Haftungsrisiko bei der Überlegung über die Finanzierung einer Maßnahme - insbesondere bei hohen Darlehen mit langer Laufzeit - Sorgfalt geboten. Hierbei muss berücksichtigt werden, dass im Falle von Zahlungsausfällen bei einzelnen Wohnungseigentümern die daraus resultierenden Fehlbeträge durch eine entsprechende Angleichung und Erhöhung der Beträge der übrigen Wohnungseigentümer oder durch Erhebung einer Sonderumlage ausgeglichen werden müssen. Dieses Risiko besteht grundsätzlich jederzeit, da gerade im Hinblick auf die langen Laufzeiten eines Darlehens eine zuverlässige Prognose über die Bonität der einzelnen Wohnungseigentümer nicht getroffen werden kann, zumal auch stets damit gerechnet werden muss, dass es während dieser Zeit zu Eigentümerwechseln kommt.

Um festzustellen, ob die Aufnahme eines Darlehens durch die WEG einer ordnungsgemäßen Verwaltung entspricht, ist eine sorgfältige Abwägung aller relevanten Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Interessen der betroffenen Wohnungseigentümer vorzunehmen. Besonders bedeutsam ist hierbei der Zweck des Darlehens, dabei treten die Nachteile einer Finanzierung durch die Aufnahme eines Kredits bei der vorzunehmenden Abwägung umso eher zurück, desto dringlicher eine geplante Maßnahme ist. Auch die im Rahmen einer Sonderumlage auftretende starke finanzielle Belastung oder gar die Überforderung einkommensschwächerer Wohnungseigentümer sprechen oftmals für eine Darlehensfinanzierung. Schließlich müssen auch die Höhe des Darlehensbetrages im Verhältnis zu der Anzahl der Wohnungseigentümer, die Kreditkondiktionen, die Laufzeit des Darlehens und die Rückzahlungsbedingungen entsprechend Berücksichtigung finden.

Die Beschlussfassung über die Aufnahme eines langfristigen  Kredits durch die Wohnungseigentümer müsse Angaben über die zu finanzierende Maßnahme sowie über die Höhe des Darlehens, dessen Laufzeit, der Höhe des Zinssatzes bzw. des nicht zu überschreitenden Zinssatzes enthalten und erkennen lassen, ob die Tilgungsraten so angelegt sind, dass der Kredit am Ende der vereinbarten Laufzeit getilgt ist.

Schließlich müssen die Wohnungseigentümer vor der Beschlussfassung auf die bestehende Verpflichtung hingewiesen werden, dass für den Fall, dass einzelne Eigentümer während der Laufzeit des Kredits zahlungsunfähig werden, die übrigen Eigentümer verpflichtet sind, die dadurch entstandenen Fehlbeträge auszugleichen. Um einer ordnungsgemäßen Verwaltung zu entsprechen ist diese Unterrichtung über das Risiko der Nachschusspflicht in dem Protokoll der Eigentümerversammlung zu dokumentieren.

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