Verkehrsunfall im Ausland – was tun?

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Die Urlaubszeit steht bevor und wie jedes Jahr fahren viele von uns mit dem Auto oder Motorrad zum Ausspannen ins europäische Ausland. Die Vorfreunde darauf wird jedoch regelmäßig bei dem Gedanken an einen Unfall im Urlaubsland und die damit verbundenen möglichen Folgen – in nicht unerheblichem Maße – beeinträchtigt. Wegen der sprachlichen Probleme, der unbekannten Rechtslage und der für eher unwahrscheinlich gehaltenen Durchsetzbarkeit eigener Ersatzansprüche, sehen sich die Meisten bereits auf einem möglichen Schaden sitzen bleiben. Dieses als Alptraum eingestufte Szenario wird daher nach Möglichkeit verdrängt. Nur leider hilft die Verdrängungsstrategie nicht mehr weiter, wenn es im Urlaubsland tatsächlich gekracht hat.

Die eventuell bestehenden sprachlichen Probleme können hier nicht beseitigt werden, jedoch kann die Beachtung der folgenden Hinweise bei der Vermeidung von Fehlern helfen.

Was sollte nicht fehlen?

In Vorbereitung der Reise kann es zunächst nicht schaden, sich beispielsweise über die Geschwindigkeitsbestimmungen, dem Bestehen einer Pflicht zum Fahren mit Abblendlicht auch bei Tage und anderen Verkehrsreglungen, insbesondere mit Vorfahrtsregelungen im Urlaubsland zu informieren. Für den Fall der Fälle, sollte auch ein europäischer Unfallbericht und die grüne Versicherungskarte noch Platz im Reisegepäck finden.

Ist nun das „schadensbringende Ereignis“ eingetreten gilt zunächst dasselbe wie im Inland: Unfallstelle absichern und erforderlichenfalls Erste Hilfe leisten und einen Arzt verständigen.

Polizei verständigen?

Die Meinungen, ob die Polizei in jedem Fall zu rufen ist, gehen auseinander. In jedem Fall sollte die Benachrichtigung erfolgen, wenn ein Personenschaden oder ein hoher Sachschaden vorliegt, wenn keine Einigung über den Unfallhergang erzielt werden kann und/oder der Unfallgegner keinen Versicherungsschutz nachweisen kann. Es ist zu beachten, dass das Notieren des Kennzeichens nicht unbedingt ausreichend ist, da anders als in Deutschland, der Haftpflichtversicherer im Ausland teilweise nicht oder nur schwer über das amtliche Kennzeichen ermittelt werden kann. Teilweise befinden sich Angaben zum Versicherer auf einer Plakette an der Windschutzscheibe. Darüber hinaus wird durch die Hinzuziehung der Polizei der spätere Vorwurf einer Fahrerflucht ausgeschlossen. Soweit möglich, sollte man sich eine Durchschrift der polizeilichen Unfallaufnahme aushändigen lassen.

Unfallbericht ausfüllen

Weiterhin sollte der Unfallbericht von den Unfallbeteiligten gemeinsam ausgefüllt und von allen unterschrieben werden. Es ist darauf zu achten, dass nur unterschrieben wird, wenn einem der Inhalt der Erklärung verständlich ist. Im Unfallbericht sollte insbesondere notiert werden:

  • Ort und Zeit des Unfalls
  • Amtliche Kennzeichen aller unfallbeteiligten Fahrzeuge
  • Name und Anschrift des Unfallgegners
  • Name und Anschrift von Unfallzeugen
  • Versicherer und Versicherungsnummer des Unfallgegners
  • Schäden am Fahrzeug, Kleidung und Gepäck
  • Skizze des Unfalls

Beweise sichern!

Auch bei einer polizeilichen Unfallaufnahme empfiehlt es sich die Fahrzeuge, so wie sie beim Zusammenstoß gestanden haben aus mehreren Perspektiven, zu fotografieren. Sind Bremsspuren sichtbar sollten diese ebenfalls dokumentiert werden. Gleiches gilt für die unfallbedingten Schäden an den Fahrzeugen.

