Vollständige Haftung für die Verfahrenskosten

1. September 2017 Thema abonnieren
 Von 
Hakutsuru
Status:
Frischling
(11 Beiträge, 12x hilfreich)
Vollständige Haftung für die Verfahrenskosten

Sehr geehrte Damen und Herren,

meine Lebenspartnerin hat einen heute siebzehnjährigen Sohn zusammen mit einem Mann, der seit vielen Jahren mit unbekannter Adresse in Kanada lebt. Da wichtige Entscheidungen im Sinne des Sohnes anstanden und der Kindsvater nicht für Unterschriften greifbar war, musste ein Eilantrag gestellt werden. Im Zuge dessen wurde dann auch das alleinige Sorgerecht beantragt zu zugesprochen. Der Kindsvater war gerichtich geladen, erschien aber erwartungsgemäß nicht und äußerte sich auch nicht schriftlich. Übrigens hat der Kindsvater nie Unterhalt bezahlt und so sind viele Unterhaltskosten aufgelaufen. Das ist auch ein Grund, weshalb der Mann "untergetaucht" ist.

Nun kamen die Kostenrechnungen in denen es heißt: "Der Antragsgegner (also der Kindsvater) ist unbekannten Aufenthalts. Sie haften daher für die gesamten Verfahrenskosten. Sollte der Aufenthalt des Antragsgegners zu einem späteren Zeitpunkt bekannt werden, wird anheimgestellt, den hälftigen Gerichtskostenausgleich mit diesem direkt durchzuführen."

Frage: wie kann es sein, dass meine Partnerin für den Umstand, dass der Kindsvater untergetaucht wird und gegen den sie sich ja mit dem Eilantrag wehrt, zur Verantwortung gezogen wird?

Weiter sind auf den Kostenrechnungen Dolmetscher- und Übersetzungskosten aufgeführt. Diese machen den größten Teil der Rechnungen aus. Aber weder war der Kindsvater anwesend noch ein Dolmetscher bei dem Verfahren zugegen. AUßerdem ist der Kindsvater deutscher Staatsbürger, so dass man davon ausehen muss, dass er deutsche Schriftstücke lesen kann.

Frage: wie kann es sein, dass solche Kosten aufegeführt werden und wie kann man sich dagegen wehren?

Die Kostenrechnungen enthalten keine Rechtsmittelbelehrung. Wie kann man dagegen daher vorgehen?

Danke und mit freundlichen Grüßen

Matthias

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7 Antworten
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#1
 Von 
wirdwerden
Status:
Unbeschreiblich
(38386 Beiträge, 13987x hilfreich)

Seufz. So etwas ist immer sehr unerfreulich und auch unbefriedigend vom Ergebnis her. Nur, überleg doch mal. Wir haben das System des Prozessrisikos. Dies bedeutet, dass der Kläger/Antragsteller letztlich dieses auch finanziell trägt. Entweder, weil er das Verfahren verliert oder aber, weil das Verfahren aus anderen Gründen eben den Bach runter geht. Wer sonst soll das Prozessrisiko finanziell übernehmen? Selbst in Verfahren, in welchen der Kläger/Antragsteller Prozeßkostenhilfe/Verfahrenskostenhilfe bekommt, trägt er immer ein Kostenrisiko, nämlich das der anfallenden Kosten auf der Gegenseite.

Im übrigen: die Übersetzungen erfolgten nicht für den Kindsvater. Aber in internationalen Verfahren ist das Gericht auf die Hilfe des Staates angewiesen, in welchem der Beklagte/Antragsgegner lebt. Und die Gerichtssprache in Canada ist nun mal nicht deutsch, sondern englisch.

Meine Empfehlung: Strafanzeige erstatten. Dann wird in so Fällen zumindest ein Suchvermerk niedergelegt, eventuell sogar ein Haftbefehl erlassen. Es wird also immer registriert, wann er nach Deutschland kommt, und wo er sich aufhält. Das kann sinnvoll sein.

Und, was ist der Verfahrensstand? Hat das Kind das Unterhaltsverfahren gewonnen? Wäre für die weitere Vorgehensweise auch von Interesse.

wirdwerden

-- Editiert von wirdwerden am 01.09.2017 11:24

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#2
 Von 
Hakutsuru
Status:
Frischling
(11 Beiträge, 12x hilfreich)

Hallo,

das Verfahren wurde angestrengt, da für unseren Sohn eine Jugendhilfemaßnahme notwendig wurde, für die es die Zustimmung des mit sorgeberechtigten Kindsvaters benötigt hätte. Daher der Eilantrag. Da anzunehmen war, dass diese Situation bis zur Volljährigkeit immer wieder eintreten könnte wurde angeraten, die alleinige Sorge zu beantragen. Sie wurde ja schließlich auch zugesprochen, ebenso der Eilantrag, so dass meine Partnerin alleine im Falle der Jugendhilfemaßnahme entscheiden und ihr zustimmen konnte.

Aufgrund der langjährig aufgelaufenen Unterhaltsschulden hat man bereits behördlich versucht, den Kindsvater in Kanada ausfindig zu machen, was bis heute jedoch nicht gelungen ist. Dass er dort lebt, beruht damit nur auf Hören-Sagen (wir wissen natürlich trotzdem, dass er sicher dort lebt, denn unser Sohn hat ihn schon besucht. Allerdings weiß auch er keine Adresse). Offiziell hat er immer noch einen Zweitwohnsitz in Deutschland gemeldet.