Personenschäden

Nicht nur wegen der Wiederherstellung der eigenen Gesundheit, sondern auch für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen sollte bei Verletzungen unbedingt ein Arzt aufgesucht und dieses durch ein Attest dokumentiert werden.

Sachschäden

Dazu zählen natürlich in erster Linie die Beschädigungen am Fahrzeug. Hinzukommen Beschädigungen an mitgeführten Gegenständen (Gepäck) und Kleidung.
Bei Motorradfahrern ist regelmäßig die – oft recht teuere - Schutzbekleidung in Mitleidenschaft gezogen.

Schadensregulierung

Der Geschädigte muss seine Ersatzansprüche selbst geltend machen. Er kann, aufgrund einer Richtlinie der EU, seit 2003 seine Ansprüche bei einem Schadensregulierungsbeauftragten des ausländischen Haftpflichtversicherers geltend machen. Der jeweils zuständige Beauftragte in Deutschland kann beim Zentralruf der Autoversicherer unter Angabe des Herkunftslandes, des amtlichen Kennzeichens sowie des Namens und der Anschrift des Unfallgegners in Erfahrung gebracht werden. Dieser hat dann die Schadensregulierung in deutscher Sprache vorzunehmen. Nach der Richtlinie muss der Beauftragte innerhalb von 3 Monaten tätig werden.

Der Regulierungsbeauftragte reguliert den Schaden nach dem Recht des Unfallortes. Das dort geltende Recht kann sich erheblich vom deutschen Zivilrecht, hinsichtlich der zu ersetzenden Schäden und der Höhe des Ersatzanspruches unterscheiden. Deutsches Schadensrecht kommt nur dann zur Anwendung, wenn es sich nur um deutsche Unfallbeteiligte oder um in Deutschland ansässige Personen handelt.

Landesspezifische Besonderheiten bei der Schadensregulierung

Innerhalb Europas werden die durch den Unfall entstandenen Schäden sehr unterschiedlich ersetzt. So werden beispielsweise in Italien die Schadenfinanzierungskosten, die Kostenpauschale und eine Entschädigung für Urlaubsunterbrechung bzw. –beeinträchtigung nicht ersetzt, in Frankreich werden Anwalts- und Kreditkosten nicht ersetzt. Ganz anders sieht es in Spanien und Griechenland aus. So erhält der Geschädigte in Spanien keinen Ersatz für Rechtsanwalts-, Gutachter- und Mietwagenkosten sowie keine Nutzungsausfallentschädigung, Wertminderung und Entschädigung für die Urlaubsbeeinträchtigung. In Griechenland werden u.a. die Gutachterkosten, Mietwagenkosten, Nutzungsausfallentschädigung, Schadensfinanzierungskosten nicht ersetzt.

Merke: Eine Schadensregulierung erfolgt nur, wenn der Geschädigte, neben der Schuld des Unfallgegners, auch die Schadenshöhe nachweisen kann.
Für Schäden am Fahrzeug kann dies durch eine Reparaturrechung und ein Gutachten erfolgen. Wird lediglich ein Kostenvoranschlag eingereicht zieht der gegnerischer Haftpflichtversicherer die ausgewiesene Mehrwertsteuer ab. Bei Totalschäden sollte ein Gutachter beauftragt werden. Bei beschädigtem Gepäck und Kleidung ist der Wert darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen. Im optimalen Fall gelingt dies durch Vorlage einer Kaufquittung.
Von dem ausgewiesnen Betrag ist dann der jeweilige Zeitwert zu ermitteln.

Geldstrafen bezahlen?

Auch dieses leidige Thema lässt sich nicht mit ja oder nein beantworten. Es gilt jedoch zu beachten, dass in einigen Staaten die Nichtzahlung zur Beschlagnahme des Fahrzeug führen kann. Von daher stellt sich die Frage ob man bezahlen will oder nicht erst gar nicht. Die Zahlung sollte aber nur unter Vorbehalt erfolgen und der Einwand sollte, für ein mögliches späteres Verfahren, auf der Quittung vermerkt werden.

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