Wir haben eigentlich kein Interesse daran, den leiblichen Vater unseres Sohnes strafrechtlich zu behelligen und sind froh, dass es hier keinen Kontakt gibt. Wir denken auch nicht, dass hier finanziell etwas zu holen ist - weder im Falle der Gerichtskosten noch des Unterhalts.

Es geht uns alleinig darum, die nun knapp 1000 Euro Gerichtskosten tragen zu müssen. Wir sind bereits stark belastet durch die nun entstandenen Jugendhilfekosten, so dass uns diese unerwartet hohen Gerichtskosten sehr treffen.

Gibt es also eine Möglichkeit, hiergegen vorzugehen?

Mit freundlichen Grüßen

Matthias

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#3
 Von 
drkabo
Status:
Weiser
(16474 Beiträge, 9287x hilfreich)

Zitat:
Gibt es also eine Möglichkeit, hiergegen vorzugehen?

Realistisch: Nein - außer halt, den Vater ausfindig zu machen und zur Zahlung heranzuziehen.

Zitat:
Frage: wie kann es sein, dass meine Partnerin für den Umstand, dass der Kindsvater untergetaucht wird und gegen den sie sich ja mit dem Eilantrag wehrt, zur Verantwortung gezogen wird?

Sie haben das Gerichtsverfahren in Gang gesetzt, dafür sind Kosten entstanden. Diese müssen nun bezahlt werden - dass Sie das Geld derzeit nicht erfolgreich vom Vater zurückfordern können, ist Ihr persönliches Risiko (bzw. in diesem Fall Pech).
Würde der Vater in Deutschland leben und Hartz4-Empfänger sein, wäre das übrigens auch nicht anders (Kläger bleibt auf den Gerichtskosten sitzen, auch wenn er vor Gericht erfolgreich ist, weil der Verlierer nicht zahlen kann.)

Zitat:
Frage: wie kann es sein, dass solche Kosten aufegeführt werden und wie kann man sich dagegen wehren?

Das Gericht wird Schriftverkehr mit kanadischen Behörden gehabt haben. Die mussten übersetzt werden - kanadische Behörden nehmen keine Schriftstücke in deutscher Sprache an.

Signatur:

Für alle meine Beiträge gilt §675(2) BGB.

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#4
 Von 
wirdwerden
Status:
Unbeschreiblich
(38386 Beiträge, 13987x hilfreich)

Wobei ich mich natürlich frage, wieso nicht am deutschen Wohnort des Vaters zugestellt wurde.

wirdwerden

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#5
 Von 
Hakutsuru
Status:
Frischling
(11 Beiträge, 12x hilfreich)

Das ist uns im Detail nicht bekannt. Wir hatten vor Jahren mal Hinweise darauf, dass er erst bei einem Freund einen angemeldeten Zweitwohnsitz hatte und dann in einer sozialen Einrichtung für Wohnungslose, die sich als Postadresse anbieten, gemeldet war. Da meine Partnerin viele Jahre Unterhaltsvorschuss bezogen hat, hat die Familienkasse immer wieder versucht, an ihn heranzutreten bzw. ihn ausfindig zu machen. Ohne Erfolg. Auch gibt es eine Adresse in Kanada, die sich aber lediglich als irgendeine Büroadresse herausstellt. Es ist also davon auszugehen, dass ihn solche Schriftstücke schon erreichen. Aber er hat natürlich seine Gründe, darauf nicht zu reagieren und im Verborgenen zu bleiben.

Danke für die angeführten Argumente, die nur schwer mit meinem Rechtsverständnis kompatibel sind. Ich fasse mal zusammen:
1) das Familiengericht weist vor 16 Jahren den Antrag der alleinigen elterlichen Sorge zurück.
2) der Kindsvater zahlt nie Unterhalt und kümmert sich nicht um den leiblichen Sohn.
3) die familiäre Situation ist im Zuge der Pubertät des Sohnes so belastet, dass Jugendhilfemaßnahmen erforderlich sind, die das Jugendamt anordnet.
4) die Kindsmutter ist gezwungen zu klagen (auch auf Aufforderung des Jugendamtes), um diese Jugendhilfemaßnahmen ohne Unterschirft des Kindsvaters überhaupt möglich zu machen. Das Gericht gibt ihr Recht und spricht die alleinige Sorge zu, um Jugendhilfe ohne Zustimmung des Vaters zu ermöglichen.
5) Sie haftet alleinig für die Gerichtskosten.

Das ist als Nichtjurist schwer zu verstehen. Haftet nicht immer der, der den Prozess verliert? Und welche Rolle spielt hier das Jungendamt: schließlich haben wir uns das alles ja nicht selbst ausgedacht und um die alleinige elterliche Sorge wäre es uns ja gar nicht gegangen.

Danke und beste Grüße

0x Hilfreiche Antwort

#6
 Von 
wirdwerden
Status:
Unbeschreiblich
(38386 Beiträge, 13987x hilfreich)

Es gibt eine deutsche Zustelladresse. Es gibt außerdem das Institut der öffentlichen Zustellung. Das alles hätte ganz anders laufen können.

wirdwerden

0x Hilfreiche Antwort

#7
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(119627 Beiträge, 39758x hilfreich)

Zitat (von fb473687-58):
Haftet nicht immer der, der den Prozess verliert?

Nein, als erstes haftet der der den Auftrag gibt. Das ist der Kläger.
Es ist aber so, das man in der Regel die "Abkürzung" wählt, das der Verlierer direkt alle Rechungen bekommt (und der dann auch zahlt). Wenn der nicht zahlt, haftet der Auftraggeber.


Staat und Anwälte bekommen eigentlich immer ihr Geld - von dem einen oder dem anderen.



Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

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